Die Hochzeit von William und Kate in Westminster Abbey war ein Spektakel mit einer wunderschönen Braut und einem glücklichen Prinzen.

London. Ein Triumph aus Geschichte und Emotion, aus königlichem Format und bewegender Menschlichkeit entrollte sich gestern in London vor den Augen Hunderttausender Zuschauer sowie einer Milliarden zählenden globalen Fernsehgemeinde. Die Hochzeit des übernächsten britischen Königs mit seiner bürgerlichen Braut erfüllte alle Erwartungen, die man an dieses lang erwartete Schauspiel geknüpft hatte. Es war ein Bild von Jugend und Schönheit, von entspanntem Glück und ungetrübter Zuversicht.

Das Paar, das als Prinz William of Wales und Catherine Middleton Westminster Abbey betrat, um ihre Ehe durch den Erzbischof von Canterbury einsegnen zu lassen, verließ die Krönungskirche der britischen Monarchen als Herzog von Cambridge, Earl of Strathearn und Baron Carrickfergus - je ein englischer, schottischer und walisischer Titel - sowie Ihre Königliche Hoheit, die Herzogin von Cambridge. Diese Titel waren dem Prinzen und seiner Frau von der Queen als Geschenk zu ihrer Hochzeit verliehen worden. Es erinnerte an den 20. November 1947, als Philip Mountbatten, Leutnant der Marine, am Morgen seiner Hochzeit mit Prinzessin Elizabeth von König George VI. zum Herzog von Edinburgh erhoben wurde.

Zur Zeremonie in der Kathedrale waren die Beteiligten, das Hochzeitspaar und ihre beider Familien, noch in diversen Rolls-Royce verschiedener Baujahre gefahren. Das änderte sich nach Beendigung der kirchlichen Feier: Kutschen fuhren vor, offene Landauer für die Hochzeitsleute, die Brautjungfern und den Trauzeugen, Prinz Harry, sowie geschlossene Glaskarrossen für die Queen und ihren Mann und für Prinz Charles und seine Frau, die Herzogin von Cornwall. Jubel brandete mächtig auf entlang der Route von Westminster Abbey zum Buckingham-Palast, wo immer William und Catherine, der Herzog und die Herzogin von Cambridge, gerade vorbeifuhren und ungezwungen lächelnd den Menschen zuwinkten. Das Wetter spielte unerwartet mit und schickte sogar von Zeit zu Zeit durch einen wolkenverhangenen Himmel schüchterne Sonnenstrahlen in die Szenerie.

Der Kuss war eher flüchtig, also taten sie es noch einmal

Mit vier Minuten Verspätung traten die Brautleute um 13.29 Uhr britischer Zeit auf den Balkon des Buckingham-Palastes, umringt von ihren Familie, um sich der Menge zu zeigen, die inzwischen bis an das Gitter des Palastes vorgeschäumt war. Minuten danach dann der ikonische Moment: der Kuss, den die Neuvermählten sich - und dem erwartungsfreudigen Publikum - schenkten, eine Replik der gleichen Geste zwischen Prinz Charles und Lady Diana Spencer an ihrem Hochzeitstag im Juli 1981. Der Kuss anno 2011 fiel ein wenig zu flüchtig aus, sodass das Brautpaar - ein Novum - einen zweiten Versuch unternahm, um den Lippen einige Sekunden länger Berührung zu gewähren.

Anschließend gab die Queen für 600 Gäste einen Büfett-Empfang, das sogenannte "wedding breakfast". Am Abend stieg dann für einen engeren Kreis von 300 Freunden beider Familien ein Dinner-Dance, für den mehrere Staatsräume des Palastes zu einer Disco im Stile des Londoner Etablissements Boujlis umgestaltet wurden, dem bevorzugten Nachtklub von Prinz William - ein Zeichen, dass der königliche Nachwuchs zum Ende dieses Tag das Protokoll erobern wollte, um es seinem Gusto anzupassen. Die Queen und ihr Mann flohen vor dieser Ausgelassenheit in die sichere Distanz von Schloss Windsor und verpassten dadurch unter anderem die traditionelle Rede des Brautvaters auf seine Tochter sowie die Rede des Trauzeugen Prinz Harry auf den Bräutigam, seinen Bruder. Das Versäumnis wird sie nicht angefochten haben: Elizabeth II. und ihr Mann zeigten sich in Westminster Abbey und danach von der Seite überzeugt glücklicher Groß- und Schwiegereltern.

