Das Mädchen konnte nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden. Weitere Menschen vermisst. Erdbeben wirft die Arbeiten in Fukushima zurück.

Tokio. Bei dem erneuten Erdbeben im Nordosten Japans ist ein 16 Jahre altes Mädchen ums Leben gekommen. Wenige Stunden zuvor hatten die Menschen in Japan mit einer Schweigeminute der bis zu 25.000 Opfer der Naturkatastrophe vom 11. März gedacht.

Das Beben hatte die Stärke 7,0. Es war das zweite größere Nachbeben innerhalb von weniger als einer Woche. Die Menschen rannten in Panik aus ihren Häusern. Gebäude wankten, in der Stadt Iwaki nahe des Epizentrums stürzten drei Häuser zusammen. Drei Menschen konnten laut Polizeiangaben lebend aus den Trümmern geborgen werden, für das 16-jährige Mädchen kam jede Hilfe zu spät. Die Behörden gehen davon aus, dass möglicherweise noch bis zu sieben Menschen eingeschlossen sind.

Das Zentrum des Bebens lag etwa 160 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tokio. Die Behörden warnten zunächst vor einem Tsunami. Die Warnung wurde jedoch kurze Zeit später wieder aufgehoben.

Unterdessen hat das schwere Nachbeben auch die Arbeiten an der Atomruine Fukushima Eins erneut verzögert. Die Sicherheitslage bleibe dabei unverändert, erklärte die japanische Atomaufsichtsbehörde (NISA) nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Kyodo. Bei den kritischen Reaktoren 1, 2 und 3 fiel demnach zeitweise die Stromversorgung aus. Das Einleiten von Kühlwasser wurde für etwa 50 Minuten unterbrochen.

Die Experten verlegten das Abpumpen radioaktiv verseuchten Wassers zunächst um einen Tag auf Dienstag. Auch das Einleiten von Stickstoff zur Verhinderung von Wasserstoffexplosionen wurde gestoppt. Die Regierung kündigte außerdem an, mehrere Gemeinden außerhalb der bisherigen Evakuierungszone räumen zu lassen.

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Um weiter an dem havarierten Atomkraftwerk arbeiten zu können, muss der Betreiber Tepco rund 60.000 Tonnen stark radioaktiv belastetes Wasser aus der Anlage pumpen. Es wurde in den Kellern der Reaktoren 1 bis 3 gefunden, die unter anderem wichtige Elektronik beherbergen. Nach dem Beben und dem Tsunami war die Stromversorgung ausgefallen. Das Kühlsystem versagte. Seitdem wird dafür Wasser in die Anlage geleitet. Das nun verstrahlte Wasser erschwert jedoch die Bemühungen, die Anlage zu stabilisieren.

Am Montag sollte damit begonnen werden, das Wasser aus einem unterirdischen Abfluss in einen Ablagebereich im Turbinbengebäude von Reaktor 2 zu füllen. Nach Angaben von NISA werde damit aber erst frühestens am Dienstag begonnen, wie Kyodo berichtete. NISA-Sprecher Hidehiko Nishiyama sagte, es sei extrem schwierig, einen Zeitplan aufzustellen. Es sei „noch keine Situation, die man optimistisch sehen kann“. „Wir sind jetzt in dem Dilemma, dass wir Wasser sehen, das einerseits eingefüllt wird, um die Reaktoren zu kühlen, und andererseits an anderer Stelle in der Anlage als kontaminierte Wassermengen wieder auftauchen“, sagte Nishiyama.

Am Montagmorgen hatten Arbeiter in der Ruine die Vorbereitungen zum Abpumpen radioaktiv versuchten Wassers fortgesetzt. Zunächst sollten Behälter überprüft werden, aus denen seit dem 4. April nach NISA-Angaben rund 9070 Tonnen relativ schwach verstrahltes Wasser ins Meer abgeleitet wurde. Die Arbeiter wollten sicherstellen, dass sich dort keine Reste mehr befinden.

Nach dem Beben mussten die Arbeiter das Kraftwerk jedoch zeitweise verlassen. Auch das Einfüllen von Stickstoff in das Reaktorgehäuse von Kraftwerksblock 1 wurde gestoppt. Mit der Maßnahme soll verhindert werden, dass es in den zerstörten Reaktorgebäuden erneut zu Wasserstoff-Explosionen wie kurz nach der Havarie kommt.

Nachbeben in Japan - Arbeiten am AKW Fukushima fortgesetzt

Die Regierung hatte zuvor die Evakuierungszone um die Atomruine auf mehrere Gemeinden außerhalb des bestehenden 20-Kilometer-Radius ausgeweitet. „Wir haben den Einfluss radioaktiven Materials auf die menschliche Gesundheit bei dieser Entscheidung miteinbezogen unter der Annahme, dass Menschen in diesen Gebieten für sechs Monate bis zu einem Jahr leben“, erklärte Regierungssprecher Yukio Edano. In den betroffenen Regionen sind die Strahlenwerte erhöht. Das Risiko weiterer Strahlenlecks am Atomkraftwerk hat sich nach Regierungsangaben allerdings verringert.

Die Bewohner sollen ihre Häuser verlassen, wenn die Strahlendosis in ihrer Gemeinde bei 20 Millisievert pro Jahr liegt. Dazu zählen aktuell die Orte Katsurao, Namie und Iitate, das etwa 40 Kilometer von Fukushima Eins entfernt liegt. Nach Kyodo-Angaben sollen die betroffenen Bewohner innerhalb eines Monats in andere Regionen gebracht werden. Vor diesem Schritt hatte die Regierung sich lange Zeit gescheut - obwohl die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und auch Greenpeace das schon vor Wochen gefordert hatten.

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Greenpeace hatte am Montag von deutlich erhöhten Strahlenwerten berichtet, die ihre Experten in bewohnten Gebieten rund 60 Kilometer von Fukushima Eins entfernt gemessen hätten. Auf einem Spielplatz in Fukushima City fand ein Team demnach Werte von bis zu vier Mikrosievert pro Stunde. In der Stadt Koriyama seien es 2,8 Mikrosievert pro Stunde gewesen. Laut Greenpeace ist das so viel, dass die maximal tolerierbare Dosis für die Bevölkerung von 1000 Mikrosievert pro Jahr in wenigen Wochen aufgenommen würde.

(dpa/dapd)