Ein Familienvater soll jahrelang seine Kinder sexuell missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben. Seine Stieftochter wurde acht Mal schwanger.

Fluterschen. Kleine Handwerksbetriebe, ein Kindergarten und viele schmucke Einfamilienhäuser: Die 750-Einwohner-Gemeinde Fluterschen in Rheinland-Pfalz ist ein ruhiger und idyllischer Ort im Westerwald. Umso heftiger trifft die Einwohner am Donnerstag die Nachricht von dem unvorstellbaren Missbrauch, der über Jahre in einer Familie ihres Dorfes stattgefunden haben soll. Über mehr als 20 Jahre hinweg soll ein heute 48-jähriger Familienvater seine beiden Stiefkinder und seine leibliche Tochter sexuell missbraucht und zum Teil zur Prostitution gezwungen haben. Seine heute 28-jährige Stieftochter wurde in einem Zeitraum von zehn Jahren gleich acht Mal schwanger von ihm.

Bereits seit 10. August sitzt der Mann in Untersuchungshaft, doch die Justiz hielt sich bedeckt, um die Opfer zu schützen. Erst jetzt, wenige Tage vor Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Koblenz am 15. Februar wurde der Fall öffentlich bekannt.

„Für mich ist das unfassbar“, sagt eine 35-jährige Mutter, als sie mittags ihre kleine Tochter vom örtlichen Kindergarten „Sternschnuppe“ abholt. Es sei erschreckend, dass so etwas passieren könne. „Eigentlich hätte den Behörden doch auffallen müssen, dass da etwas nicht stimmt“, wundert sie sich.

Immer wieder gehen Passanten an dem zweigeschossigen Wohnhaus vorbei, in dem es zu den Vorfällen gekommen sein soll. Die meisten Rollläden sind heruntergelassen. „So ganz genau weiß ich auch nicht, wer hier noch lebt“, berichtet eine Nachbarin. In dem Haus habe es immer eine ganze Menge Kinder gegeben. Im Ort sei darüber getuschelt worden, da es sich ja augenscheinlich um uneheliche Kinder gehandelt habe. Die große Ähnlichkeit der Kinder untereinander sei aber schon auffällig gewesen, fügt sie hinzu. Aber das sei ja zunächst einmal „deren Privatsache“ gewesen, in die sie sich nicht einmischen wollte.

Der Vater der Familie habe „sehr zurückgezogen“ gelebt, weiß ein 65-jähriger Rentner zu erzählen. Am Vereinsleben im Ort habe der Mann nicht teilgenommen und auch sonst habe man ihn kaum gesehen. „Der hatte mit den Kindern bestimmt genug zu tun“, fügt der Rentner hinzu.

Vor einigen Pressevertretern gibt sich ein 25-jähriger Mann als der leibliche Sohn des Angeklagten zu erkennen. „Mich hat mein Vater nie angefasst“, sagt er: „Mir gegenüber war mein Vater ganz normal und hat mir meine Ausbildung ermöglicht.“ Auch vom Missbrauch seiner Stiefgeschwister und seiner Schwester habe er nichts mitbekommen. Von den Vorwürfen habe er erst erfahren, als im vergangenen August zwei Polizisten vor der Haustür standen, um den Vater zum Verhör abzuführen. Inzwischen lebe er nicht mehr in dem Elternhaus.

Die leibliche Tochter des 48-Jährigen, die Stieftochter und der ebenfalls missbrauchte Stiefsohn werden als Nebenkläger auftreten, wenn am Dienstag der Prozess vor dem Landgericht in Koblenz beginnt. Auch der 25-jährige Bruder will nach eigenen Worten den Prozess verfolgen. Sollten sich die Vorwürfe vor Gericht tatsächlich bestätigen, dann sei er dafür, dass sein Vater eine entsprechende Strafe bekomme, sagt er. (dapd)