Mannheim. Die Verteidigung des wegen Vergewaltigung angeklagten Wettermoderators Jörg Kachelmann, 52, hat gestern vor dem Landgericht Mannheim die Durchsuchung der Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins "Focus" und der Illustrierten "Bunte" beantragt. Es bestehe der Verdacht, dass dort Belastungszeuginnen bezahlt und beeinflusst worden seien, sagte Kachelmanns Hamburger Anwalt Johann Schwenn, 63. Auch eine Schweizer Zeugin, die laut der jüngsten "Focus"-Ausgabe Kachelmann wegen gewalttätiger Übergriffe belasten soll, ist nach Meinung der Verteidigung bezahlt.

Zugleich zeigte sich Schwenn wenig zuversichtlich, für Kachelmann in erster Instanz einen Freispruch erwirken zu können. Mit seiner Äußerung, das letzte Wort werde nicht in Mannheim gesprochen, ließ er erkennen, dass seine Hoffnungen auf einem Revisionsverfahren in einer weiteren Instanz ruhen.

Die Entscheidung über eine Durchsuchung im Burda-Verlag wurde zurückgestellt, weil Schwenn seinen Antrag nur in einem Exemplar vorlegte. Die Staatsanwaltschaft will den Antrag erst lesen und die rechtlichen Fragen prüfen. Diese Verzögerung kritisierte wiederum die Verteidigung. Der Staatsanwaltschaft müsse die Rechtslage bekannt sein, sagte Schwenn.

"Focus"-Sprecher Jonas Grashey sagte gestern, die Chefredaktion sehe in dem Auftritt des Kachelmann-Verteidigers ein "vordergründiges Ablenkungsmanöver". Das Magazin halte sich an die Aufgabe der Presse, "über dieses Verfahren zu berichten und Realitäten aufzuklären". "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel sagte: "Nur weil einem Anwalt die Berichterstattung über seinen Mandanten nicht gefällt, kann er nicht gleich eine Redaktion stürmen lassen." Die "Bunte" halte sich selbstverständlich an die journalistische Sorgfaltspflicht und werde weiter "ausgewogen und neutral über den Fall Kachelmann berichten".