Am Sonnabend soll im Halberstädter Dom der zehn getöteten Menschen gedacht werden. Der Lokführer soll gleich zwei Signale überfahren haben.

Magdeburg/Hordorf/Berlin. Am Sonnabend soll den zehn Todesopfern des Zugunglücks von Hordorf mit einem Trauergottesdienst im Halberstädter Dom gedacht werden. Dies hätten die Landesregierung, der Landtag sowie die evangelische und die katholische Kirche vereinbart, sagte die Staatskanzlei am Dienstag in Magdeburg. Landesbischöfin Ilse Junkermann, der katholische Bischof Gerhard Feige und Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) wollten der Opfer gedenken und den Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz danken. Bei dem Unglück waren in der Nacht zum Sonntag zehn Menschen im Alter von 12 bis 74 Jahren getötet und 23 weitere verletzt worden.

Unterdessen werden harte Vorwürfe gegen den Lokführer des verunglückten Güterzuges in Sachsen-Anhalt laut. Nach einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums hat der Mann vor dem frontalen Zusammenstoß mit einem Regionalexpress ein Haltesignal ignoriert und eines überfahren. Demnach ignorierte der Lokführer ein Vorsignal, das ihn auf das nahende Hauptsignal hätte aufmerksam machen und zum Bremsen veranlassen müssen. Das wenig später folgende Hauptsignal, das den Lokführer endgültig zum Anhalten hätte bringen müssen, wurde ebenfalls passiert. Der Fahrdienstleiter im Stellwerk Hordorf habe daraufhin über Funk einen Nothalt angeordnet. Der 35 Jahre alte Lokführer des Personenzugs hatte den Regionalexpress nach dem Notruf von 98 Kilometern pro Stunde bis zum Zusammenstoß auf Tempo 66 abgebremst. Ob auch der Güterzug vor dem Unfall auf der eingleisigen Strecke gebremst hat, müsse noch ausgewertet werden.

Die Staatsanwaltschaft in Magdeburg zeigte sich erstaunt über den Bericht des Ministeriums. „Es befremdet uns ein wenig, dass Ergebnisse bekanntgegeben werden, die den Ermittlungsbehörden noch nicht vorliegen“, sagte Behördensprecherin Silvia Niemann. Indizien deuteten aber darauf hin, „dass es so gewesen sein könnte“. Gegen den 40 Jahre alten Lokführer des Güterzugs wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Drei Tage nach dem Zusammenprall fuhren auf der Strecke Magdeburg-Halberstadt am Dienstag wieder die ersten Züge des Harz-Elbe-Expresses (HEX). Die Bahn kündigte Konsequenzen aus dem Unglück an, sie will die Sicherheitsvorkehrungen verbessern.

+++ Unfallbericht: Güterzug überfuhr zwei Haltesignale +++

Die Opfer des Unglücks sind nun alle identifiziert. Unter ihnen sind neben dem aus Schwerin stammenden Lokführer des Personenzuges drei Frauen, fünf Männer und eine Zwölfjährige aus dem Landkreis Harz. Unter den 23 Verletzten sind zwei in weiterhin kritischem Zustand. Darunter ist eine Zehnjährige, sie ist die Schwester der toten Zwölfjährigen. Auch die Mutter der beiden Mädchen und deren Lebensgefährte kamen ums Leben.

Die Deutsche Bahn will nun nach eigenen Angaben mehr eingleisige Strecken mit moderner Sicherungstechnik ausstatten. „Da ist Handlungsbedarf“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube am Montagabend. Der Konzern wolle alle eingleisigen Strecken analysieren und - wo nötig – den Einbau eines automatischen Bremssystems aus eigenen Mitteln finanzieren. Er wolle nicht auf Bundesministerien warten, sagte Grube.

Der Lokführer des Güterzugs, der bei dem Unfall Prellungen und einen Schock erlitt, äußerte sich bisher nicht zu dem Geschehen. „Er hat den Status des Beschuldigten. Er muss sich nicht äußern“, sagte Oberstaatsanwältin Niemann. Mit einem schnellen Ende der Ermittlungen sei nicht zu rechnen, die Analyse der Fahrtenschreiber der Züge und weiterer Beweismaterialien könne Monate in Anspruch nehmen. Die Salzgitter AG bestätigte unterdessen Informationen der „Bild“- Zeitung, wonach der Güterzug mit zweistündiger Verspätung unterwegs war. „Das ist ein normaler Vorgang, der mit der DB Netz abgestimmt war“, sagte Konzernsprecher Bernd Gersdorff. Der 2700 Tonnen schwere Zug der Salzgitter-Tochtergesellschaft VPS war in Blankenburg mit Kalk beladen worden und sollte über Magdeburg nach Salzgitter fahren.