Berlin. Die Omikron-Welle bricht – doch in einigen Bundesländern steht der Höhepunkt noch aus. Die Krankenhäuser geben noch keine Entwarnung.

Die Zeichen mehren sich, dass die fünfte Welle der Corona-Pandemie in Deutschland in diesen Tagen bricht. Am Dienstag verzeichnete das Robert Koch-Institut (RKI) eine Sieben-Tage-Inzidenz von 1437,5 und damit den dritten Rückgang des Referenzwerts in Folge. "Der Höhepunkt der Omikron-Welle ist überschritten – ziemlich genau an dem Tag, den ich vor einem Monat vorausgesagt hatte", sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) der "Bild".

Lauterbach: Bisherigen Maßnahmen hätten "genau gesessen"

Er sieht deshalb nun Raum für "maßvolle Lockerungen". Die bisherigen Maßnahmen hätten "genau gesessen", sagte Lauterbach. "Damit konnten wir die Zahl der Sterbefälle deutlich reduzieren und sind im Vergleich zu anderen Ländern wirklich gut durch diese Omikron-Welle gekommen. Man sollte anerkennen: Da hat etwas geklappt." Ist der schlimmste Teil der Omikron-Welle nun also Vergangenheit?

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Noch ist die Datenlage unsicher, Experten und Expertinnen gehen nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer aus, weil das Test- und Meldesystem überlastet ist und viele Menschen positive Schnelltestergebnisse nicht mehr über einen PCR-Test bestätigen lassen.

Spitze der Omikron-Welle sei nicht überall erreicht

Doch auch in den Laboren sieht man Anzeichen für eine erste Entspannung: In der Woche bis Sonntag seien erstmals seit Jahresbeginn sowohl die Anzahl der durchgeführten Tests als auch die sogenannte Positivrate rückläufig gewesen, teilte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) am Dienstag mit.

"Der leichte Rückgang an Testaufkommen stimmt uns zwar als erster Hinweis auf ein rückläufiges Infektionsgeschehen positiv, aber noch besteht aus Sicht der Labore weiterhin Anlass zur Vorsicht und Umsicht", sagte Nina Beikert, Mitglied im ALM-Vorstand. "Die Spitze der Omikron-Welle ist in einigen Bundesländern noch immer nicht erreicht."

Omikron: Krankenhäuser noch nicht entspannt

Tatsächlich ist die Lage in den Ländern sehr unterschiedlich: Bundesländer wie Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein, die früh von der Omikron-Welle erfasst wurden, verzeichnen jetzt fallende Zahlen. Doch vor allem ostdeutsche Flächenländer, wo die Virusvariante später ankam, haben den Höhepunkt der Welle noch vor sich. In Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen scheint das Plateau noch nicht erreicht zu sein.

Und auch in den Krankenhäusern ist von Entspannung bislang wenig zu merken. Bei den Hospitalisierungen werde der Scheitelpunkt der Welle mit Verzug ankommen, sagte Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, unserer Redaktion. "Wir müssen noch mit zwei bis drei Wochen rechnen, bis wir die Maximalbelegung von Covid-19-Positiven in Krankenhäusern haben."

Die Auslastung der Intensivstationen werde aber trotzdem unter den Höchstständen der bisherigen Wellen bleiben, sagte Gaß. Der kleinere Anteil der intensivpflichtigen Fälle bei Omikron in Kombination mit der niedrigeren Hospitalisierungsrate insgesamt führe dazu, "dass in der Spitze nicht mehr als 3000 Intensivpatienten zu befürchten sein dürften". Auf dem Höhepunkt der Delta-Welle lag dieser Wert bei etwa 4900.

Patientenschützer beklagen schlechtes Monitoring

Voraussetzung für diese Entwicklung ist laut dem DKG-Chef aber, dass die Zahlen jetzt nicht in der Gruppe der Ungeimpften über 60 stark steigen. Laut RKI war allerdings vor allem in der Altersgruppe über 80 die Inzidenz stark angestiegen, während sie unter Kindern und Jugendlichen zurückging.

Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, beklagte, dass Bund und Länder zwar ein besseres Monitoring der Corona-Situation anstreben, Details aber schuldig blieben. In der Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz bitten Bund und Länder die Gesundheitsminister, dafür zu sorgen, dass für die Erfassung der Krankheitslast relevante Parameter "altersabhängig, tagaktuell und mit guter Qualität erfasst und digital übermittelt werden können".

Konkrete Vorgaben würden aber fehlen, kritisierte Brysch – etwa, was "gute Qualität" genau meint, und auch die Unterscheidung, ob Patienten mit oder wegen des Virus aufgenommen werden. Nicht erfasst würden auch Pflegeeinrichtungen, "obwohl hier die meisten Opfer zu zählen sind", sagte Brysch unserer Redaktion. Ein Großteil der Krankheitslast bleibe daher weiter im Dunkeln.