Berlin. Ist doch Miele, läuft ewig, sagt unsere Kolumnistin über die uralte Waschmaschine. Und steckt Geld rein. Ist ja Vintage. Geht das gut?

Stell dir vor, du kaufst eine Waschmaschine, die ein Leben lang halten soll. Wir haben das gemacht vor vielen Jahren. Unsere drei Kinder waren klein, die Wäscheberge nicht überschaubar. So eine Waschmaschine darf niemals kaputt gehen, sagte ich damals. Und setzte hinterher: Ich will eine Miele! Das Product Placement sei hier bitte verziehen, es geht in diesem Fall nicht anders.

Eine Miele-Waschmaschine läuft und läuft und läuft. Die kann man immer wieder reparieren. Das versprach die Werbung, das erzählten die Legenden, die mir als Kind eingeimpft wurden. Also haben wir einen unserer vielen Umzüge mit den damals drei kleinen Kindern verbunden mit der Investition in eine neue Waschmaschine.

Die alte hatte ich als Studentin gebraucht gekauft. Die Wäsche tropfte nach dem Schleudergang, dann hörte sie auch noch auf zu pumpen. Das war im Jahr 2007. Wir investierten, wenn ich mich richtig erinnere, einen klar vierstelligen Euro-Betrag. Energieklasse A+. 1200 Umdrehungen Schleuderkraft. Woll-, Fein- und Handwaschgang.

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Was soll ich sagen: Sie lief dann tatsächlich unermüdlich. Jahr für Jahr. Bis zu ihrem 10. Geburtstag, da verlor sie zum ersten Mal Wasser. Ich rief den Kundendienst an. Er kam gleich um acht Uhr in der Früh. Als er unsere Miele sah, wurde sein grimmiger Handwerkerblick weich.

Waschmaschine von Miele bekam Streicheleinheiten vom Monteur

Er streichelte die Drehknöpfe, mit denen der Waschgang und die Temperatur eingestellt werden kann. Er machte das Bullauge auf und zu. Er zog die leicht verdreckte Kammer für das Waschmittel an. „Muss man mal sauber machen“, sagte er, und ich fühlte mich ertappt, dass ich das Gerät immer nur angeschaltet hatte in den vergangenen Jahren, mich aber nie gefragt hatte, wie es ihm geht.

500 Euro, sagte er, und sie ist wie neu. „Die läuft locker noch zehn Jahre“. Ich schluckte damals, 500 Euro für so eine alte Waschmaschine. „Da kriege ich doch schon eine Neue“. Der Monteur holte weit aus. Schimpfte auf die neuen Geräte. Mit der ganzen Technik. Diesem Schnickschnack. Fernsteuerung. Intelligente Wäscheerkennung. „Die gehen alle nach zwei Jahren kaputt, auch die Miele“. Was soll ich sagen: Wir zahlten 500 Euro und bekamen zwei Jahre Garantie.

Und dann lief sie erst mal wieder. Bis sie vor einigen Wochen anfing zu klopfen. Und zwar so laut, dass ich dachte, jemand schlägt die Tür ein. Obendrein sammelte sich unter der Maschine nach jedem Schleudergang eine kleine Pfütze. Jetzt muss sie weg, dachte ich. Aber weil ich die Hoffnung hatte, mit einer kleinen Reparatur davonzukommen, rief ich wieder den Kundendienst an.

Miele: Die zweite Reparatur der Waschmaschine wurde noch teurer

Wieder kam ein zunächst grimmiger, wortkarger Monteur durch die Wohnungstür, der dann regelrecht aufschrie: „Was für ein Gerät“. Und: „Die beste Miele, die es je gab!“ Er versprach eine Top-Inspektion samt neuer Stoßdämpfer für die Trommel („dann klopft sie nicht mehr“.) Und Garantie. 800 Euro, sagte er, und sie ist wie neu.

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Bevor ich was von neuer Maschine faseln könnte, setzte er nach: „Glauben Sie mir, diese neuen Maschinen sind Dreck. Die wollen Sie nicht. Wer soll damit schon klar kommen. Ihr Gerät, das ist doch was fürs Leben“. Er nickte mir aufmunternd zu. Dann sagte der Gatte: Also nee, bloß kein neues Gerät, für das man erst mal einst mal eine Schulung machen muss, um zu begreifen, was das Gerät alles kann. Er dachte wahrscheinlich an die Einarbeitung in die Thermomix-Technik. Kann sein, dass sie ihn traumatisiert hat.

„Ich bringe sie in zwei Tagen zurück. Versprochen. Sie bekommen Garantie. Garantiert.“ Und dann lächelte der Reparatur-Mann. „Vertrauen Sie mir“.

Die neue Miele beim „ich bin doch nicht blöd“- Discounter wäre billiger

Er nahm sie mit. Ich hätte dann am nächsten Tag nicht die Anzeige des großen Elektro-Discounter sehen sollen. Der mit dem Slogan: „Ich bin doch nicht blöd“. Der verkauft Miele-Waschmaschinen für 850 Euro. Smart, digital, nagelneu. Mit schwarzem Bullauge. Sieht total hochwertig aus. Ich zeigte sie dem Gatten. Der stand zu unserer Entscheidung. „Unsere Maschine ist Vintage“, sagte er knapp.

Ich kürze das jetzt mal ab. Die Maschine kam nach drei Tagen zurück, wir zahlten knapp über 1000 Euro, es kam ja noch die Mehrwertsteuer drauf.

Das Klopfen war weg, aber Wasser lief immer noch aus. Wir ließen noch zwei mal den Monteur kommen, ihn noch zwei Mal die Maschine abholen. Zwei mal 5. Stock im Hinterhaus mit Aufzug zum Zwischengeschoss. Das war mühsam.

Jetzt bekommt meine Vintage-Miele viel Zuwendung

Jetzt ist sie dicht. Und ich poliere jeden Tag das Bullauge. Reinige den Waschmittelbehälter. Nutze Entkalkungstabletten. Sie ist Vintage, sie braucht ja Zuwendung. Ich frage mich, ob sie vielleicht mal so wertvoll wird wie eine alte Rolex, die der Juwelier für 13.000 Euro verkauft. Oder die Luis Vuitton-Handtasche, die ich bei ebay für 28.000 Euro gesehen habe. Wenn Rolex der Inbegriff einer Armbanduhr ist und Luis Vuitton der einer Handtasche, dann ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis unsere Miele ein Must-have ist. Vorausgesetzt, uns geht bis dahin nicht das Geld für Reparaturen aus.

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