Commerzbank überredete Anleger zu riskantem Immobiliendachfonds PMIA. Der Fonds ist geschlossen, eine Wiedereröffnung nicht absehbar.

Hamburg. Marion Drews aus Halstenbek bangt um ihr Geld. "An 20 000 Euro, die ich jetzt für die Reparatur meines Daches benötige, komme ich derzeit nicht mehr ran", sagt die 70 Jahre alte Kundin der Commerzbank. Wie viele andere hatte sie einen soliden offenen Immobilienfonds in ein neues riskantes Produkt getauscht. "Eine bessere Streuung, mehr Sicherheit und steuerliche Vorteile versprach mir meine Beraterin, der ich seit Jahren vertraut habe", berichtet Drews. Deshalb stimmte sie im Sommer 2008 dem Geschäft zu, verkaufte in der Filiale am Neß in Hamburg Anteile für 20 000 Euro von ihrem offenen Immobilienfonds Hausinvest Global und investierte das Geld in ein neues Produkt, den Immobiliendachfonds Premium Management Immobilien-Anlagen (PMIA).

"Was das genau war, wusste ich nicht, der Fonds sollte besser sein als der Hausinvest", sagt die 70-Jährige. Als Dachfonds investiert PMIA in andere offene Immobilienfonds, sogenannte Zielfonds. Was viele Kunden nicht wussten: Ein Drittel des Geldes steckte doch wieder in Hausinvest-Anteilen. "Ich kann meine Anteile jetzt nicht mehr verkaufen", sagt Drews. Der Fonds ist geschlossen, eine Wiedereröffnung nicht absehbar. Denn viele der Fonds, in die investiert wurde, sind ebenfalls geschlossen. Da sich Immobilien nicht so schnell verkaufen lassen, fehlt es den Fonds an Liquidität. Mehr als eine Milliarde Euro Anlegergelder sind so allein beim PMIA blockiert.

"Wir haben rund 300 Beschwerden in dieser Sache von Verbrauchern", sagt Gabriele Schmitz von der Verbraucherzentrale Hamburg. Ihre Kollegen in Schleswig-Holstein registrierten 500 Fälle. Experten schätzen, dass bundesweit 27 000 Verbraucher betroffen sind. "Die Schilderungen der Kunden sind so, dass weniger das Versagen einzelner Berater als ein systematisches Vorgehen der Commerzbank zu vermuten ist", sagt Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. "Das ist falsch", sagt Commerzbank-Sprecher Gunnar Meyer. "Der Hausinvest - obwohl auch ein Produkt der Commerzbank - wird schlechtgemacht, das neue Produkt als bessere Alternative empfohlen", hält Schmitz aus zahlreichen Beratungsgesprächen dagegen. Das musste auch die Hamburgerin Ilse Delfs erfahren. "Als ich im Oktober 2008 von der Commerzbank angerufen wurde, hatte ich gerade eine Krebsbehandlung und mir stand der Sinn nicht nach Anlageberatung", sagt die 72-Jährige. Dennoch wurden 30 000 Euro vom Hausinvest Europa in den PMIA umgeschichtet. Für die staatlich gestützte Commerzbank ist das immer ein gutes Geschäft, denn der neue Fonds kostet fünf Prozent Ausgabeaufschlag.

Betroffen sind nach den Erfahrungen von Verbraucherschützern und Anwälten fast ausschließlich ältere Kunden. Die Commerzbank bestreitet das. "Das Produkt wurde allen Kunden angeboten, für die es sich im Rahmen der individuellen Beratungsgespräche eignete", sagt Meyer. "Alle Mandanten sind über 65 Jahre alt und oft auch gesundheitlich angeschlagen bis hin zur Demenz", hält der Kieler Anwalt Helge Petersen dagegen, der 350 Mandanten vertritt und bereits 30 Klagen gegen die Commerzbank eingereicht hat. "95 Prozent hatten einen der beiden Hausinvest-Fonds. Im Durchschnitt wurden 45 000 Euro umgeschichtet, in der Spitze bis zu 250 000 Euro", sagt der Anwalt. "Auf die Klagewelle reagiert das Geldinstitut mit Vergleichsangeboten in einer Höhe von 90 bis 95 Prozent, die für die Commerzbank völlig unüblich sind", sagt Petersen.

Der PMIA stand seit seiner Auflegung im Mai 2008 unter keinem guten Stern. Ein halbes Jahr nach dem Start waren bereits die Hälfte der 14 Zielfonds geschlossen und so 30 Prozent des Fondskapitals nicht mehr veräußerbar. "Dennoch wurde Kunden der Fonds auch nach diesem Zeitpunkt noch verkauft", sagt Verbraucherschützerin Schmitz. Die Commerzbank verteidigt die Auflage des Fonds, der Kunden eine bessere Risikostreuung ermöglicht hätte. "Bei den Zielfonds handelte es sich um namhafte Fonds, die in der Historie eine attraktive Wertentwicklung bei geringen Risiken aufwiesen", sagt Meyer. Im September 2010 wurde der Fonds dann geschlossen.

Wer der Empfehlung der Commerzbank folgte, kann sich nur ärgern. Der Hausinvest, der 2010 aus der Zusammenlegung von Hausinvest Global und Hausinvest Europa hervorging, erreichte in den vergangenen drei Jahren eine Wertentwicklung von 11,4 Prozent. Dagegen verbucht der PMIA im gleichen Zeitraum ein Minus von 1,9 Prozent. Tatsächlich steht es um den Fonds noch viel schlimmer. Da die Fondsgesellschaft keine Anteile mehr zurücknimmt, können sie nur über die Börse Hamburg verkauft werden - mit einem Abschlag von 30 Prozent auf den offiziellen Rücknahmepreis. "Solche Verluste kann ich mir nicht leisten", sagt Delfs.

Von den 20 Zielfonds des PMIA sind sechs geschlossen, drei werden aufgelöst. "Der Fonds hat keine Zukunft und wird noch massiv an Wert verlieren", sagt Herte. Wie lange die Schließung dauert, ist ungewiss. Während offene Immobilienfonds nach zwei Jahren wieder öffnen oder sich auflösen müssen, gilt eine solche Regel für Dachfonds nicht. Sein Schicksal teilt der PMIA mit drei anderen Immobiliendachfonds. Doch nirgends sind Anleger so verärgert wie bei der Commerzbank.