Business mit Stil: Verliebt im Job - in vielen Firmen sind Paare sogar gern gesehen

Beziehungen, die am Arbeitsplatz ihren Anfang nehmen, gelten als besonders dauerhaft. "Man steht oft auf ähnlichem Fundament, was die Ausbildung angeht", sagt Führunskräftecoach Meike Müller aus Berlin. "Und bevor man sich auf den anderen einlässt, hatte man die Chance, ihn in allen möglichen Situationen 'abzuklopfen' - bei Stress, im Umgang mit Kunden oder wenn er sich krank fühlt."

In Deutschland sehen es manche Firmen sogar gern, wenn sich Paare in der Belegschaft zusammenfinden, so Müllers Erfahrung. "Zum Beispiel, weil die beiden dann schon auf dem Arbeitsweg über berufliche Themen sprechen oder weil sie mehr Verständnis für Überstunden des anderen haben."

Doch es gibt auch Haken: "Das Schlimmste ist die Beobachtbarkeit", sagt Daniela van Santen, die in Hamburg "Die Lebens- und Liebeskummerpraxis" betreibt. Darum warnt sie auch vor Überschwang bei der Betriebsfeier. "Diese Veranstaltungen haben einen sehr hohen Flirtfaktor. Und Frauen verlieben sich schnell - während Männer oft gar nichts dabei finden, mit dem Feuer zu spielen." Fair sei das nicht, meint van Santen. "Wenn einer sich verliebt und der andere das nicht möchte, dann sollte er klare Signale setzen."

Entpuppt sich der Kollege oder die Kollegin jedoch als Volltreffer, rät van Santen zu Diskretion. Ein halbes Jahr sollte man warten, bevor man Kollegen von der Beziehung erzählt. "Und dann würde ich es nicht großartig verkünden, sondern einfach mal abends offensichtlich gemeinsam ins Auto steigen." Die Frage aus dem Team, "was denn da läuft" käme automatisch. "Dann kann man sagen: Ja, stimmt, aber wir sind schon ein halbes Jahr zusammen." Das nehme dem Thema die Brisanz und den Lästerern ein bisschen Munition.

Noch stärker unter Beobachtung sind Verbindungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern - in der Regel Mitarbeiterinnen. "Das ist mit ganz vielen Klischees behaftet", sagt Meike Müller. "Er sieht meistens noch ganz gut dabei aus, aber über sie wird oft schlecht geredet." Darum sollten sich Frauen gut überlegen, ob sie sich auf eine Beziehung mit dem Chef einlassen.

Derjenige auf dem Chefposten wiederum sollte mit seinem eigenen Vorgesetzten über die Verbindung sprechen: "Gerade wenn ich Geheimnisträger bin, muss ich klarmachen, dass ich trotz der Beziehung Dinge für mich behalten kann", erklärt Müller. Mitunter problematisch für die untergebene Partnerin: Oft wird sie benachteiligt - aus lauter Angst ihres Freundes, in den Verdacht zu geraten, er bevorzuge sie. Mitunter helfe da nur eine räumliche Trennung. Doch egal, ob es um eine Verbindung über Hierarchiestufen hinweg geht oder um Mitarbeiter auf gleicher Ebene. "Man kann eine einfache Regel aufstellen", sagt Führungskräftecoach Meike Müller. "Im Unternehmen sollten sich Paare ganz sachlich sagen 'wir sind Kollegen' und Zärtlichkeiten sein lassen. Erst außerhalb der Arbeitszeit können sie als Paar auftreten."

Offensichtliches Flirten kann unter Umständen sogar vom Arbeitgeber verboten werden. "Es gibt unter Richtern noch keine einheitliche Meinung dazu", sagt Dr. Thomas Griebe, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Sozietät Taylor Wessing in Hamburg. "Aber wenn sich andere Mitarbeiter dadurch belästigt fühlen, tendieren viele dahin, ein Verbot zu akzeptieren." Die Beziehungen selbst - unter Kollegen oder zwischen Chef und Mitarbeiterin - können Firmen aber nicht verbieten. Griebe: "Damit würde der Arbeitgeber in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter eingreifen. Das darf er natürlich nicht."

Übrigens sollte man über die neue Liebe aber auch die Kollegen nicht vergessen. "Klinken Sie sich nicht aus", sagt Meike Müller. "Gehen Sie weiter mit den anderen essen oder in die Kaffeepause. Und wenn es sich beim Partner um den Chef handelt, machen Sie klar, dass Sie trotzdem zum Team gehören - und auch die kleinen Lästereien unter Kollegen auf keinen Fall weitertragen werden."

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