Berlin. Freie Tage bei Menstruationsbeschwerden? Das könnte uns zurückwerfen, findet unsere Kolumnistin. Wer will schon ständig krank sein?

Da liegt sie, die verletzte Frau, mit Wärmflasche auf dem Sofa, sie igelt sich ein mit Netlix und Schokolade, wie gemütlich.

Und dafür soll sie nun noch freibekommen, einfach so? Nur weil sie ihre Tage hat? Jeden Monat? Himmel, mag sich da mancher Personaler denken. Geb‘ ich doch den stressigen Job mit Reisetätigkeit und viel Verantwortung dem smarten Durchstarter. Die smarte Durchstarterin kann ja assistieren. Und wenn es ihr dann mal zwei, drei Tage nicht so gut geht, dann kann sie ja im Homeoffice bleiben.

Mag sein, dass meine Haltung zu den Periodentagen, die gerade Spanien für Arbeitnehmerinnen einführt, nicht unbedingt dem frauenbewegten Mainstream entspricht. Aber ich bin Boomer, ich habe ein wenig mitbekommen von der Arbeitswelt hinter verschlossenen Türen. Und natürlich auch von der Menstruation.

Und jetzt hole ich mal ein paar Sachen aus der Tabuzone:

  1. Es wird wohl kaum etwas so in der Gesellschaft verharmlost wie echte Periodenschmerzen. Wer sie erlebt, ist schlicht richtig krank.
  2. Wirklich geholfen wird selten. Obwohl zehn bis 15 Prozent der Frauen an Endometriose leiden, an Verwachsungen im Bauchraum, die zu Krämpfen, Durchfall und auch Unfruchtbarkeit führen, gibt es nur wenig Gynäkologinnen (und Gynäkologen), die darauf spezialisiert sind.
  3. Die Menstruation kostet richtig Geld. Zum Monatspaket Tampons kommen Binden für die Nacht, Slipeinlagen, Schmerzmittel, regelmäßig neue Unterhosen. Im Laufe eines Periodenlebens summieren sich mehrere tausend Euro.
  4. Mitunter sind die Blutungen so stark, dass dagegen kaum ein Tampon ankommt. Ins Büro trauen sich Frauen dann nur mit Doppelt- und Dreifach-Schutz. Was das mit der Konzentration in langen Meetings macht, ist wohl auch klar. Das ist alles furchtbar peinlich, wer entschuldigt sich schon für die schlechte Performance beim Chef mit den Worten: „Sorry, hatte die ganze Zeit Angst, dass mein Tampon ausläuft.“
  5. Wer dann doch lieber zu Hause bleibt, sagt eher, kann nicht kommen, habe schweren Hangover/Fischvergiftung/Cluster-Kopfschmerz, als: Ich menstruiere gerade ganz fürchterlich.

Natürlich hilft es im Moment, wenn Vorgesetzte mit Verständnis reagieren (müssen). Aber wer will schon ständig krank sein? Und wer will schon Mitarbeiterinnen, die ständig krank sind?

Menstruationsbeschwerden? Mehr Forschung bitte, fordert Kolumnistin Brigitta Stauber
Menstruationsbeschwerden? Mehr Forschung bitte, fordert Kolumnistin Brigitta Stauber © Reto Klar

Endometriose: Was sagt eigentlich die medizinische Forschung dazu?

Die Menstruation als wiederkehrende Krankheit zu akzeptieren, greift also viel zu kurz. Wenn schon das Thema Menstruation in den Focus rückt, dann sollte doch dabei herauskommen, dass die Medizin alles dran setzt, Frauen wirklich zu helfen.

Also: Wie ist eigentlich der medizinische Stand, der über Schulterzucken, Rezept für Schmerzmittel und einer regelmäßigen Krankschreibung hinausgeht?

Zu Hause bleiben zu dürfen, kommt mir vor wie ein altväterlicher Gnadenakt, der dazu führt, dass die Jungs in den oberen Firmenetagen doch wieder unter sich bleiben. Was Frauen wirklich brauchen, sind Forscherinnen und Forscher, die sich mit viel Investorengeld und ebenso viel Hingabe der Frage widmen: Wie wird Endometriose schnell entdeckt? Sinnvoll behandelt?

Der entkrampfte Unterleib – wie wäre es damit?

Vielleicht wird auch ein Mittel erforscht, das nebenwirkungsfrei Blutungen minimiert. Die Stimmung aufhellt. Den Unterleib entkrampft. Kurz: Den unbeschwerten Alltag möglich macht. Dann brauchen wir auch diese Gnadentage nicht.

Und nun noch ein kleiner Nachtrag: Mir wurde abgeraten, diese Kolumne zu schreiben. „Das Thema finden Männer eklig“, so die Begründung. Die Kinder empfahlen: Schreib‘ über Johnny Depp und Amber Heard. Den Verleumdungsprozess. Das sei unterhaltsamer.

Nein, Leute, jetzt erst recht. Wir müssen endlich reden: über die Menstruation.

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