Alice Schwarzer wird heute im Kachelmann-Prozess als Zeugin vernommen. Zunächst sollen aber zwei weitere Rechtsmediziner gehört werden.

Mannheim. Die mit Spannung erwartete Aussage der Journalistin Alice Schwarzer im Vergewaltigungs-Prozess gegen Jörg Kachelmann verzögert sich. Vor dem Landgericht Mannheim setzten am Mittwoch zunächst die Gutachter ihren Streit fort. Dabei ging es um die Frage, ob sich das angebliche Opfer die Verletzungen selbst beigebracht hat. Nach dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Rainer Mattern wollte die Strafkammer am Nachmittag zunächst die von der Verteidigung geladenen Rechtsmediziner Markus Rothschild und Klaus Püschel hören.

Am Vormittag des 27. Verhandlungstags war der Sachverständige Rainer Mattern bei seiner Aussage geblieben, dass kein Nachweis für Fremd- oder Selbstverletzung möglich sei. Es sei nach seinen Versuchen aber möglich, dass die Verletzungen der Ex-Freundin Kachelmanns am Hals vom Messerrücken stammen. Am Messerrücken waren aber keine DNA-Spuren des angeblichen Opfers gefunden worden. Auf die Nachfrage der Staatsanwaltschaft sagte Mattern, dass DNA-Spuren hätten gefunden werden müssen.

Dazu gab es am Mittwoch eine weitere Überraschung.: Die Ex-Freundin Kachelmanns hatte ausgesagt, sie habe in der Nacht zunächst aufgeräumt und das Messer aufgehoben und wieder zurückgelegt. Jetzt wurde bekannt, dass der bereits vernommene DNA-Spezialist des Landeskriminalamts Gerhard Bäßler von dem Anfassen des Messers durch die Nebenklägerin nichts wusste. Das teilte er jedenfalls inzwischen der Strafkammer mit. Möglicherweise wird der Spezialist nun erneut vernommen.

Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn warf am Mittwoch der Kammer vor, ihn nicht über den Anruf des LKA-Spezialisten informiert zu haben. Richter Joachim Bock wies Schwenn darauf hin, dass er ihm nach seinem Urlaub die Akte zur Einsicht gegeben habe. Wenn er den Aktenvermerk übersehen habe, sei das nicht die Schuld des Gerichts. Schwenn kritisierte, dass man in nicht auf den neuen Aktenvermerk hingewiesen habe. Er sei nun genötigt, vor jedem Verhandlungstag die Akten zu studieren.

Aber nicht nur die Entstehung der Halsverletzungen sind umstritten, sondern auch die Blutergüsse an den Knien. Der gerichtlich bestellte Gutachter Mattern hält es für möglich, dass die großen Hämatome durch Kniestöße entstanden. Schwenn fragte nach dem „Münchhausen-Syndrom“. Dabei geht es um wiederholte Selbstverletzungen, bei denen wiederholt auf die selbe Stelle geschlagen wird. Dadurch entstehen Gewebsveränderungen, die die Hämatombildung verstärken. Schwenn spielte darauf an, dass auf dem Computer der Ex-Freundin Fotografien mit blauen Flecken sichergestellt wurden, die möglicherweise von sado-masochistischen Sexualpraktiken stammen.

Schwarzer war für 14 Uhr als Zeugin geladen worden. Wie lange sich ihre Befragung verzögern wird, war zunächst unklar. Schwenn behauptet, die Publizistin und Feministin, die für die „Bild“-Zeitung über das Kachelmann-Verfahren berichtet, führe eine Kampagne gegen Kachelmann.