Finanzsenator Peter Tschentscher begrüßt die Gespräche zwischen Hapag-Lloyd und Hamburg Süd. Neue Chancen für die Stadt?

Hamburg. Es ist ein überraschender Kurswechsel, der die Schifffahrtsbranche in Hamburg maßgeblich verändern dürfte: Die Traditionsreedereien Hapag-Lloyd und Hamburg Süd wollen sich zusammenschließen. "Im Einvernehmen mit ihren Gesellschaftern" werde geprüft, "ob und unter welchen Bedingungen dies sinnvoll ist", teilten die Unternehmen am Dienstag in gleichlautenden Meldungen mit. Damit äußerten sie sich erstmals überhaupt zu einer möglichen Fusion. In den vergangenen Jahren hatte es zwar immer wieder Gespräche zwischen Hapag-Lloyd und Hamburg Süd gegeben. Sie endeten jedoch stets erfolglos. Kommt der Zusammenschluss zustande, würden die beiden Unternehmen zur weltweit viertgrößten Linienreederei mit mehr als zehn Milliarden Umsatz aufrücken.

Während Hamburg Süd der Oetker-Gruppe gehört, spricht bei Hapag-Lloyd auch Hamburg ein entscheidendes Wort mit. Die Stadt ist der größte Anteilseigner neben dem Unternehmer Klaus-Michael Kühne und dem Reisekonzern TUI. "Wir begrüßen die Gespräche, weil wir sehr große Chancen für die beiden Reedereien sehen", sagte Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag im Rathaus. Eine Fusion könne dazu beitragen, das Unternehmen am Standort zu sichern.

Auch Großaktionär Kühne, der 28 Prozent an Hapag-Lloyd hält, wünscht sich die Fusion. "Die Großreederei würde evident zu den Gewinnern in der globalen Schifffahrt gehören, wie es klarer gar nicht sein könnte", sagte er.

Die Stadt, die im Februar ihre Beteiligung für 420 Millionen Euro auf gut 36 Prozent aufgestockt hatte, will diese Position zunächst auch in einem größeren Unternehmen halten. "Wir ändern aber nichts an unserer Strategie, die Beteiligung an der Reederei langfristig wieder zu lösen", sagte Tschentscher. Dies könnte auch über einen Börsengang geschehen. Zunächst jedoch setzt der Finanzsenator darauf, dass sich durch die Reederei-Fusion die Vermögenssituation der Stadt positiv entwickeln könnte.

Die Chancen dafür konnten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und die Senatoren in den vergangenen Wochen abschätzen. Sie waren an den Gesprächen zwischen den Schifffahrtsunternehmen beteiligt. Eine Fusion dürfte in Hamburg auch kaum Arbeitsplätze gefährden, sagte Tschentscher. Einsparungen werde es voraussichtlich vor allem in Büros der Reedereien im Ausland und durch die Neuordnung von Linien geben.

Für die Gewerkschaft Ver.di ist die Sicherheit der Arbeitsplätze ein "unverzichtbares Element in den anstehenden Sondierungsgesprächen". Hamburgs neuer Ver.di-Chef Wolfgang Abel sieht den Zusammenschluss dennoch als Chance, die Wettbewerbsfähigkeit der beiden Reedereien zu stärken. Denn sowohl Hapag-Lloyd als auch Hamburg Süd leiden unter der Schifffahrtskrise. Die Reederei vom Ballindamm schreibt angesichts sinkender Frachtraten und steigender Treibstoffkosten rote Zahlen, auch Hamburg Süd dürfte im zu Ende gehenden Jahr allenfalls mit einer schwarzen Null abschließen.

Kritik am Senat kam am Dienstag von der FDP. "Der Finanzsenator muss die Risiken für die städtische Beteiligung an Hapag-Lloyd im Blick behalten", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion in der Bürgerschaft, Thomas-Sönke Kluth. "Wenn bei einer Hochzeit von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd die Steuerzahler für die Mitgift sorgen sollen, wäre dies der falsche Weg." Auch die Grünen warnen vor einer Verstaatlichung von Hamburg Süd "durch die Hintertür".

Eine Entscheidung über das Zusammengehen der Reedereien dürfte nach Auffassung von Tschentscher erst in einigen Wochen oder sogar Monaten fallen. "Es ist für uns aber plausibel, dass für alle, die Stadt, die Reedereien und die Arbeitsplätze, ein positives Ergebnis möglich ist", sagte der Senator.