Berlin. Seit geraumer Zeit befindet sich der Lebensmittelhändler in einer Krise. Nun soll die Supermarktkette Insolvenz angemeldet haben.

Seit langem gibt es von der Supermarktkette Real vornehmlich schlechte Nachrichten. Nun steckt das deutlich verkleinerte und in zwischen in "Mein Real" umbenannte Unternehmen erneut in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Am Freitag wurde beim Amtsgericht Mönchengladbach, dem Sitz des Konzerns, ein Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Betroffen sind davon 62 Filialen mit rund 5000 Beschäftigten.

„Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wird es der Real GmbH ermöglichen, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Verhandlungen mit Wettbewerbern über die mögliche Übernahme von mein Real-Standorten zu führen“, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Nachdem sich der Düsseldorfer Handelskonzern Metro im Jahr 2020 von Real getrennt hatte, blieben 62 Märkte übrig, die nicht an Wettbewerber wie Kaufland, Edeka, Globus und Rewe verkauft werden konnten. Sie übernahm die britische SCP-Gruppe und führte die Standorte fort. Mein Real betreibt aktuell noch Filialen unter anderem in Brandenburg, Frankfurt-Oder, Erfurt, Helmstedt, Salzgitter, Düsseldorf, Köln, Gelsenkirchen, Karlsruhe, Ludwigshafen und Böblingen.

"Mein Real" insolvent: Zukunft der 62 Filialen offen

Die Zukunft aller 62 Filialen ist nun völlig offen. Bojan Luncer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Real GmbH, macht für die Probleme das Management um den Investor Sven Tischendorf verantwortlich, der zwischenzeitlich "Mein Real" übernommen hatte. Seit dem Frühjahr gehört das Unternehmen jedoch wieder zu SCP.

„Wir haben das Unternehmen im Mai in einer Krisensituation übernommen und alle Anstrengungen darauf ausgerichtet, es mit einem tragfähigen Konzept zurück auf die Erfolgsspur zu bringen“, so Luncer. „Trotz umfassender operativer Verbesserungen konnten zuvor getroffene fehlgeleitete operative Managemententscheidungen vor dem Hintergrund des herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfelds nicht schnell genug korrigiert werden.“ Der Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung biete eine neue Chance zur Fortführung des Geschäftsbetriebs.

Der Betrieb in den Filialen soll nach Angaben von Real bis auf weiteres weitergehen. Auch der Kölner Handelskonzern Rewe, der Real zu großen Teilen mit Ware beliefert, unterstütze die Geschäftsführung bei der Restrukturierung, heißt es in einer Mitteilung. Nun gehe es darum, möglichst viele der 5000 Arbeitsplätze zu erhalten.

Supermarktkette Real seit Jahren in der Krise

Die Beschäftigten kommen also nicht zur Ruhe. Bereits unter der Metro-Ägide wurden zahlreiche Real-Märkte geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut. Die Filialen mit ihren riesigen Verkaufsflächen und dem vielschichtigen Sortiment passten offenbar nicht mehr in die Handelslandschaft. Allein auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, als alle Läden außer Lebensmittelhändler schließen mussten, erlebte Real ein Comeback. Die Märkte gehörten zu den wenigen Orten, an denen man stationär noch eine Bratpfanne oder eine Jeanshose kaufen konnte.

Am Ende blieben rund 276 Filialen übrig, die die Metro an die SCP-Group abgab. Unter hohen kartellrechtlichen Auflagen verkauften die neuen Eigentümer bis Juni 2022 rund 160 Standorte an Wettbewerber. Der Rest sollte geschlossen werden und der Name Real ganz aus dem deutschen Einzelhandel verschwinden. Doch dann kam überraschend die Wende: Die Frankfurter Unternehmerfamilie Tischendorf übernahm die 62 verbliebenen Filialen gemeinsam mit Partnern aus dem SCP-Management und führte sie unter „Mein Real“ weiter. Den Markt in Hagen etwa modernisierten die neuen Betreiber zu einem Flagship-Store.

Ex-Investor war sich sicher: "Real ist nicht so schnell kaputtzukriegen"

Im Gespräch mit unserer Redaktion kündigte Sven Tischendorf an, bis zu 300 Millionen Euro in Mein Real investieren zu wollen. Noch im Februar 2023 zeigte sich der Rechtsanwalt optimistisch, dass die kleine Kette eine Zukunft habe. „Die Aufgabe ist größer als ich dachte. Aber es lohnt sich, weil Real ein Unternehmen mit Herz ist“, sagte Tischendorf. „Real ist nicht so schnell kaputtzukriegen.“ Er zeigte sich davon überzeugt, dass das Konzept SB-Warenhaus eine Zukunft habe. Unter Tischendorf wurde allerdings der Lebensmittel-Anteil am Sortiment auf 75 Prozent erhöht. Das Angebot von Waschmaschinen und Fahrrädern dampfte er deutlich ein.

Die Zusagen des Investors hatten jedoch nicht lange Bestand. Kurze Zeit nach dem Interview gab Tischendorf das Unternehmen an SCP zurück. „Angesichts der kritischen wirtschaftlichen Verfassung der Real GmbH hat SCP das Unternehmen im Interesse aller Stakeholder im Mai dieses Jahres wieder erworben“, heißt es dazu in der Erklärung vom Freitag.

Die wirtschaftlichen Probleme von Real erklärte Geschäftsführer Karsten Pudzich im Juni mit den Folgen des Ukraine-Kriegs – massiv gestiegene Energiekosten, Mieten und Lebensmittelpreise sowie die Kaufzurückhaltung der Kundinnen und Kunden. „Das alles hat zur Folge, dass Gelder, die eigentlich in Investitionen fließen müssten, in andere Kanäle geleitet werden müssen“, sagte Pudzich unserer Redaktion.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Wiederum drei Monate später hat sich die wirtschaftliche Lage bei Real offenbar so zugespitzt, dass das Unternehmen Insolvenz anmelden mussten. Für die Beschäftigten dauern die bangen Zeiten also an. Wie es in den 62 Filialen nun weitergehen wird, ist völlig offen. Gegen die Übernahme durch Kaufland, Globus & Co. sprachen vor wenigen Jahren kartellrechtliche Hindernisse oder schlechte wirtschaftliche Zahlen. Investor Tischendorf hatte sich allerdings vehement gegen den Eindruck gewehrt, dass es sich bei den Häusern um eine „Resterampe“ handele.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".