Berlin. Nach den ersten Vogelgrippe-Fällen bei Katzen sorgen sich die Halter. Eine Tierärztin erklärt, wie hoch das Risiko in Deutschland ist.

Mitte Juli bestätigte das polnische Veterinärinstitut in Pulawy den Verdacht: Fast 30 Katzen hatten sich in mehreren Landesteilen mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren mehr als 20 der infizierten Tiere gestorben. Sie warnte vor besonderer Wachsamkeit.

Es handelt sich um den weltweit ersten größeren Ausbruch von Vogelgrippe unter Hauskatzen. Und Katzenbesitzer sorgen sich, dass sich bald auch in Deutschland Haustiere anstecken könnten. Eine Tierärztin erklärt, wie sich das Virus überträgt und wie hoch das Risiko für Katzen tatsächlich ist.

Vogelgrippe bei Katzen: Infektionsquelle weiter unklar

Die Infektionsquelle der erkrankten Katzen in Polen ist dem Bundesinstitut für Tiermedizin, dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge, bis dato noch nicht identifiziert. „Das Virus ist in allen Fällen sehr ähnlich. Deshalb geht man davon aus, dass es möglicherweise eine gemeinsame Quelle gibt. Mögliche Infektionsquelle könnte der Kontakt mit infizierten Wildvögeln sein oder auch das Futter“, sagt Dr. Ursula von Einem, Tierärztin und Sprecherin des Bundesverbands praktizierender Tierärzte gegenüber dieser Redaktion.

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Dass sich die Vogelgrippe seit mehreren Jahren unter Wildvögeln und Geflügel in Europa massiv ausbreitet, sei bekannt. Auch in Deutschland sei das Influenza-A-Virus stark verbreitet, erklärt die Expertin: „Letztes Frühjahr waren die Infektionszahlen unter Wildvögeln relativ hoch. Normalerweise folgt im Sommer eine Vogelgrippe-freie Zeit. Das war letztes Jahr nicht der Fall. Wir sind also in die eigentliche Infektionsphase, die im Herbst und Winter stattfindet, schon mit hohen Zahlen reingegangen“, sagt von Einem.

Vogelgrippe: Auch in Deutschland sind Säugetiere infiziert

Bei Haustieren gab es in Deutschland laut FLI bisher keine nachgewiesenen Infektionen mit Vogelgrippe. Nach Informationen des Instituts konnte das Virus aber bei 17 wildlebenden Füchsen, einem Otter, einem in einem Zoo gehaltenen Nasenbären, drei wildlebenden Seehunden und bei einer Kegelrobbe nachgewiesen werden. Alle diese Tiere hätten sich mit hoher Wahrscheinlich über den Kontakt mit Wildvögeln infiziert.

Warum es ausgerechnet in Polen zu einem Ausbruch des Virus bei Katzen kam, ist laut der Expertin – nach heutigen Wissenstand – ein Zufall. Genaue Aussagen zur Ursache könne man derzeit nicht treffen.

Ansteckung von Katzen durch Kontakt mit Vögeln

Katzen, sowohl Hauskatzen als auch Großkatzen sind nach Informationen des FLI empfänglicher für Influenzaviren vom Subtyp H5N1 als andere Säugetiere. In den meisten Fällen würden sich die Tiere durch das Fressen oder Fangen von infizierten Vögeln anstecken. Auch bei anderen Säugetieren übertrage sich das Virus in der Regel über direkten Kontakt.

Vogelgrippe bei Hauskatzen: Die polnischen Behörden haben die weltweit ersten Infektionen gemeldet.
Vogelgrippe bei Hauskatzen: Die polnischen Behörden haben die weltweit ersten Infektionen gemeldet. © istock/Lightspruch | istock/Lightspruch

„Wildtiere wie beispielsweise Füchse fangen einen Vogel, der schon geschwächt ist oder fressen Aas mit hoher Viruslast. Bei Katzen funktioniert das ähnlich. Es gibt aber auch die Möglichkeit der indirekten Übertragung. Das heißt, über die Schuhe oder Kleidung wird das Virus ins Haus getragen. Das ist auch ein möglicher Grund, warum auch Hauskatzen in Polen betroffen sind“, so die Tierärztin.

