Berlin. Europa sieht einem halbwegs normalen Sommer entgegen. In anderen Ländern grassiert das Virus. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei.

In Europa scheint die Corona-Pandemie halbwegs überstanden. Die Impfkampagnen laufen auf Hochtouren, die Fallzahlen sinken, ein guter Sommer steht in Aussicht. Ein Blick in andere Teile der Welt aber zeigt, dass Sars-CoV-2 noch lange nicht ausgestanden ist. Eher im Gegenteil.

Corona in Vietnam: Schwerste Welle

Da wäre etwa der heimliche Covid-Klassenprimus Vietnam. Das Land hatte lange Zeit Erfolge im Kampf gegen das Virus gefeiert, wenige Staaten auf der Welt verzeichnen so wenige Corona-Erkrankungen: Knapp 7500 waren es bisher, bei 96 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Gut 3000 Erkrankungen ereigneten sich allerdings seit Ende April – Vietnam kämpft mit seiner bislang schwersten Welle, 47 Menschen starben bereits.

Der Flughafen der Hauptstadt Hanoi musste vorübergehend die internationalen Einreisen einstellen, nur Abflüge ins Ausland werden abgewickelt. Der Airport von Ho-Chi-Minh-Stadt unterliegt bereits seit vergangener Woche den gleichen Regeln. In der Millionenmetropole werden nun Massentests durchgeführt, 100.000 Menschen pro Tag sollen auf eine Infektion überprüft werden.

In Vietnam ist offiziellen Angaben zufolge eine neue Virus-Variante entdeckt worden. Der Gesundheitsminister des kommunistisch regierten Landes, Nguyen Thanh Long, sagte nach Berichten von staatlichen Medien, die neue Variante weise sowohl Eigenschaften der bisher bekannten britischen Form als auch der indischen Form auf. Sie sei sehr leicht übertragbar, vor allem über die Luft.

Corona: Neue Virusvariante in Vietnam

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    Malaysia und Corona: Düstere Zeiten im Anmarsch

    Vietnams kartografischer Nachbar Malaysia sieht nach ähnlich gutem Start nun ähnlich düsteren Zeiten entgegen. Das Land kämpft seit Wochen gegen seine bisher schwerste Corona-Welle – ohne Erfolg.

    Ab dem 1. Juni gehen 32 Millionen Menschen im Land nun in einen zunächst zweiwöchigen “totalen Lockdown”, um Kontrolle über die Situation zu bekommen, wie Ministerpräsident Muhyiddin Yassin am Freitag ankündigte. Er forderte die Bevölkerung auf, in dieser Zeit soweit wie möglich zu Hause zu bleiben. Alle “nicht-wesentlichen” Unternehmen und Geschäfte müssten schließen.

    Seit Tagen melden die Behörden des südostasiatischen Landes Rekordwerte an Neuinfektionen. Im Mai zählten sie 163.644 neue Infektionen und 1290 Tote. Weniger als vier Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft. Wie Vietnam war Malaysia zunächst glimpflich durch die Pandemie gekommen. Seit Oktober steigen die Zahlen jedoch.

    Virus in Japan: Olympische Sturheit

    Einigermaßen bizarr ist die Situation in Japan. Das Land mit seinen 126 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern trägt in diesem Jahr die Olympischen Spiele aus – während sich das Coronavirus im Land weiter verbreitet. 24.520 Menschen erkrankten alleine in der letzten Woche, wie aus den Daten der Johns Hopkins Universität hervorgeht. Dem stehen nicht mal drei Prozent vollständig Geimpfte entgegen; knapp 3,5 Millionen Impfdosen hat Japan bisher verspritzt.

    Japans Regierung aber, allen voran Ministerpräsident Yoshihide Suga, hält an den Spielen fest. Noch im Januar hatte der erklärt, die Spiele würden als Beweis dienen, “dass die Menschheit das Coronavirus besiegt hat”. Im gleichen Monat erfasste das Land 154.355 neue Fälle und stellte damit seinen persönlichen Rekord auf.

    Ein Mann protestiert in Tokyo gegen die Olympischen Spiele.
    Ein Mann protestiert in Tokyo gegen die Olympischen Spiele. © AP/dpa | Koji Sasahara

    Für Tokyo – Austragungsort der Spiele 2021 – verlängerte Suga den Corona-Notstand unlängst bis zum 20. Juni, beteuerte am Dienstag aber, die Spiele hätten keine Priorität. Es gelte vielmehr, “das Leben und die Gesundheit der Menschen zu schützen”. So wird er in japanischen Medien zitiert.

    Die Japanerinnen und Japaner wünschen sich unterdessen eine erneute Verschiebung der Olympiade: Mehr als 80 Prozent gaben in Umfragen an, die Spiele sollten dieses Jahr nicht stattfinden.

