Berlin. Die Zahl der Opfer des Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet steigt immer weiter. Experten befürchten über 100.000 Tote. Feriengebiete sind von der jüngsten Erdbebenserie zwar nicht direkt betroffen. Aber auch der touristisch erschlossene Westen und Süden der Türkei wird häufig von Erdbeben erschüttert – wie viele Urlaubsländer am Mittelmeer.
Als vor einer Woche zwei schwere Erdbeben die Südosttürkei erschütterten, waren die Schockwellen auch im 500 Kilometer Luftlinie entfernten Antalya zu spüren. Schäden gab es nicht, aber wie fast die ganze Türkei ist die Region um die Touristenhochburg erdbebengefährdet.
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Mehr noch gilt das für die Feriengebiete an der türkischen Ägäisküste. Hier reibt sich die Anatolische Platte an der Ägäischen Mikroplatte. In Urlaubsorten wie Fethiye, Bodrum und Kusadasi bebt es häufig. Größere Katastrophen gab es dort aber in den letzten Jahrzehnten nicht. Als Kandidat für ein verheerendes Erdbeben gilt allerdings die Bosporusmetropole Istanbul. Fachleute befürchten bis zu 100.000 Todesopfer.
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Erdbebenrisiko im Urlaub: Gefahr auch in Griechenland
Auch die griechischen Inseln der östlichen Ägäis, wie Lesbos, Samos, Kos und Rhodos werden häufig von Erdstößen erschüttert, ebenso die Inseln im Ionischen Meer. Wie die Türkei, gehört Griechenland zu den seismisch aktivsten Ländern am Mittelmeer.
Auch Athen und Thessaloniki sind bebengefährdet. Im September 1999 starben bei einem Beben der Stärke 6,0 in Athen 143 Menschen. Die Opferzahlen waren in Griechenland relativ niedrig, weil Anfang der 1980er Jahre die Bauvorschriften verschärft wurden.
Urlaubsdomizil Kreta gilt als Erdbeben-Hotspot in Europa
Als ein Erdbeben-Hotspot gilt die Insel Kreta. Sie liegt im Zentrum des seismisch besonders aktiven Ägäischen Inselbogens. In dieser Region ereignet sich alle 600 bis 800 Jahre ein Mega-Beben der Größenordnung von 8,5 Richter, erklärt der Katastrophenforscher Kostas Synolakis.
Das letzte große Beben, 1303 erreichte geschätzt 8,0 Grad auf der Richterskala. Synolakis sagt, dass sich Kreta bereits innerhalb des Zeitfensters für das nächste Mega-Beben befindet. Griechenland hat gegenüber der Türkei jedoch einen Vorteil: Viele Bruchzonen verlaufen unter dem Meer. „Dadurch wird ein Großteil der Bebenenergie vom Wasser absorbiert“, erklärt Akis Tselentis, der Direktor des Geodynamischen Instituts Athen. Damit steigt allerdings die Gefahr von Tsunamis.
Große Gebäudeschäden in Urlaubsland Italien
Auch Italien liegt im Spannungsfeld der Afrikanischen und der Eurasischen Platte. Besonders groß ist die Erdbebengefahr in den Ostalpen, am Apennin, an der Stiefelspitze und auf der Insel Sizilien.
1908 starben bei einem Beben der geschätzten Stärke 7,0 in Kalabrien fast 80.000 Menschen. 2009 und 2016 gab es bei zwei Beben in den Abruzzen und in Latium jeweils rund 300 Tote. Das Beben in Latium gehört zu einer Erdbebenserie, die seit 2016 anhält. Beben in Italien sind oft folgenschwer. Der Hauptgrund ist die alte Bausubstanz. Rund 70 Prozent aller Gebäude sind nicht erdbebensicher.
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Die Katastrophe von Agadir
Gefahr droht auch in Nordafrika. Hier schiebt sich die Afrikanische Platte mit etwa vier Zentimetern pro Jahr unter die Eurasische. Diese Kollision findet an den Küsten Tunesiens, Algeriens und Marokkos statt. Die Folge sind schwere Erdbeben.
Zu den Katastrophen in jüngerer Zeit gehört das Beben, das sich am 1960 bei Agadir an der marokkanischen Atlantikküste ereignete. Es zerstörte die damalige Stadt fast völlig. 15.000 Menschen kamen ums Leben, ein Drittel der Einwohner.
Hunderttausende Tote in Lissabon
Die iberische Halbinsel mit Spanien und Portugal liegt an der Bruchzone der Afrikanischen und Eurasischen Platte und gehört zu den seismisch aktivsten Gegenden Europas. Die schwersten Beben in Spanien liegen allerdings schon mehrere Jahrhunderte zurück.
Das letzte heftige Beben ereignete sich 2011 bei den Städten Lorca und Murcia. Neun Menschen starben, 300 wurden verletzt. Die verheerendste Katastrophe ereignete sich 1755. Das Epizentrum des Bebens, mit einer geschätzten Stärke von 8,5 bis 9,0, lag im Meer vor Lissabon. Es verwüstete das Stadtzentrum und löste einen Tsunami aus. Etwa ein Drittel der damals 275.000 Einwohner des Großraums Lissabon kam ums Leben.
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