Vor fünf Jahren hob er erstmals ab. Die Fluggesellschaften sind sehr zufrieden mit dem Jet. Doch die Produktion läuft noch immer nicht glatt.

Hamburg. Es war ein perfekter Frühlingstag, an dem sich der neue Luftriese erstmals in sein Element begab: Am 27. April 2005 hob der Airbus A380 im südfranzösischen Toulouse zum Jungfernflug in einen wolkenlosen Himmel ab - und nicht nur das Herstellerunternehmen feierte.

Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von einem "großen Erfolg für die Innovationskraft europäischer Unternehmen", der zeige, "dass wir besser sein können als andere." Auch der damalige französische Präsident Jacques Chirac jubelte über "ein herrliches Ergebnis der industriellen Zusammenarbeit Europas".

Doch schon gut ein Jahr später war von der Feierstimmung nichts mehr übrig. Wegen der Schwierigkeiten bei der Verkabelung der Rümpfe muss der Flugzeugbauer den Zeitplan für die Auslieferung an die Kunden immer weiter nach hinten schieben.

Zwei Airbus-Chefs, Gustav Humbert und Christian Streiff, verlieren nacheinander ihr Amt, ebenso wie Humberts Vorgänger Noël Forgeard, der zum Co-Chef des Mutterkonzerns EADS aufgerückt war. Rund fünf Milliarden Euro kosten die Fertigungsprobleme das Unternehmen - und sie haben maßgeblichen Anteil daran, dass ein Sanierungsprogramm aufgelegt wird, das den Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen im Verwaltungsbereich bis Ende 2010 vorsieht. In Hamburg fallen 2300 Stellen weg.

Die Firmenkrise reißt auch Gräben zwischen Deutschen und Franzosen im Unternehmen auf, nachdem Topmanager aus Toulouse den Standort Hamburg für die Produktionsfehler verantwortlich machen. Zu den wichtigsten Aufgaben von Thomas Enders, Airbus-Chef seit August 2007, gehört es daher, mit nationalen Egoismen aufzuräumen.

Erst zwei Jahre später als geplant kann Singapore Airlines im Oktober 2007 den Liniendienst mit dem doppelstöckigen Jet aufnehmen. Inzwischen haben vier Fluggesellschaften auf 12 600 Flügen 4,5 Millionen Passagiere befördert. "Die A380-Maschinen haben die Erwartungen unserer Kunden bei Weitem übertroffen", sagt Airbus-Sprecher Tore Prang. Die Einführung des Jets bei den Fluggesellschaften sei reibungslos verlaufen, bestätigt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt: "Die technische Qualität der Maschine ist eindeutig belegt."

Das ist - zusammen mit den 2000 Arbeitsplätzen bei Airbus und weiteren 2000 bei Zulieferern, die für den A380 allein in Hamburg entstanden sind - die gute Nachricht. Doch sie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die fünf Jahre seit dem Erstflug für das Projekt insgesamt "sehr problembehaftet" verlaufen sind, wie der Branchenanalyst Frank Skodzik von der Commerzbank meint. "Die Schwierigkeiten in der Produktion sind noch immer nicht behoben."

Das räumt auch Enders ein. So konnte Airbus im vorigen Jahr nur zehn Exemplare des Superjumbos ausliefern, geplant waren zunächst 18 und später 14. Enders bezeichnete den Rückstand als eine "herbe Enttäuschung." In diesem Jahr sollen immerhin 20 Maschinen fertiggestellt werden. Die ursprüngliche Kalkulation sah für 2010 mehr als 40 Auslieferungen vor. "Aber wir werden in der Produktion jeden Tag besser", sagt Prang.

Dennoch steckt das Programm noch tief in den roten Zahlen. Hatte das Unternehmen anfänglich damit gerechnet, beim A380 die Gewinnschwelle nach 250 produzierten Flugzeugen zu erreichen, wurde diese Marke später auf 420 Einheiten hochgesetzt - und inzwischen dürfte die für schwarze Zahlen benötigte Stückzahl nach Einschätzung von Skodzik noch massiv gestiegen sein. Aber bislang hat Airbus erst 202 Maschinen verkauft.

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"Noch ist überhaupt nicht erkennbar, wie die Gewinnschwelle erreicht werden soll", sagt Großbongardt, "zumal die Bestellwelle ausgeblieben ist, die man normalerweise sieht, wenn ein Flugzeug erst den Liniendienst aufgenommen hat." Dabei habe Airbus eine Monopolstellung in einem eigentlich attraktiven Marktsegment, meint Skodzik. Denn wenn der Luftverkehr weiter wächst - Airbus prognostiziert eine Verdoppelung innerhalb von 15 Jahren -, nehmen die Kapazitätsengpässe auf den großen Flughäfen zu, was für Riesenjets wie den A380 mit 525 Passagierplätzen spricht. Zudem sind sie wegen ihrer Größe auch besonders effizient: Ein A380 verbraucht auf 100 Kilometer weniger als drei Liter Kerosin je Passagier. "Wir sind überzeugt, dass dieses Flugzeug die Lösung für ein umweltgerechtes Wachstum in der Luftfahrt ist", so Prang.

Konkurrent Boeing hat dem A380 nur einen modernisierten und verlängerten Jumbo-Jet für 467 Fluggäste entgegenzusetzen. Doch mit lediglich 32 Bestellungen für die Passagierversion verkauft sich die Maschine bislang schlecht. "Das belegt die Zweifel über das Marktpotenzial der sehr großen Flieger", sagt Großbongardt: "Wer einen solchen Jet in schlechteren Zeiten nicht füllen kann, hat ein Problem."

Tatsächlich aber könnte die größte Bedrohung für den A380 aus dem eigenen Haus kommen. "Wenn in den nächsten Jahren die neuen mittelgroßen Langstreckenflieger Boeing 787 und Airbus A350 in den Dienst gehen, werden die Karten neu gemischt", erwartet Großbongardt. Mit seiner Treibstoff sparenden Kohlefaserbauweise komme ein A350 dem A380 bei den Betriebskosten pro Passagierplatz sehr nahe: "Dann verschwindet der ökonomische Vorteil der Riesen."