Eine Trauerfeier im Halberstädter Dom erinnert an die Opfer des schweren Zugunglücks von Hordorf in Sachsen-Anhalt. 800 Gäste trauern.

Behutsam entzündet ein Helfer die große weiße Kerze und stellt sie auf das liegende Holzkreuz im Halberstädter Dom. Es folgt eine Flötenimprovisation. Langsam bewegt sich ein Helfer des Notfallteams aus Oschersleben mit der zweiten Kerze zum Kreuz. Während eines Chorlieds wird die dritte Kerze entzündet. Am Ende sind es zehn – für jedes Todesopfer des Zugunglücks vor einer Woche bei Hordorf in Sachsen-Anhalt eine. Zur bewegenden Trauerfeier am Sonnabend im Halberstädter Dom, 15 Kilometer von Hordorf entfernt, sind rund 800 Menschen gekommen.

Neben Mitgliedern des Notfallteams stellen auch der für die Magdeburger Polizeidirektion zuständige Polizeipfarrer Friedrich Wegener und der Bundespolizeipfarrer Burkhard Schulz Kerzen auf. Das Holzkreuz, das Mitglieder der evangelischen Nicolaigemeinde in Oschersleben mitgebracht haben, begleitet die Christen dort seit 2001 durch das Kirchenjahr.

Jede Kerze brenne zum Zeichen, dass jedes dieser Leben einzigartig gewesen sei und jedes geleuchtet habe, sagt die Magdeburger Bischöfin Ilse Junkermann in ihrer Predigt. Weil die Stühle nicht ausreichen, steht etwa ein Viertel der insgesamt 800 Besucher an diesem Tag an den Seitenwänden des Doms – dicht gedrängt, still, auf kaltem Stein.

Unter den Teilnehmern der Gedenkstunde sind Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube sowie Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU). Ministerpräsident Wolfgang Böhmer dankt in seiner Ansprache neben den zahlreichen anderen Helfern ausdrücklich auch den Einwohnern von Hordorf, die als erste am Unglücksort waren. Hordorf sei „auch ein Ort gelebter Mitmenschlichkeit“ geworden, sagt der CDU-Politiker.

Junkermanns katholischer Amtskollege Gerhard Feige spricht zusammen mit Notfallhelfern aus Oschersleben das Fürbittgebet. Darin bezieht der Bischof ausdrücklich auch den Lokführer des Güterzuges ein, auf den sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung konzentrieren. Er soll mindestens ein Haltesignal missachtet haben.

Bei dem schweren Unglück am 29. Januar war auf eingleisiger Strecke ein Personenzug des privaten Betreibers Harz-Elbe-Express (HEX) frontal mit einem Güterzug zusammengestoßen. Die Getöteten waren zwischen zwölf und 74 Jahre alt. Unter ihnen sind auch der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Lokführer des Personenzuges sowie die Schaffnerin.

Mehrere der 23 Verletzten werden noch in Krankenhäusern behandelt. Besonders tragisch ist der Fall eines zehnjährigen Mädchens aus Langenstein bei Halberstadt, das noch immer auf der Intensivstation liegt. Bei dem Unglück kamen nach Medienberichten seine Mutter, eine Schwester, der Stiefvater und eine Großmutter ums Leben.

Als die Prominenten und die anderen Besucher schon längst wieder auf dem Domplatz sind, gehen Verwandte, Freunde und Schulkameraden zum Kreuz vor dem Altar. Manche umarmen sich, stellen neben den brennenden Kerzen weitere Lichter auf, legen Kränze, Blumen oder schriftliche Botschaften ab. So ist das schlichte Kreuz zum Schluss recht bunt geworden, das auch an die Hoffnung erinnert, von der Bischöfin Junkermann so eindrücklich in ihrer Predigt gesprochen hatte.