Top-Mafia-Boss Antonio Pelle täuschte offenbar eine Magersucht vor, um statt ins Gefängnis ins Krankenhaus zu kommen. Von dort floh er nun.

Locri. Der mutmaßliche Drahtzieher der Mafia-Morde von Duisburg ist offenbar aus der Haft geflohen. Antonio Pelle habe sich am Mittwoch aus einem Krankenhaus in der süditalienischen Region Kalabrien abgesetzt, meldete die Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstag. Die Haftstrafe des Mafia-Paten war wegen seiner Magersucht in Hausarrest umgewandelt worden. Vor wenigen Tagen war er in das Krankenhaus verlegt worden.

Pelles Clan war in eine Familienfehde verwickelt, bei der im August 2007 sechs Menschen vor einem Duisburger Restaurant erschossen worden waren.

Pelle, 49 Jahre alter Chef der kalabrischen 'Nrangheta, entkam laut Ansa aus dem Hospital von Locri, in das er vor fünf Tagen mit einem Notarztwagen gebracht worden war. Seit einem Jahr saß er seine Haftstrafe wegen einer angeblichen Magersucht im Hausarrest ab. Die Ermittler glauben nun, der auch "La Mamma“ genannt Pelle habe die Krankheit mit Schlankmachern vorgetäuscht. Eine Überdosis der gefährlichen Pillen habe ihn dann ins Krankenhaus gebracht.

Abgehörte Telefongespräche aus seiner Zeit im Gefängnis legten den Verdacht nahe, dass der gefährliche Mafia-Boss einen schlechten Gesundheitszustand nur simulierte, um der Haft zu entkommen, sagte der kalabrische Anti-Mafia-Staatsanwalt Nicola Gratteri am Donnerstag. Er habe dann offensichtlich für Simulation der Magersucht zu viel von einem Schlankheitsmittel genommen, was zu seinem Notfall geführt habe, erläuterte der Staatsanwalt.

Pelle muss eine 13-jährige Haftstrafe absitzen und gilt als der Kopf des gleichnamigen Clans in San Luca. Die beiden Familienclans Pelle-Vottari und Nirta-Strangio waren an einer jahrelangen alten Blutfehde der süditalienischen 'Ndrangheta beteiligt, die im August vor vier Jahren in dem sechsfachen Mafia-Mord von Duisburg gipfelte.

Ob der Mafioso im Krankenhaus Helfer hatte oder Unterstützung von außen für seine Flucht erhielt, wird noch ermittelt. Er wurde dort nicht ständig streng bewacht. Man entdeckte seine Flucht erst bei einer Kontrolle. Gerichte hatten ihm wegen seiner angeschlagenen Gesundheit im Jahr 2010 zugestanden, die weitere Haftstrafe wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Mafia-Organisation im Hausarrest abzusitzen. Wohin Pelle floh, ist unbekannt. (dpa/dapd)