Berlin. Viele Menschen reagieren offenbar allergisch auf Hunde. Doch liegt das wirklich an den Haaren der Tiere? Ärzte klären den Mythos auf.

Juckende Augen, Hustenreiz oder auch Schluckbeschwerden – diese Symptome treten mutmaßlich bei einer Hundehaarallergie auf. Vielen Menschen empfehlen Züchter dann fälschlicherweise Hunde, die wenig bis nahezu gar keine Haare haben. Dahinter steckt der Glaube, dass die Allergie durch das Hundehaar selbst ausgelöst wird. Doch ist das wahr oder nur ein Mythos?

Professor Torsten Zuberbier, Direktor des Instituts für Allergieforschung der Charité Berlin und Vorsitzender der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF, erklärt: "Die allergischen Reaktionen werden durch Proteine, die in den Hautschuppen, im Speichel oder im Urin sitzen, verursacht." Diese Proteine werden als Allergene bezeichnet. Sie befinden sich zwar auch im Fell des Hundes, jedoch seien es nicht die Haare selbst, die eine Allergie auslösen.

"Die Haare des Hundes sammeln und transportieren diese sowie andere potenzielle Allergene wie Staub oder Pollen, die dann bei empfindlichen Menschen allergische Reaktionen hervorrufen können", so der Mediziner. Meist sei das Allergen "Can f 1" für die allergische Reaktion der Menschen auf den Vierbeiner verantwortlich, da dieses bei allen Hunderassen vorkommt.

Allergenfreie Hunde: Gibt es das überhaupt?

In Kontakt mit dem Allergen kommt der Mensch, wenn der Hund den Halter ableckt oder sich selbst das Fell schleckt und danach vom Allergiker gestreichelt wird. "Wenn ein Hund sich selbst leckt, gelangt der Speichel auf das Fell, trocknet und wird über die Luft verbreitet, was zur Verbreitung von Allergenen beiträgt", weiß Professor Zuberbier. Auch in der Umgebung, in der ein Hund uriniert hat, können Allergene vorhanden sein, so der Arzt. Da sie so leicht seien, können sie in der Luft schweben und beispielsweise an Kleidung, Möbeln oder anderen Oberflächen haften.

Weil die Menschen nicht direkt auf das Haar des Vierbeiners allergisch reagieren, gebe es auch keine "hypoallergene" oder allergenfreien Hunde, wie oftmals von Züchtern angegeben. "Einige Rassen produzieren vielleicht weniger Allergene oder haaren weniger und geben dadurch weniger Allgene an die Umwelt ab, aber alle Hunde produzieren diese Proteine in gewissem Maße", erklärt der Allergieforscher der Charité.

Niesen, eine laufende Nase, juckende oder tränende Augen, Husten und Hautreaktionen sowie Ausschlag – alles Symptome, die bei einer Hundehaarallergie auftreten können. Doch nicht jeder Allergiker reagiert auf jede Hunderasse gleich stark.
Niesen, eine laufende Nase, juckende oder tränende Augen, Husten und Hautreaktionen sowie Ausschlag – alles Symptome, die bei einer Hundehaarallergie auftreten können. Doch nicht jeder Allergiker reagiert auf jede Hunderasse gleich stark. © iStock | istock

Wie ein Mensch auf eine bestimmte Rasse von Hund reagiert, sei individuell. Der eine Hund könne starke Symptome bei einem Allergiker auslösen, während ein anderer möglicherweise kaum Symptome hervorruft, erklärt Professor Thomas Fuchs von der Universitätsmedizin in Göttingen, der als Vizepräsident des Ärzteverbandes deutscher Allergologen tätig ist. Dies lasse sich auch nicht durch Bluttests oder Ähnliches prüfen, da es dazu momentan keine Untersuchungen gebe. Herausfinden könne man die Stärke der allergischen Reaktion lediglich durch den längeren Kontakt mit verschiedenen Hunderassen, so Fuchs, um zu testen, wie stark sich die Symptome ausprägen.

