Eine Fusion der beiden großen Reedereien würde Hamburg stärken

Vielleicht klappt es ja dieses Mal. Die Idee ist jahrzehntealt, aber ihre Umsetzung war immer wieder gescheitert. Eine Fusion von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd würde den Schifffahrtsstandort Hamburg stärken. Dabei entstünde die viertgrößte Container-Linienreederei der Welt. Es ist gut, dass die Anteilseigner der beiden Schifffahrtsunternehmen eine solche Entscheidung derzeit aus einer Position der Stärke heraus treffen können. Zwar leiden beide Reedereien unter der anhaltenden Schifffahrtskrise. Aber weder Hapag-Lloyd noch Hamburg Süd ist vom Untergang oder einer feindlichen Übernahme bedroht.

Die Logik einer Fusion birgt immer auch das Risiko, dass dabei Arbeitsplätze verloren gehen. Das dürfte nicht anders sein, wenn ein Zusammenschluss der beiden führenden deutschen Linienreedereien tatsächlich vollzogen wird. Wie viele der insgesamt rund 2800 Stellen beider Unternehmen in Hamburg bei einer Fusion gefährdet wären, ist aus heutiger Sicht allerdings reine Spekulation.

Wichtiger ist, dass beide Unternehmen langfristig stark bleiben, um die Herausforderungen am Schifffahrtsmarkt zu meistern. Investitionen in Schiffe binden hohe Kapitalsummen auf Jahrzehnte. Die Schifffahrt ist, was ihre Infrastruktur angeht, langfristig und schwerfällig. Zugleich aber wird das tägliche Geschehen an einem globalisierten, völlig vernetzten Markt immer schnelllebiger und weniger berechenbar. Das Risiko, Fehlentscheidungen zu treffen, hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen - sei es, dass eine Reederei zu viele Schiffe bestellt hat, sei es, dass notwendige Tonnage nicht zeitgerecht verfügbar war. Von einer Konsolidierung des Marktes spricht man in der Branche schon lange. Aber im tradierten Schiffsgewerbe dauert eben auch das immer etwas länger.

Dabei sind Fusionen und Übernahmen auch in der Schifffahrt ganz normal. Die Hamburger Hapag und der Norddeutsche Lloyd in Bremen, Konkurrenten mehr als 100 Jahre lang, schlossen sich 1970 zusammen. Anders hätten beide Unternehmen die Investitionen in die damals neuartigen Containerschiffe nicht bewältigen können. 2005 übernahm Hapag-Lloyd die kanadische Reederei CP Ships. Auch Hamburg Süd hat sich in seiner langen Geschichte manchen Wettbewerber einverleibt.

Der Konkurrenzdruck in der Linienschifffahrt ist hoch. Preiskämpfe zwischen den beiden führenden Reedereien Mærsk und MSC haben die gesamte Branche in jüngerer Zeit in Mitleidenschaft gezogen. Selbst nach einer Fusion würden Hapag-Lloyd und Hamburg Süd nach Transportkapazität nicht an die drei größten Wettbewerber heranreichen, zu denen neben Mærsk und MSC noch CMA CGM zählt. Aber die Vereinigung beider Unternehmen hätte hohen strategischen Wert: Hapag-Lloyd ist stark auf den Ost-West-Routen zwischen Asien und Europa, Hamburg Süd vor allem auf den Nord-Süd-Verkehren zwischen den Kontinenten.

Blieben also noch die beiden wichtigsten Fragen: die des neuen Namens und des künftigen Sitzes der Zentrale. So einfach wie vor 42 Jahren bei Hapag-Lloyd wird es in diesem Fall nicht werden. Hamburg-Lloyd oder Hapag-Süd, beides klingt nicht ideal. Vielleicht sollte hier zunächst alles beim Alten bleiben, bei zwei eigenständig operierenden Marken. Beim Hauptsitz allerdings müsste Hamburg Süd zurückstecken: Mit dem klassizistischen Hapag-Lloyd-Palast am Ballindamm kann die grün verglaste Zentrale an der Willy-Brandt-Straße nicht mithalten. Obwohl auch die unter Denkmalschutz steht.