Berlin. Der russische Eistanz-Olympiasieger Roman Kostomarow liegt im Sterben. Ihm mussten nach Corona Füße und auch Hände amputiert werden.

Diese Energie, diese Hingabe an die Musik – wie Roman Kostomarow mit seiner Partnerin Tatjana Nawka nach den Klängen von „Carmen“ über das Eis schwebt, erzeugt immer noch Gänsehautmomente. Eine Kür der Perfektion und der großen Gefühle, gekrönt mit dem Olympiasieg 2006 im Eistanz.

Der Russe Roman Kostomarow im schwarz-goldenen Torrero-Kostüm wirft Kusshände in die Menge. Unbezwingbar, wie er dasteht, strotzend vor Kraft und Zuversicht. Doch der Olympiasieger, Weltmeister, Europameister und Sieger etlicher Grand-Prix-Titel kämpft seit Wochen ums Überleben. Die Füße, die Kostomarow (46) von Erfolg zu Erfolg trugen, wurden ihm bereits amputiert. Nun sollen ihm auch die Hände abgenommen worden sein.

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Das Drama mit Amputation begann nach einer gewöhnlichen Corona-Infektion

Das Drama um den einst so gefeierten Star aus Russland begann am 10. Januar, als er mit einer Lungenentzündung auf der Intensivstation eingeliefert wurde. Weil sich sein Zustand von Stunde zu Stunde verschlechterte, musste er ins künstliche Koma versetzt und an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden. Keine Behandlung half. Kein Medikament schlug an.

So entschieden sich die Ärzte für die Amputation der Füße: Durch die Durchblutungsstörungen wurden sie nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Durch das langsame Absterben bestand die Gefahr einer Blutvergiftung, die sich dann trotz der Amputation ausgebreitet haben soll.

Ehefrau von Kostomarow gibt die Hoffnung nicht auf

Kostomarows Ehefrau Oksana Domnina, Eistanz-Weltmeisterin von 2009, hat die Hoffnung nicht aufgegeben. „Selbst im gruseligsten Traum hätten wir uns nicht vorstellen können, dass es zu einer solchen Wende in unserem Leben kommen könnte. Aber jetzt ist es so, und wir werden alles überwinden“, schrieb die 38-Jährige in den sozialen Netzwerken zum 46. Geburtstag ihres Ehemanns am 8. Februar. Ihr Mann verfüge über eine große Energie und einen großen Willen. Und den Wunsch, seine zwölf Jahre alte Tochter wiederzusehen.

Er gewann alles, was es zu gewinnen gab: Roman Kostomarow, Olympiasieger, Europameister und Gewinner zig Grand-Prix-Titel.
Er gewann alles, was es zu gewinnen gab: Roman Kostomarow, Olympiasieger, Europameister und Gewinner zig Grand-Prix-Titel. © picture alliance / Peter Kovalev/TASS/dpa | Peter Kovalev

Das passierte nach der Corona-Infektion im Körper des Top-Athleten

Begonnen hatte alles mit einer zunächst üblich verlaufenden Corona-Infektion, die dann allerdings die Lunge angriff und dort regelrecht wütete. Der Organismus kollabierte durch den Befall mit dem Coronavirus in einer kaum gekannten Rasanz: massive Durchblutungsstörungen, Wundbrand, absterbendes Gewebe. Hinzu kamen mehrere Hirnblutungen, eine Hirnschwellung, eine Meningitis und Schlaganfälle.

Für die Ärzte besteht kaum noch Hoffnung. „Die Amputation war der Anfang vom Ende“, sagte eine behandelnde Ärztin dem russischen Portal „woman.ru“. „Er hatte einen kompletten Ausfall aller Systeme. Leider findet jetzt ein natürlicher Prozess statt. Der Körper stirbt langsam ab.“

Warum sich russische Ärzte massive Vorwürfe gefallen lassen müssen

Niemand habe daran gezweifelt, dass die Ärzte schnell mit einer langwierigen Erkältung fertig werden würden, heißt es weiter auf „woman.ru“. Ihm hätten „alle Ressourcen zur Verfügung“ gestanden: die besten Ärzte der Hauptstadt. Auch hätten deutsche Ärzte sofort ihre Hilfe angeboten.

Dann aber hätte Kostomarow doch in Kommunarka bei Moskau bleiben müssen, während die deutschen Spezialisten Behandlungsprotokolle mit ihren russischen Kollegen besprachen.

Professor der Moskauer Medizinischen Akademie reagiert verärgert

Pavel Vorobyov, Professor an der Moskauer Medizinischen Akademie, wehrt in Interviews Vorwürfe ab, dass der berühmte Patient in Deutschland hätte besser behandelt werden können. Die Ärzte in Moskau seien nicht schlechter als die in Deutschland. Zudem sei Kostomarow in einem Zustand gewesen, in dem er nicht hätte verlegt werden können, so Vorobyov.

Die möglichen Folgen einer Corona-Infektion geben Forschern immer noch Rätsel auf. Laut der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) heißt es, dass Schätzungen zufolge etwa zehn Prozent mit Symptomen wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Gedächtnisproblemen, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und -schmerzen zu kämpfen haben.

Neues Syndrom bei Corona hat bereits zu Todesfällen geführt

Es gibt zudem Untersuchungen, die ein neues Syndrom nachwiesen: Wochen, nachdem Kinder oder Jugendliche Corona hinter sich haben, wurden Spätfolgen, so genanntes Long Covid, mit heftigen Entzündungsreaktionen durch ein fehlgeleitetes Immunsystem beobachtet. In den USA, so heißt es, sei es dadurch bereits zu Todesfällen gekommen.

In Gebeten hoffen Kostomarows Fans auf ein Wunder. Als Top-Athlet ist er unvergessen. Er steht aber auch immer noch im Fokus, weil er seine Titel an der Seite von Tatjana Nawka (47) errang: Sie ist seit 2015 mit Russlands Regierungssprecher Dimitri Peskow verheiratet.