Auch wenn das für Tierliebhaber schwierig sei, empfiehlt der Allergologe dringend, sich von dem Hund, auf den man allergisch reagiert, zu trennen. "Wenn man weiterhin Kontakt mit diesem Hund hat, dann kann es von allergischem Schnupfen bis hin zu einem allergischen Asthma kommen", so Fuchs. Durch Asthma entwickele man Luftnot, man käme in der Folge beispielsweise nicht mehr die Treppen hoch und sei nicht mehr belastungsfähig.

"Es ist wichtig zu wissen, dass schwere allergische Reaktionen zwar selten sind, aber dennoch auftreten und lebensbedrohlich sein können", warnt Charité-Arzt Zuberbier. Die Anaphylaxie, eine lebensbedrohliche allergische Reaktion, betreffe den ganzen Körper und könne zu Blutdruckabfall und Bewusstlosigkeit führen.

Halten eines Hundes kann Entwicklung von Allergien vorbeugen

Nicht jeder mit einer Hundeallergie hat diese schon von Geburt an. Manche entwickeln die Erkrankung erst im Laufe ihres Lebens. Eine aktuelle Studie des Europäisches Zentrums für Allergieforschung an einer Stichprobe von 7000 Menschen zeigt, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung mit allergischen Symptomen auf Haustiere reagieren.

Obwohl es keine hypoallergenen Hunde gibt, sind die Portugiesischen Wasserhunde dafür bekannt, weniger Allergene zu produzieren. Deshalb ist diese Rasse bei Allergikern besonders beliebt.
Obwohl es keine hypoallergenen Hunde gibt, sind die Portugiesischen Wasserhunde dafür bekannt, weniger Allergene zu produzieren. Deshalb ist diese Rasse bei Allergikern besonders beliebt. © dpa | A2800 epa White House/Chuckkenne

Interessanterweise haben Forscher, so Fuchs, nun herausgefunden, dass das Halten von Hunden die Entwicklung von Allergien oder auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorbeugen könne. Demnach haben Hunde offenbar einen schützenden Effekt auf die Entwicklung von allergischen Krankheiten der Atemwege.

Eine genaue Erklärung für dieses Phänomen gebe es laut dem Experten bisher noch nicht. Möglicherweise seien es bestimmte Bakterien oder Viren, die von den Hunden übertragen werden, auf die der Mensch dann bestimmte Abwehrstoffe entwickele. Diese wiederum könnten verhindern, dass allergische Reaktionen entstehen.

Hundeallergie: Das hilft gegen die Symptome

Was Allergiker, die auf keinen Fall auf ihr Haustier verzichten wollen, gegen die Symptome tun können, weiß Professor Zuberbier. Er empfiehlt:

  • Rückzugsmöglichkeiten: Wenn Sie einen Hund zu Hause haben, sollten Sie bestimmte "haustierfreie" Zonen einrichten, insbesondere im Schlafzimmer.
  • Regelmäßig putzen: Regelmäßiges Putzen kann dazu beitragen, die Allergenbelastung zu verringern. Verwenden Sie beim häufigen Staubsaugen einen Staubsauger mit HEPA-Filter, der Allergene einfängt. Reinigen Sie Oberflächen und Böden mit einem feuchten Mopp oder Tuch, da trockener Staub Allergene aufwirbeln kann.
  • Luftfilter einbauen: Die Verwendung von hochwirksamen Luftreinigern und eine gute Belüftung der Wohnung können ebenfalls dazu beitragen, Allergene in der Luft zu reduzieren.
  • Hände waschen: Waschen Sie sich nach dem Berühren eines Hundes gründlich die Hände. Vermeiden Sie es, nach dem Streicheln eines Hundes Ihr Gesicht oder Augen zu berühren, bevor Sie sich die Hände waschen.
  • Haustier baden: Regelmäßiges Baden kann dazu beitragen, dass Ihr Haustier weniger Hautschuppen absondert.
  • Hypoallergene Rassen: Obwohl es keinen völlig hypoallergenen Hund gibt, sind einige Rassen dafür bekannt, weniger Allergene zu produzieren als andere. Ein Beispiel ist der Portugiesische Wasserhund.
  • Medikamente: Freiverkäufliche und verschreibungspflichtige Medikamente können helfen, die Symptome unter Kontrolle zu halten. Antihistaminika, abschwellende Mittel und nasale Kortikosteroide werden häufig eingesetzt.