    Corona in Russland: Impfmüdigkeit macht sich breit

    In Russland steigen aktuell die Infektionszahlen wieder. Das Land hatte mit Sputnik V den ersten Impfstoff weltweit – die Impfkampagne aber lahmt gerade. Elf Prozent der Bevölkerung sind ein erstes Mal geimpft, etwa zehn Prozent sind es laut dem staatlichen Gamaleja-Institut vollständig. Knapp acht zählt die Johns Hopkins Universität.

    In Russland gelten derzeit kaum Einschränkungen, gleichzeitig scheint die Bevölkerung impfmüde. Vor allem in Moskau, wo Bürgermeister Sergej Sobjanin unlängst deutlich wurde und schimpfte, obwohl genügend Impfstoff für die kostenlose Impfkampagne vorhanden sei, läge der Prozentsatz an Geimpften unter dem jeder anderen europäischen Stadt.

    Dafür gibt es in anderen Regionen Russlands offenbar überhaupt kein Vakzin, wie die ARD berichtete. Offizielle Zahlen gebe es nicht, dafür liege die Sputnik-V-Produktion weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück: 33 Millionen Dosen wurden hergestellt – eine Milliarde hätten es sein sollen.

    Argentinien und Corona: Copa América fällt aus

    Und es sind längst nicht nur asiatische Staaten, in denen das Virus in seinen Varianten wieder auf dem Vormarsch scheint. Mal abgesehen von Großbritannien, das Experten seit neuestem am Beginn einer dritten Welle fürchten, kämpft auch Südamerika weiter gegen die Ausbreitung.

    Über Argentinien etwa rollt die zweite Welle derart heftig hinweg, dass das Land nun nicht mehr die Copa América ausrichten kann. Zuvor hatte Kolumbien die Ausrichtung absagen müssen. "In Anbetracht der derzeitigen Umstände hat die Conmebol beschlossen, die Organisation der Copa America in Argentinien abzusagen", schrieb der südamerikanische Fußball-Verband Conmebol auf Twitter.

    Die derzeitigen Umstände im Land bestehen laut Johns Hopkins Universität unterdessen aus über 800.000 Neuinfektionen und 14.000 Toten allein im Mai, bei knapp sechs Prozent vollständig Geimpften. Die harren zusammen mit ihren Mitbürgerinnen und -bürgern in einem harten Lockdown aus.

    Corona in Brasilien: Fußballmeisterschaft im Hotspot

    Nun soll die traditionsreiche Kontinental-Meisterschaft in Brasilien stattfinden. Die Entscheidung sorgte im Virusvariantengebiet prompt für Kritik. "Es ist nicht die richtige Zeit dafür, wenn das Land gerade vor der dritten Corona-Welle steht", sagte die Rektorin der medizinischen Fakultät an der Universität von Porto Alegre, Lucia Pellanda, dem Nachrichtenportal G1.

    Protest in Brasilien gegen die Corona-Politik der Regierung Bolsonaro.
    Protest in Brasilien gegen die Corona-Politik der Regierung Bolsonaro. © dpa | Fernando Souza

    Die Epidemiologin Ethel Maciel von der staatlichen Universität in Espírito Santo warnte: "Wir werden mehr Menschen einem Risiko aussetzen. Die brasilianische Regierung macht erneut einen Fehler und gibt dem Rest der Welt ein schlechtes Beispiel."

    Brasilien bleibt weiterhin ein Brennpunkt der Corona-Pandemie: Bislang haben sich im größten Land Südamerikas mehr als 16,5 Millionen Menschen nachweislich infiziert, über 460.000 Menschen sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.

    Afrika und das Virus: Pandemie macht Menschen wieder arm

    Als die Pandemie im März 2020 über den Globus schwappte, galten viele Sorgen dem afrikanischen Kontinent. Zu dem Zeitpunkt zählte Afrika insgesamt 47 Infektionen – inzwischen sind es über eine Millionen Mal so viele: 4,8 Millionen Fälle verzeichnet das Covid-19-Dashboard der Afrikanischen Behörde für Krankheitsbekämpfung (Africa CDC) aktuell, 130.814 Todesfälle und knapp 4,4 Millionen Genesungen. Das Virus hat Afrika scheinbar längst nicht so schwer getroffen, wie befürchtet.

    Das gilt allerdings nur nach den üblichen Maßstäben, in denen der Kampf gegen Covid-19 gemessen wird. Schon ein Blick auf die Wirtschaft des Kontinents zeigt hingegen, dass dieser noch lange mit den Folgen der Pandemie kämpfen wird. Die Wohltätigkeitsorganisation Oxfam etwa fürchtet, dass die Pandemie in manchen Regionen Afrikas den Kampf gegen Armut um 30 Jahre zurückgeworfen hat.

    Anja Osterhaus, Programmleiterin für Oxfam Deutschland, sagte der "Deutschen Welle" im März dazu: "Ein Einkommensrückgang der Haushalte um 20 Prozent würde dazu führen, dass weltweit über 400 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag rutschen." Ein viertel davon lebten in Afrika, südlich der Sahara. (mit dpa)

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