Duisburgs OB Sauerland entschuldigt sich für die Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten. Zugleich stellt er sich schützend vor seine Verwaltung.

Duisburg. Knapp ein Jahr nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten hat der umstrittene Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) um Verzeihung gebeten. Sauerland stellte sich zugleich vor die Rathaus-Mitarbeiter, die die Veranstaltung genehmigt hatten. „Es gilt die Unschuldsvermutung“, sagte er am Montag in einer Erklärung vor dem Duisburger Stadtrat. Das Stadtparlament beschloss einstimmig die Abstimmung einer jährlichen Gedenkveranstaltung mit den Angehörigen der Opfer. „Als Oberbürgermeister dieser Stadt trage ich moralische Verantwortung für dieses Ereignis“, sagte Sauerland zu Beginn der Ratssitzung. „Es ist mir ein persönliches Bedürfnis, mich an dieser Stelle bei allen Hinterbliebenen und Geschädigten zu entschuldigen.“ Anschließend bat er um eine Gedenkminute.

Wie die „Rheinische Post“ über einen Vermerk der Staatsanwaltschaft Duisburg berichtete, hätte die Loveparade so nicht genehmigt werden dürfen. „Die Erteilung der Genehmigung erfolgte rechtswidrig“, heißt es in dem Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft an die vorgesetzten Behörden vom Januar dieses Jahres. Der zuständige Duisburger Staatsanwalt Rolf Haferkamp wollte sich zu den Inhalten des sogenannten „Einleitungsvermerkes Loveparade“ nicht näher äußern.

Der insgesamt 400 Seiten starke Vermerk ist vom Justizministerium als geheim eingestuft. Mit der Vertraulichkeit des Berichts sollten die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten und die Unbefangenheit der Schöffen bei einem möglichen späteren Verfahren garantiert werden, erklärte das Justizministerium. Vertretern der Landtagsfraktionen sei der Bericht im sogenannten Obleute-Verfahren zugänglich gemacht worden.

Sauerland unterstrich in seiner Erklärung, dass der Zwischenbericht keinen neuen Informationsstand, sondern die Erkenntnisse von Anfang Januar darstelle. Die Staatsanwaltschaft nehme damit auch keine gerichtliche Bewertung vorweg.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Als Beschuldigte gelten derzeit 16 Menschen, darunter elf städtische Mitarbeiter. Ihnen wird vorgeworfen, das Konzept des Veranstalters trotz Mängeln ohne die nötigen kritischen Prüfungen übernommen zu haben. Haferkamp sagte, zu den Beschuldigten zähle auch ein leitender Polizist wegen seines Verhaltens bei der Loveparade am 24. Juli 2010.

Für Hunderttausende Besucher hatte es nur einen einzigen Ein- und Ausgang gegeben, der obendrein durch einen engen Straßentunnel führte. Zu dem tödlichen Gedränge kam es, als zu- und wegströmende Menschen am Nachmittag an der Rampe zum Festgelände aufeinandertrafen. Kommunikationsprobleme und Unstimmigkeiten unter den Sicherheitskräften sollen hinzugekommen sein.

Die Ermittlungen würden wegen der enormen Mengen von Daten und mehr als 3000 Zeugen noch einige Monate in Anspruch nehmen, sagte Haferkamp. Bis zur Entscheidung über eine mögliche Anklageerhebung werde es daher noch dauern. Die Staatsanwaltschaft hatte zu Jahresbeginn auch Wohnungen und Büros von Beschuldigten durchsucht.

Neben den möglichen strafrechtlichen Konsequenzen drohen auch Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. Bis Ende Mai hatten bei der Versicherung des Loveparade-Veranstalters Lopavent bereits rund 290 Menschen Schadenersatz eingefordert. Die Versicherung Axa (Köln) und die Stadt Duisburg haben vereinbart, mit der Regulierung ungeachtet der Schuldfrage schon zu beginnen. Allein die Axa hat dazu zehn Millionen Euro Rückstellungen gebildet. Sobald die Schuldfrage klar ist, ist mit Regressforderungen der Versicherung und möglicherweise auch der Stadt zu rechnen.