Commerzbank-Vorstand Martin Zielke wehrt sich im Interview mit dem Abendblatt gegen die Vorwürfe der Konkurrenz und spricht über den Euro.

Hamburg. Nach Ausbruch der Finanzkrise musste die taumelnde Commerzbank Staatshilfen in Milliardenhöhe in Anspruch nehmen. Der Staat ist noch immer mit 25 Prozent an dem Geldhaus beteiligt. Mittlerweile laufen die operativen Geschäfte in Deutschland wieder ordentlich. Privatkundenvorstand Martin Zielke äußert sich im Abendblatt-Interview zur Kritik der Konkurrenz, Martketingmaßnahmen, Ergebnisentwicklung des Instituts, sein persönliches Anlageverhalten und der Zukunft des Euro.

Abendblatt: Herr Zielke, hat die Commerzbank in den vergangenen zwölf Monaten das Werbebudget deutlich aufgestockt?

Martin Zielke: Nein. Wie Sie wissen, sind wir seit 2010 nicht mehr mit zwei Marken, sondern nur noch als Commerzbank am Markt. Das spart Kosten.

Das verwundert. Denn kaum ein Spiel der Fußball-Bundesliga kommt noch ohne Werbung für Ihr Institut aus, und selbst der Wetterbericht im Fernsehen wird von der Commerzbank präsentiert.

Zielke: Fakt ist: Wir bündeln unsere Werbebudgets. So gibt es die Partnerschaft mit dem Deutschen Fußballbund, und wir präsentieren nach dem "heute-journal" im ZDF das Wetter.

Die Geschäfte der Commerzbank laufen also gut?

Zielke: Wir sind auf einem sehr ordentlichen Weg.

Trotz der intensiven Werbung weist die Commerzbank für das zweite Quartal 2011 aber beim Konzernergebnis einen Einbruch von 352 Millionen auf 24 Millionen Euro aus. Wie kann das sein?

Zielke: Der Rückgang beim Konzernergebnis liegt an den Wertkorrekturen auf griechische Staatsanleihen. Die Commerzbank hat in ihrem Kerngeschäft im ersten Halbjahr operativ mehr als zwei Milliarden Euro verdient. Das ist ein tolles Ergebnis und zeigt, dass auch unsere Werbemaßnahmen funktionieren.

Dann kann die Commerzbank 2011 ja erstmals Zinsen auf die vom Staat gewährten Milliardenbeihilfen zahlen.

Zielke: Wir haben von 16,2 Milliarden Euro stillen Einlagen schneller als erwartet 14,3 Milliarden Euro zurückgeführt. In diesem Zusammenhang haben wir dem Bund eine Einmalzahlung von mehr als einer Milliarde Euro überwiesen. Die Bedienung der verbliebenen stillen Einlagen über 1,9 Milliarden Euro hängt vom HGB-Ergebnis der Commerzbank AG ab.

Das hört sich nach Trickserei mit verschiedenen Gewinnbegriffen an.

Zielke: Sie sprechen hier vom deutschen Handelsgesetzbuch.

Der Staat rettet die Commerzbank mit Milliarden, steigt mit 25 Prozent bei dem Institut ein. Aber Zinsen bekommt der Steuerzahler für seine Hilfen nicht. Gleichzeitig geben Sie viel Geld für Werbung aus und bieten sogar ein kostenloses Girokonto an. Der Chef der Hamburger Sparkasse, Harald Vogelsang, hat mit Blick auf dieses Verhalten öffentlich von einem Skandal gesprochen. Arbeiten Sie bei einer Skandalbank?

Zielke: Herr Vogelsang ist Banker. Umso mehr wundert mich seine Aussage. Das Girokonto rechnet sich und ist ein Erfolg. Natürlich ärgert das den Wettbewerb. Das verstehe ich sogar. Aber ich halte solche Kommentare schlicht für unverantwortlich und gefährlich.

Gefährlich?

Zielke: Hier wird mit Stimmungen gespielt. Das ist Populismus und schadet letztlich der gesamten Finanzbranche.

Die Commerzbank würde es ohne die Hilfen des Steuerzahlers gar nicht mehr geben. Da kann man doch ein Dankeschön in Form von Zinszahlungen erwarten. Oder nicht?

Zielke: Wir kommen allen Verpflichtungen vereinbarungsgemäß nach.

Wie legt ein Commerzbank-Vorstand in diesen unruhigen Zeiten eigentlich privat sein Geld an?

Zielke: Ich bin ein sehr konservativer Anleger. Über die Details entscheidet mein Vermögensverwalter. Ohnehin würde ich jedem Anleger empfehlen, sich beraten zu lassen. Denn es gibt keine allgemein gültige Anlageempfehlung. Sie hängt unter anderem von der Größe des Vermögens und der Risikobereitschaft des Einzelnen ab. Mein Ziel ist es, eine Rendite zu erzielen, welche die Inflationsrate und Steuerbelastung ausgleicht. Das sind derzeit rund drei Prozent. Mit Tages- oder Festgeld alleine erreicht man das im Moment nicht.

Die Angst vor hohen Inflationsraten ist in Deutschland weit verbreitet. Sehen auch Sie deutliche Preissteigerungen?

Zielke: Ich bin davon überzeugt, dass die Notenbanken mit ihrer vorausschauenden Geldpolitik die Inflationsraten im Rahmen halten. Die Horrorszenarien, die Preissteigerungen bis zu zehn Prozent prophezeien, teile ich nicht.

Der Ansturm auf Immobilien ist wegen der Inflationsängste groß - gerade in Hamburg. Droht hier eine Überhitzung des Marktes, womöglich das Platzen einer Immobilienblase?

Zielke: Das sehe ich nicht. Hamburg ist einer der prosperierendsten Wirtschaftsräume in Deutschland. Deshalb ist der Kauf einer gut ausgesuchten Immobilie eine vernünftige Entscheidung.

Immer mehr Privatanleger entdecken Edelmetalle für sich. Raten Sie noch zum Kauf von Gold?

Zielke: Gold kann eine vernünftige Beimischung im Depot sein. Aber mehr als fünf Prozent würde ich nicht empfehlen. Dafür sind Edelmetalle zu spekulativ, was ja gerade die letzten Tage eindrucksvoll zeigen.

Welche Schulnote würden Sie Europas Politikern für ihr bisheriges Euro-Krisenmanagement geben?

Zielke: Ich gebe keine Noten. Aber ich denke, die neuen Vorschläge des deutsch-französischen Gipfels weisen den richtigen Weg. Wir brauchen eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Euro-Zone. Ohne gemeinsame Politik gibt es auf Dauer keine gemeinsame Währung. Das war bereits den Gründungsvätern des Euro bewusst.

Werden wir in fünf Jahren in Deutschland, Portugal und Griechenland noch den Euro als offizielle Landeswährung haben?

Zielke: Ich hoffe ja. Denn für Europa wäre es der richtige Weg.

Aber sicher sind Sie sich nicht?

Zielke: Absolute Sicherheit gibt es nicht - auch nicht bei diesem Thema.