Berlin. Das FBI befeuert die Spekulationen, dass Corona im Labor in Wuhan entstanden ist. Was ist an der Theorie dran? Was wir wissen.

Die Corona-Pandemie ist in China ausgebrochen: in Wuhan. Darüber besteht weltweit weithin Einigkeit. Umstrittener ist jedenfalls, ob das Sars-CoV2-Virus natürlichen Ursprungs oder einem Labor entsprungen ist. Letztes hält die US-Bundespolizei FBI für „höchstwahrscheinlich“, wie ihr Direktor Christopher Wray erst am Dienstag (Ortszeit) wieder bekräftigt hat.

Über die Labortheorie sind Wissenschaftler aneinander geraten, sogar vor Gericht. Aber auch Geheimdienste sind gespalten, selbst in den USA. Die Theorie kann weder bewiesen noch widerlegt werden; zuminest so lange die Regierung in Peking internationalen Experten den Zugang zu wichtigen Daten und der Weltgesundheitsorganisation WHO weitere Untersuchung verwehrt. Was wir wissen – und was wir nicht wissen.

Corona: Was Drosten stutzig machte

Die chinesische Regierung könnte sich ein Eingeständnis schwerlich leisten, weder international noch gegenüber der eigenen Bevölkerung. Der Rufschaden wäre enorm und würde unweigerlich in die nächste politische Verlegenheit führen: Ob es Unfall oder Absicht war; und bei einem Leck, ob in China Experimente mit unvertretbar hohen Risiken gemacht wurden.

Für Argwohn sorgte schon bei Ausbruch Ende 2019/Anfang 2020, dass just in Wuhan ein Institut für Virologie liegt. Mehr noch: Seit einem Jahrzehnt wurden gerade Coronaviren ausführlich analysiert.

Der renommierte Berliner Virologe Christian Drosten, der Anfangs seine chinesischen Kollegen in Schutz nahm, räumte zwei Jahre später in der "Süddeutschen Zeitung" ein, er und viele andere Wissenschaftler seien damals über gewisse Projekte nicht informiert gewesen. Zum Beispiel erfuhr er erst nachträglich, dass in Wuhan Viren künstlich gefährlicher gemacht wurden; Sachen, die man "als gefährlich" bezeichnen könne, so Drosten, und "echt nicht sein müssen". Das könnte Sie auch interessieren: Corona: Patientenschützer will tägliche Testpflicht

Der Hamburger Physiker Roland Wiesendanger gehört zu denjenigen, die früh Indizien für einen Leck im Labor sahen. Für einen Unfall, etwa für eine Kombination aus Pech und Fahrlässigkeit? Laut „Wall Street Journal“ vertreten vier US-Geheimdienste die Auffassung, dass die Pandemie auf natürliche Weise ausgelöst worden sei, zwei seien noch unentschieden, während das FBI und das Energieministerium einen Laborunfall vermuten.

Corona: China wehrt sich gegen Verdächtigungen

Die Expertise des Ministeriums ist relevant, weil es auch für die Aufsicht der Labore zuständig ist. Die Verantwortlichen stuften die Analysen freilich als "low confidence" ein. Im Klartext: Es besteht eine geringe Gewissheit.

FBI-Direktor Wray geht nach eigenen Worten seit einiger Zeit davon aus, "dass der Ursprung der Pandemie höchstwahrscheinlich ein möglicher Laborvorfall in Wuhan ist“. Chinas Regierung habe ihr Bestes getan, um zu verwirren. Selbstredend wird in Peking der Vorwurf zurückgewiesen. Immerhin: Die USA gehen nicht davon aus, dass Covid-19 entwickelt wurde, um gezielt anderen Staaten oder ganzen Kontinenten zu schaden.

Manche Forscher schließen ein künstliches Virus aus. Andere tippen auf eine sogenannte Zoonose: Dass es von einem Tier auf den Menschen übergesprungen sei.

Corona: Auch US-Geheimdienste rätseln

Eine WHO-Expertengruppe geht nicht von einem Laborunfall aus. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es mehr als ein Jahr dauerte, bis sie Wuhan besuchen durfte. Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, räumt ein, dass es zum Thema eine "Vielzahl an Sichtweisen" gebe – und eben "keine definitive Antwort". (fmg) Das könnte Sie auch interessieren: Corona: Warum in China der große Schock ausgeblieben ist