Berlin. Das Erdbeben in der Türkei und Syrien kostete Tausenden Menschen das Leben. Ein Geophysiker erklärt, wie es zu solchen Beben kommt.

Wie aus dem Nichts bebte in der Nacht von Sonntag auf Montag im Südosten der Türkei und Teilen Syriens die Erde – dicht gefolgt von heftigen Nachbeben am Mittag. Die Folgen auf der Erdoberfläche waren schnell ersichtlich. Doch wie wird eine solche Erschütterung ausgelöst?

Ursächlich für solche Erdbeben sind tektonische Platten, die die oberste Erdschicht bilden. „Wir haben vierzehn große tektonische Platten auf der Erde, die sich wie Briefmarken auf einer Tenniskugel relativ zueinander bewegen“, sagt Professor Oliver Heidbach vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam.

Diese Platten bestehen aus erkalteter Lava und bilden die oberen zwanzig bis hundert Kilometer der Erdschicht. „Nach unten hin nimmt die Temperatur immer weiter zu, bis sie ungefähr 1.200 Grad erreicht. Dann fängt das Gestein an, sich teilweise zu verflüssigen“, erklärt der Experte für seismische Gefährdung. So entstehe ein Film, auf dem die Platten schwimmen.

Oliver Heidbach ist Professor am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam.
Oliver Heidbach ist Professor am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. © Privat | Privat

Erdbeben: Seismische Wellen können für verheerende Wirkung sorgen

Treffen die Ränder der auf dem Lava-Bett schwimmenden Platten aufeinander, entsteht Spannung: „Das ist als würde man zwei Holzstücke nehmen, die solange gegeneinander drücken, bis sich das Holzstück plötzlich relativ zueinander verschiebt; dann entsteht ein Erdbeben“, veranschaulicht Heidbach. Drei verschiedene Szenarien gibt es, wie sich die Plattenränder zueinander verhalten: Entweder verschieben sie sich seitlich, die eine Platte taucht unter die andere ab oder zwei Platten kollidieren.

Ist ein Erdbeben einmal entstanden, erzeugt ein Teil der Energie seismische Wellen, die für die verheerende Wirkung von Erdbeben verantwortlich sind. „Seismische Wellen, das ist als würde ich einen Stein ins Wasser werfen und dann bilden sich mit einer bestimmten Amplitude und Frequenz Wellen“, so Heidbach. Diese Oberflächenwellen bringe dann Gebäude zum Schwingen und letztlich zum Einsturz.

Damit ist es meistens nicht genug. So auch im Falle der Türkei, als die Region am Mittag von einem erneuten Beben erschüttert wurde. Wie in einem Ping-Pong-System baue sich Spannung auf ein Nachbarsystem auf, das dann getriggert wird. „Deswegen gibt es die hohe Anzahl der Nachbeben bis das System wieder einen Gleichgewichtszustand erreicht“, erklärt Heidbach.

Diese Regionen sind besonders gefährdet

Doch die Türkei ist nicht das einzige Gebiet, in dem Erbeben dieser Größenordnung vorkommen. Gerade in sogenannten Subduktionszonen, wo sich eine Platte unter die andere schiebt, entstehen die größten Schäden. „Deswegen hatte das Fukushima-Beben 2011 in Japan eben eine sehr hohe Magnitude von 9,2“, sagt Heidbach.

Nach Angaben des Experten liegen die größten Erdbeben-Hotspots an der Westküste Südamerikas, in Indonesien und Japan, wo in den letzten zwanzig Jahren die drei größten Erdbeben mit den größten Schäden stattgefunden hätten. Rekordhalter sei zwar 1964 Alaska mit einer Magnitude von 9,2 gewesen, doch die Schäden waren gering. „Hier war der Klassiker: riesengroßes Beben und keiner hat es gemerkt“, so Heidbach.

Da Deutschland abseits von Plattengrenzen liegt, sei hier die Wahrscheinlichkeit für schwere Erdbeben gering. Zuletzt im Jahr 1911 wurde eine Magnitude von 5,8 gemessen. „Diese Beben kommen in Deutschland und Umgebung nur alle 1000 Jahre vor“, so Heidbach.

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