Der Hauptakzent des gestrigen Hochzeitstages aber lag ohne Zweifel auf der bewegenden Zeremonie in Westminster Abbey, bei der sich kirchliche, musikalische und rein dekorative Elemente beeindruckend verschränkten. Bei deren Gestaltung hatte das Brautpaar selber kräftig mitgewirkt. Catherine Middleton, in der Grafschaft Berkshire aufgewachsen, ein Country-Girl durch und durch, hatte veranlasst, dass zum ersten Mal in der Geschichte eine Reihe lebender Frühlingsbäume entlang des Mittelschiffs der Abtei aufgestellt wurden, was die hochstrebenden Säulen steinerner Gotik wie naturhaft ergänzte. Sie und William hatten sich für wilden Ahorn entschieden, das Symbol für Bescheidenheit und Demut, während hinter der Trennwand zwischen Mittelschiff und Hauptaltar zwei Weißbuchen Platz fanden, Sinnbilder für Stärke und Krisenfestigkeit.

Auch auf die Brücke zu Diana, Prinz Williams Mutter, wurde sorgfältig geachtet: Eine der schönsten walisischen Hymnen, "Guide me, O thou great Redeemer", mit der im September 1997 an gleicher Stelle das Requiem für Diana seinen Abschluss fand, wurde auch gestern wieder von der gesamten Kongregation mit großer Inbrunst intoniert. Und während Kate in ihrer Hochzeitsschleppe wie königlich über den roten Teppich des Mittelschiffes dahinglitt, sang der Chor das Kirchenlied "I was glad" des englischen Komponisten aus dem 19. Jahrhundert, Charles Parry, das schon die Hochzeit von Prinz Charles und Diana 1981 in der St.-Paul's-Kathedrale begleitet hatte.

+++Zur Party in den Buckingham Palace+++

Es war allenthalben spürbar, wie das Glück, das William, Dianas Ältester, in seiner Verbindung zu Kate Middleton offensichtlich gefunden hat, auch dazu beitragen wird, die Wunde, die sich mit dem Namen der unglücklichen Lady Di verbindet, endgültig zu schließen - wenn es dies nicht bereits getan hat.

Auch in der Predigt des Bischofs von London, Martin Chateris, glaubte man Anklänge an Lieblingsthemen des Brautpaares herauszuhören. Der Akzent lag auf Liebe und Nächstenliebe, auf der Hinwendung zu anderen als der Erfüllung eines Lebens, das zu sich selber findet. Diese Gedanken entsprechen den vielen karitativen Zwecken, denen sich der Prinz, dazu noch von seiner Mutter angeleitet, schon jetzt verpflichtet hat, darunter einem Zentrum für die Obdachlosen im Herzen Londons, beide, Catherine und William hatten ein eigenes Gebet entworfen, das in dem Satz endete: "Hilf uns, Gott, denen zu dienen und die zu trösten, die da leiden." Anschließend entschwand das Brautpaar zusammen mit den Trauzeugen in der Kapelle des Heiligen Eduard, dem Bekenner, wo dreimal die Hochzeitsurkunde unterschrieben werden musste: für das königliche Archiv, für das Kapitel der Abtei sowie für das zivile Standesamt.

Der Kopfschmuck, die Tiara, war geliehen von der Queen

Die Queen hatte ihrer Schwiegerenkelin aus eigenem Besitz für diesen Tag eine Tiara entliehen, die 1937 für ihre Mutter zur Krönung mit George VI. gefertigt worden war. Es komplettierte die Erscheinung der Braut als einer blendenden Schönen, die als Gewinn und Neubelebung für den Windsor-Clan ausgelobt wird. Als Catherines Vater Michael Middleton seine Tochter an die Seite des Bräutigams vor dem Hochalter führte, sagte William zu seinem Schwiegervater - was Lippenlesen-Experten entschlüsseln konnten: "Und wir wollten doch eigentlich eine kleine Familienhochzeit feiern." Es wurde das Gegenteil, jedoch sichtlich nicht zum Nachteil der Beteiligten.