Grundsätzlich könne es nur zu einer Infektion kommen, wenn eine bestimmte Virusmenge aufgenommen wird. „Bei kleineren Virusmengen kann das Immunsystem eingreifen und die Viren töten. Wenn aber zu viel Virus ins System kommt, ist das Immunsystem überfordert und erst dann haben die Viren die Möglichkeit, sich im Körper zu vermehren“, sagt von Einem. Dass Hunde oder andere Haustiere sich mit H5N1 anstecken, sei zwar in der Theorie möglich, aber extrem selten.

Übertragung von Katze zu Katze: Ist das möglich?

Laut von Einem kann das Virus im Normalfall nicht von Katze zu Katze übertragen werden. „Es müssen Anpassungen beim Virus stattfinden, damit eine Übertragung von Säugetier zu Säugetier irgendwann möglich ist. Das virale Erbgut muss vorher mehrere Mutationen durchlaufen“.

Von Seite des FLI heißt es, dass man bei den Katzen in Polen bis jetzt nur wenige Mutationen nachweisen konnte, die auf eine Teilanpassung hindeuten. Eine Übertragung von Tier zu Tier oder auch Mensch zu Mensch sei demnach zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Der einzig bekannte Fall, bei dem sich das Virus laut FLI von Säuger zu Säuger übertrug, war auf einer Nerzfarm in Spanien. Durch die Tötung aller Nerze hätte man eine weitere Verbreitung aufhalten können.

Vogelgrippe: Auf diese Symptome sollten Sie bei Ihrer Katze achten

Welche Symptome bei infizierten Katzen auftreten und wie stark sie ausfallen, hängt vom Gesundheitszustand der jeweiligen Katze ab, so die Tierärztin. „Am Anfang der Infektion haben die Tiere Schnupfen-ähnliche Symptome. Es kann im weiteren Verlauf der Erkrankung dann zu Fieber und schweren Lungenentzündungen kommen oder zentralnervösen Störungen. Das kann sich in Störungen des Gangs äußern, einer schiefen Kopfhaltung oder Vergesslichkeit, wenn die Katze beispielsweise das Futter nicht mehr findet“. In einigen Fällen sei die Erkrankung so schwerwiegend, dass sie für die Katze tödlich endet.

Tierärzten stünden bei einer Infektion nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung. „Es gibt sehr wenige Medikamenten gegen virale Erkrankungen, die alle nicht gegen diese Art von Influenza-Viren helfen. Man kann bei einer Infektion also nur die Symptome behandeln. Das heißt, Flüssigkeiten zusetzen oder Antibiotika gegen eventuelle zusätzliche bakterielle Infektionen geben. Aber die Virus-Erkrankungen an sich muss das Immunsystem des Tieres selbst besiegen“, so von Einem.

Bei ungewöhnlichen Fällen, die auf eine Infektion mit H5N1 hinweisen, seien Tierärzte aufgrund der hohen Infektionszahlen unter Wildvögeln sowieso sehr aufmerksam. Im Verdachtsfall würde eine Probe entnommen werden. Wenn diese positiv ausfällt, melde das Labor das direkt an das FLI.

Was kann man tun, um seine Katze vor einer Infektion zu schützen?

Das polnische Veterinäramt empfiehlt Katzenbesitzern, in den betroffenen Regionen bestimmte Maßnahmen einzuhalten, um das Risiko einer Infektion zu minimieren. Unter anderem sollen Katzen nach Möglichkeit im Haus gehalten und der Kontakt zwischen Katze und Wildvögeln gemieden werden. Außerdem solle man nur Futter aus bekannten Quellen verwenden.

Laut Tierärztin von Einem müsse man sich in Deutschland – stand heute – keine Sorgen um seine Katzen machen. „Das Risiko einer Ansteckung ist relativ gering. Bis dato sind nicht mal 50 Katzen in Polen nachweislich infiziert und Polen hat eine hohe Katzenpopulation. Solange es sich um diese Einzelfälle handelt, ist beispielsweise das Einsperren oder Umgewöhnen von Freigängerkatzen nicht sinnvoll.“