Die Lage am Frankfurter Flughafen entspannt sich nur langsam. Von insgesamt 1340 Flügen wurden bislang 450 gestrichen.

Frankfurt. Das komplette Terminal 1 gleicht einer Wartehalle: Hunderte Passagiere warten am Sonnabend in Frankfurt auf ihre Flüge. 233 von 1340 Flügen sind gestrichen. Am Freitag waren am größten deutschen Flughafen sogar 560 von 1400 Flügen annulliert worden

Artemis Bonhage aus Mannheim und ihre zwei kleinen Kinder sitzen noch immer fest am Frankfurter Flughafen. „Wir wollten mittags nach Wien zu meinen Eltern fliegen“, sagt die 35-Jährige. Doch dann kam alles anders: „Wir standen so lange in einer Schlange, bis sowieso alles zu spät war“, seufzt sie. Als sie wieder nach Hause fahren will, erfährt sie am Flughafen-Fernbahnhof, dass der ICE nach München über Mannheim ersatzlos gestrichen ist. „Die Kinder machen schlapp, ich auch, und wir bräuchten ein paar Infos“, sagt die junge Frau.

Das internationale Verkehrsdrehkreuz Frankfurt am Main steht am Sonnabend teilweise still. Allein die Lufthansa streicht fast 300 Flüge zu Zielen in Deutschland und im Ausland und stellt am Nachmittag einen Sonderflugplan auf. Eine Entscheidung, die auf die Optik der Anzeigentafel im Abflugterminal von kaum informativer, aber beruhigender Wirkung war – denn die aus dem Regelplan gestrichenen Flüge müssen auf der Tafel nicht mehr als „annulliert“ angezeigt werden. So weiß Artemis Bonhage nicht, ob ihr Flieger nach Wien überhaupt abhob.

Meinhard Reimann aus Kassel und seine Frau sind am Sonnabend um sieben Uhr zum Frankfurter Airport aufgebrochen. „Wir wollten um halb eins nach Bangalore in Indien fliegen“, erzählt der 55-jährige Elektroingenieur. Nach der Ankunft im Terminal wird das Paar freundlich in eine Schlange bugsiert. „In der standen wir zwei Stunden, und am Ende war es die falsche.“ Als der Lufthansa-Flieger nach Indien abhebt, stehen die beiden gerade in ihrer zweiten Schlange, am Nachmittag warten sie in der dritten.

„Eigentlich fragen wir uns, warum wir hier stehen“, sagt Reimann. „Wahrscheinlich für eine Umbuchung.“ Ein kritisches Vorhaben, denn von anderen gestrandeten Passagieren aus Nachbarschlangen – die verschiedenen unübersehbar langen Warteschleifen kreuzen sich gelegentlich im Terminal – weiß Meinhard: „An Schalter heißt es dann oft, man könne gern umbuchen.“ Endlich gut? „Nein, dann muss man sich bei einer anderen Airline anstellen.“

Die Lufthansa hat an allen Eingangstüren zum Abflugterminal Ausdrucke geheftet und bittet sämtliche Passagiere mit innerdeutschen Flugzielen, auf die Deutsche Bahn auszuweichen. „Tickets werden Nachgang erstattet“, informiert der Ausdruck. Doch am Airport-Fernbahnhof fahren die Züge ausnahmslos mit Verspätungen von teilweise über einer Stunde oder gar nicht ab. Mit der S-Bahn ließe sich immerhin der Hauptbahnhof der Mainmetropole in 14 Minuten erreichen. Allerdings nicht vom Flughafen-Fernbahnhof aus, sondern nur vom Regionalbahnhof.

Doch auch am Hauptbahnhof gibt es Probleme. Die Anzeigentafel dort gleicht ihrem Schwestergerät am Airport. Annonciert werden Verspätungen von über einer Stunde und annullierte Verbindungen. Bleibt nur der Gang ins DB-Reisezentrum. Die gezogene Wartenummer in der Schalterhalle weist die Zahl 2750 aus. Bedient wird gerade, auch das wird angezeigt, die Nummer 2609.

Ja, das Wetter könne mit schuld sein, wenn das Frankfurter Verkehrsdrehkreuz stillstehe, sagt Felixa Baldur. Die Studentin findet keine Verbindung nach Stuttgart. „Aber“, fragt die junge Frau, „wie machen die das eigentlich in Skandinavien?“Am Sonntag geht das

Aber auch Sonntag kommt es weiter zu Behinderungen. Bereits am frühen Sonntagmorgen wurden 450 von gut 1300 Flügen gestrichen, berichtete eine Flughafen-Sprecherin. In den Hallen warteten Hunderte Passagiere weiter auf ihren Abflug, eine genaue Zahl konnte die Sprecherin nicht nennen. "Die Flugpläne sind völlig durcheinander“, sagte sie. "Von Entspannung kann man nicht reden, da wir weitere Schneefälle erwarten.“

Besonders schwer getroffen ist der größte britische Flughafen in London-Heathrow. Weil für den Sonntag weitere Schneefälle vorausgesagt waren, bleibt Heathrow weitgehend lahmgelegt. Es wurden alle Landungen sowie die allermeisten Starts gestrichen. Ein Flughafensprecher hoffte, dass der Betrieb am Montag wieder normal laufen werde. Tausende Reisende mussten in London-Heathrow campieren. Sie schliefen in den Terminals teils unter Isolierfolien. Auch am zweitgrößten Londoner Flughafen Gatwick wurden für Sonntag erhebliche Behinderungen erwartet.

Das Schneechaos zwang auch rund 4.000 Passagiere zu einer unfreiwilligen Übernachtung in Brüssel. Viele konnten in Hotels in Flughafennähe unterkommen. Doch 1.500 Fernreisende nach Großbritannien, die wegen der Schließung der Londoner Flughäfen nach Brüssel umgeleitet wurden, mussten die Nacht im Transitbereich verbringen.

Auch der Flughafen in München hat nach zahlreichen Annullierungen in den vergangenen weiterhin mit dem Schnee zu kämpfen. Wegen der Räumungsarbeiten war der Betrieb bereits am Sonntagmorgen eingeschränkt, wie ein Sprecher des Flughafens erklärte. Rund 50 Flüge wurden gestrichen. (dpa)