Berlin. Nach zwei Jahren Pause fand der Bundespresseball im Berliner Hotel Adlon wieder statt – und stand ganz im Zeichen des Ukraine-Kriegs.

Das Berliner Gesellschaftsleben ist zurück. Zumindest hatte es den Anschein, wenn man am Freitagabend einen Blick auf den Pariser Platz vor dem Hotel Adlon warf. In Berlins luxuriösester Adresse kamen rund 1800 geladene Gäste aus Medien, Wirtschaft und Politik zum 69. Bundespresseball zusammen – zum ersten Mal nach zwei Jahren, in denen der Ball Corona-bedingt ausgesetzt wurde. Doch so richtig wollte die feierliche Stimmung in den prunkvollen Sälen des Prestigehotels nicht aufkommen. Dafür war der Krieg in der Ukraine zu präsent.

Der Krieg war wohl auch der Grund für die vielen Absagen im Vorfeld des Balls. Nicht nur Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender erschienen nicht, auch von vielen Ministerinnen und Ministern gab es Absagen – etwa von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte ebenfalls kurzfristig ab. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der erst am Freitag von einer Reise nach Japan zurückkehrte, nahm nicht teil und stellt sich damit ganz in die Tradition seiner Vorgängerin. Angela Merkel war dem Bundespresseball in all den Jahren ebenso ferngeblieben.

Bundespresseball sammelt spenden für "Reporter ohne Grenzen"

Anwesend war hingegen die Regierende Bürgermeisterin von Berlin Franziska Giffey (SPD) – jedoch als einzige Chefin eines Bundeslandes. Auf dem türkisfarbenen Teppich erschienen außerdem unter anderem Bundestagsvize-Präsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Claudia Roth (Grüne), CDU-Vorsitzender Friedrich Merz sowie Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. "Das wird heute keine ausgelassene Party sein und das sollte es auch aus meiner Sicht nicht sein", sagte sie bei ihrer Ankunft. Es sei nicht möglich, eine Normalität zu fingieren, die es gerade nicht gebe. "Deshalb finde ich es gut, dass man sich entschieden hat, das heute als einen anderen Ball zu beschreiten, nämlich als ein politisches Signal in der Solidarität mit der Ukraine."

Grünen-Chefin Richarda Lang und ihr Partner Florian Wilsch.
Grünen-Chefin Richarda Lang und ihr Partner Florian Wilsch. © Monika Skolimowska/dpa

Der Ball, der ursprünglich einmal unter dem Motto "Horizonte" stehen sollte, wurde angesichts der aktuellen Situation kurzfristig in einen "Solidaritätsball" mit der Ukraine umgewandelt. Während des gesamten Abends konnten die Gäste in bar oder per Internetüberweisung Geld für "Reporter ohne Grenzen" spenden. Die Organisation hat Hilfsprojekte für Journalisten gestartet, die sich noch in der Ukraine befinden oder aber geflüchtet sind und setzt sich außerdem für eine unabhängige Presse-Berichterstattung in Russland ein.

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Ukrainischer Botschafter Melnyk dankte Journalisten

Einer der wichtigsten Gäste des Abends war daher auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk. In seiner Rede zu Beginn des Dinners im Palaissaal geißelte er den "barbarischen Krieg mitten in Europa" und dankte Journalisten, die diesen Krieg "beleuchten und die Öffentlichkeit damit konfrontieren". Kritik übte Melnyk hingegen an Politikerinnen und Politikern, die beim Presseball "durch Abwesenheit" glänzten, um "kritischen Fragen zu entgehen".

Auch Natalia Klitschko, die Ehefrau von Vitali Klitschko, dem früheren Profi-Boxer und aktuellen Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, war ins Hotel Adlon gekommen – in Feierlaune war sie allerdings nicht. "Ich bin nicht zum Feiern gekommen, sondern um ein Zeichen zu setzen und als Ukrainerin meine Stimme für die Ukraine und die Menschen, die dort sind und für uns alle kämpfen, zu erheben", sagte sie.

Natalia Klitschko, Sängerin und Frau des Bürgermeisters von Kiew.
Natalia Klitschko, Sängerin und Frau des Bürgermeisters von Kiew. © Monika Skolimowska/dpa

Hotel Adlon erstrahlt in Nationalfarben der Ukraine

Einer der emotionalsten Momente des Abends war sicherlich die Rede von Nataliia Fiebrig, einer Korrespondentin des ukrainischen Fernsehsenders "1 + 1", die mit den Tränen kämpfte, als sie vom Tod einer Kollegin erzählte. Im Anschluss daran trat die Künstlerin Alla Denisova aus Odessa auf, die den Ballsaal mit beeindruckenden Sandmalereien über den Krieg bewegte.

Getanzt wurde am Abend dann allerdings trotzdem: Da der Bundespräsident und seine Frau, die traditionsgemäß für den Eröffnungstanz des Balls zuständig sind, nicht anwesend waren, wurde der Eröffnungswalzer von zwei ukrainisch-deutschen Profitanzpaaren übernommen. Bis in den späten Abend hinein blieb der Krieg in der Ukraine präsent. Als es dunkel wurde, erleuchtete das Adlon in blau-gelb, den Nationalfarben der Ukraine. Am Ausgang erhielten alle Gäste ein traditionelles ukrainisches Brot, gebacken von einer Gruppe ukrainischer Frauen in Berlin.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.