Berlin. Ein japanisches Unternehmen will ein Mittel gegen Covid-19 entwickelt haben, dass die Krankheit schneller heilt. Was steckt dahinter?

Die schlimmste Phase der Corona-Pandemie ist hierzulande vorbei, doch noch immer erkranken täglich Menschen an Covid-19 – und einige sogar an Long-Covid. Die Lungenkrankheit, die von den Corona-Viren ausgelöst wird, kann bislang nicht mit Medikamenten geheilt werden. Das könnte sich aber bald ändern.

Zumindest behauptet das ein Pharmaunternehmen aus Japan. Laut einer Studie des Unternehmens Shionogi in Osaka soll das Virostatikum, also ein Stoff der die Vermehrung von Viren bremst, mit dem Namen "Ensitrelvir" die Dauer einer Covid-19 Erkrankung verkürzen. Im Durchschnitt würden Patienten mit mittlerem oder leichtem Krankheitsverlauf einen Tag früher negativ getestet, wenn sie das Mittel zu sich nehmen. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Doch der Hersteller von Ensitrelvir geht noch weiter: Das Unternehmen behauptet, dass das Mittel eine Erkrankung mit Long-Covid verhindert. Auf einer Fachkonferenz im US-Bundesstaat Seattle präsentierten Vertreter des Unternehmens Studienergebnisse, die das belegen sollen. Bislang konnten diese Belege allerdings nicht ausreichend unabhängig geprüft werden.

Covid-19 heilen: Ensitrelvir soll Krankheitsverlauf abmildern

Aktuell werden lediglich die Mittel Paxlovid und Molnupiravir eingesetzt, um Covid-19 zu therapieren. Beide werden bei Patienten angewendet, die ein erhöhtes Risiko haben, an einem schweren Verlauf zu erkranken. Ob sie jedoch Auswirkungen auf eine mögliche Long-Covid-Erkrankung haben, ist noch umstritten. Die Ergebnisse wären also ein echter Durchbruch – sofern sie denn stimmen.

An der Studie mit Ensitrelvir nahmen 1200 Versuchspersonen teil. Eine Gruppe erhielt das Medikament, eine andere ein Placebo. Die Teilnehmer, welche das Medikament bekamen, hatten sich im Schnitt 24 Stunden früher von fünf Covid-Symptomen erholt: laufende Nase, Halsschmerzen, Husten, Fieberkeitsgefühl und Müdigkeit. Außerdem konnten sie 29 Stunden früher negativ getestet werden als der Durchschnitt der Placebo-Gruppe.

Long-Covid: Was hilft gegen die unerforschte Krankheit?

Schließlich wurden die Studienteilnehmer jeweils drei und sechs Monate nach ihrer Erkrankung nach weiteren Symptomen befragt. Hierbei will Shionogi herausgefunden haben, dass Personen mit einem schweren Krankheitsverlauf, die mit Ensitrelvir behandelt wurden, zu 14 Prozent an Long-Covid erkrankten. Bei der Placebo-Gruppe erkrankten demnach 26 Prozent der Patienten mit schwerem Verlauf später an Long-Covid. Deshalb geht Shionogi davon aus, dass Ensitrelvir das Risiko an Covid-19 zu erkranken verringert.

Allerdings ist derzeit fraglich, ob Shionogi, Long-Covid-Erkrankungen stichhaltig als solche erkannt und definiert hat. Auch ist gar nicht klar, ob Coronaviren selbst der Auslöser für eine Long-Covid-Erkrankung sind. Diese könnte auch durch die Immunantwort auf das Virus zustande kommen. Mehrere Forscher haben sich deshalb skeptisch geäußert und mahnen weitere Forschung an. Ein Wundermittel gegen Covid-19 oder gar Long-Covid ist Ensitrelvir wohl nicht. (lro)