Zehn Menschen starben im Januar beim Zusammenprall zweier Züge in Sachsen-Anhalt. Der Lokführer überfuhr damals zwei Haltesignale.

Magdeburg. Der Expertenbericht zum Zugunglück bei Hordorf mit zehn Toten hat die Debatte um automatische Bremssysteme auf eingleisigen Bahnstrecken neu entfacht. Nach dem Bericht der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle (EUB) des Bundes überfahren Zugführer in Deutschland regelmäßig Haltesignale. Im Monat kommt es demnach zu „durchschnittlich 33 unzulässigen Vorbeifahrten“. Der Bericht empfiehlt, alle eingleisigen Strecken mit automatischen Bremssystemen auszustatten. Bis das nicht erfolgt ist, sollten bestimmte Maßnahmen eingeleitet werden. Die Deutsche Bahn konnte die im EUB-Bericht angegeben Zahl nicht bestätigen.

Eine Bahnsprecherin mahnte zur Besonnenheit: „Nicht jedes überfahrene Haltesignal stellt in irgendeiner Weise ein Problem da.“ Demnach wird jedes überfahrene Signal registriert. „Auch, wenn ein Lokführer nicht regulär bremst und nicht auf den Meter genau zum Stehen kommt.“

Bei dem Unglück bei Hordorf in Sachsen-Anhalt waren am 29. Januar auf eingleisiger Strecke ein Güter- und ein Personenzug frontal zusammengeprallt. Zehn Menschen starben, 23 wurden verletzt. Die Bahn hatte danach angekündigt, alle eingleisige Trassen mit automatischen Bremssystemen ausstatten zu wollen. Die Technik bringt Züge beim Überfahren von Haltesignalen zum Stoppen. Betroffen sind laut Bahn etwa 3000 Streckenkilometer, die Kosten liegen bei etwa 60 Millionen Euro. Wieweit die Aufrüstung fortgeschritten ist, konnte die Bahnsprecherin nicht sagen.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) forderte, Züge auf Strecken ohne diese Technik nur noch mit einer Zwei-Mann-Besatzung fahren zu lassen. Dies hatte auch der EUB-Bericht empfohlen. Die Experten rieten auch, Fahrtgeschwindigkeiten herabzusetzen und die Zugdichte zu verringern.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg erklärte unterdessen, den am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle juristisch prüfen zu wollen. Bei der Behörde läuft ein Ermittlungsverfahren gegen den Fahrer des Güterzuges. Der EUB-Bericht sieht als Unfallursache menschliches Fehlverhalten. Der Lokführer des Güterzuges hat demnach zwei Haltesignale überfahren. Technisches Versagen schlossen die Experten aus.

Warum der Lokführer die Haltesignale überfuhr, ist weiter unklar. Der Mann hat sich bisher nicht geäußert, heißt es in dem Bericht. Rätselhaft ist auch, warum der Güterzug, der mit zwei Stunden Verspätung unterwegs war, acht Kilometer vor dem Zusammenprall außerplanmäßig für 36 Sekunden zum Halten gekommen ist.