Fünf Frauen schildern ihre Erfahrungen mit dem Wettermoderator. Ein Mann voller Widersprüche: Von “charmant“ bis “unverfroren“ ist alles dabei.

Hamburg. Kennen Sie jemanden, auf den diese Sätze zutreffen könnten: "Er mag keine Menschen, hat ständig über alle gelästert." "Er hat einen schrägen Humor." "Er ist nicht kritikfähig." "Er hat einem ständig etwas in Aussicht gestellt, aber wenn man nachgefragt hat, kam nichts." "Er ist der Maßstab aller Dinge. Und er straft mit Liebesentzug."? Ihren Chef vielleicht? Schlimmer noch, Ihren Partner? Mit anderen Worten: Treffen diese Charakterisierungen auf viele Menschen zu - auch wenn die dadurch nicht unbedingt sympathisch erscheinen - oder sind sie einmalig?

"Ich bin der Chef und muss dir sagen, perfekt bist du nicht"

All diese Aussagen beschreiben Jörg Kachelmann, 52. 18 seiner Freundinnen und Kolleginnen hat das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" um eine persönliche Einschätzung ihres ehemaligen Partners gebeten. Nicht alle wollten etwas sagen. Viele aber doch. Und so erschien am Freitag eine lebensnahe, unsentimentale Charakterstudie des ehemaligen Wettermoderators, die sich ausschließlich aus Originalzitaten der Frauen zusammensetzt. Was lernen wir daraus? Dass Jörg Kachelmann nicht unbedingt ein einfacher Mensch ist, jemand, den man gern zum Freund hätte. Eher ein komischer Kauz als ein Frosch, den man ja gern mit einem Prinzen verwechselt. Aber auch, dass all diese Frauen sich ungeheuer viel haben bieten lassen und ungeheuer wenig von ihm zurückbekommen haben.

Er habe kluge, erfolgreiche Freundinnen gehabt, heißt es. "Frauen mit Hang zum Hausmütterchen hätten nicht akzeptiert, dass er so wenig Zeit hat." Ist es das, was die moderne, selbstständige Frau heute noch von einem Mann bekommt? Dass er sie betrügt, belügt, vertröstet, Sätze sagt wie: "Ich bin der Chef und muss dir sagen, perfekt bist du nicht."

Er werde "leicht sauer", sei "unverfroren" und ein "Rechthaber", aber eben auch "charmant", "intelligent" und wortgewaltig. Es gab jedoch auch eine andere Seite dieses Menschen: "Er hat mich auf Händen getragen." "Er wirkte wie ein großer Junge, das war faszinierend." Oder: "Wenn ich ein neues Parfüm hatte, hat er nicht nur gesagt: 'Du riechst gut', sondern gleich gewusst, dass das der neue Sommerduft von Calvin Klein war. So was wissen normalerweise ja nicht mal Frauen." Kachelmann, der Aufmerksame. Doch eine sagt: "Er kann keine Wörter aussprechen, bei denen es um Gefühle geht." Und dann wird es doch speziell: "Ich hatte nie einen Grund zu glauben, es gebe noch andere Frauen. Nur manchmal war da so ein Gefühl. Wenn er bei mir war, musste er angeblich im Computer Wetterdaten kontrollieren", sagt eine Freundin oder: "Oft musste er noch raus zum Auto. Angeblich, um was zu holen."

Seit Kachelmann im März dieses Jahres verhaftet, der Vergewaltigung angeklagt wurde und herauskam, dass er parallel mehr oder weniger ein Dutzend Freundinnen hatte, sind unzählige Artikel über ihn erschienen und nur selten kam darin jemand zu Wort, der ihn wirklich kannte. Das ist diesmal anders. "Seine Grundhaltung ist: Ihm wird ständig übel mitgespielt, alles Schlechte passiert nur ihm. Er hat immer manipuliert", sagt eine. Und eine andere weiß: "Ich kann mich nicht erinnern, dass er sich je für etwas entschuldigt hätte."

In dem Moment, wo man ihn vor Augen hat, wenn man Sätze liest wie "Er hat alles getan, um Mitleid zu erregen, ja, er konnte auf der Stelle weinen", belebt sich das Bild, das man ohnehin schon über den zotteligen Wettermann hatte. Vielleicht saßen deshalb seine Anzüge immer so schlecht. Oder lag es daran, dass er so unbehaust war? "Sein Auto sah irgendwann aus, als würde er darin leben: Papiere, Kleidung, McDonalds-Tüten", erinnert sich eine Kollegin. Mit der Organisation seines Privatlebens war Kachelmann offenbar an seine Grenze gekommen: "Er litt zunehmend an Schlaflosigkeit", wissen wir nun, "er war immer so fertig."

Am 6. September beginnt der Vergewaltigungsprozess

Jörg Kachelmann zählte bisher nicht zu der Riege der A-Prominenten, über die man Geheimnisse wissen wollte. Nirgendwo hätte ein Informant eine Party sprengen und sich mit der Bemerkung "Ich weiß was über Kachelmann" wichtig machen können. Inzwischen wissen wir vieles über Kachelmanns Intimleben. Sollte Jörg Kachelmann, dessen Prozess am 6. September beginnt, einen astreinen Freispruch bekommen, hat er unfreiwillig einen Sprung auf der Karriereleiter genommen. Er ist vom C-Promi zum A-Promi geworden. Ganz allein durch die Menge an Klatsch, die über ihn verbreitet worden ist.