Das Gericht hat einen Gutachter der Verteidigung wegen Befangenheit ausgeschlossen. Anwälte lehnen diesen Beschluss ab.

Mannheim. Im Vergewaltigungsprozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann wollen die Anwälte erreichen, dass ein wegen Befangenheit abgelehnter Gutachter der Verteidigung wieder zugelassen wird. Kachelmanns Anwalt Reinhard Birkenstock warf der Kammer am Montag unter anderem vor, sie habe dem Gutachter zu Unrecht fehlerhafte Einschätzungen zugeschrieben. Die Fehler stammten in Wahrheit von einem anderen Sachverständigen. Zudem habe sie in ihrem Beschluss Zusammenhänge falsch dargestellt.

Die Kammer solle ihre Entscheidung deshalb überdenken – „mit dem Ziel der Aufhebung“, forderte er. Der Vorsitzende Richter Michael Seidling sagte, das Gericht werde voraussichtlich am Mittwoch (13. Oktober) über den Antrag entscheiden. An dem Tag soll auch das mutmaßliche Opfer aussagen, das mit Spannung vor Gericht erwartet wird.

Der von der Verteidigung bestellte Rechtsmediziner Bernd Brinkmann hatte noch vor Verfahrensbeginn in einer Expertise geschrieben, dass sich die 37-Jährige ihre Verletzungen selbst zugefügt haben könnte, um eine Vergewaltigung vorzutäuschen. Als Belege führte er Fotos von Blutergüssen an, die auf dem Computer der Frau entdeckt worden waren. Am vergangenen Mittwoch hatte das Gericht Brinkmann als Gutachter abgelehnt.Es bestünden Zweifel an seiner Unparteilichkeit, hatte Seidling erklärt. Er habe sexuelle Praktiken und andere Ursachen für die Verletzungen ausgeschlossen und sich auf die These der Selbstverletzung beschränkt.

Birkenstock sagte dazu: „Der Sachverständige Brinkmann gelangt aber in seiner Stellungnahme nicht zu dem Ergebnis einer von der Klägerin langfristig geplanten Falschbelastung des Angeklagten.“ Die Kammer solle sich noch einmal „gründlich und unbefangen“ mit der Stellungnahme des Gutachters befassen. „Sie wird dann zu dem Ergebnis kommen, dass eine Erwartung der Befangenheit nicht berechtigt ist.“ Er betonte seine Ansicht, dass der Rechtsmediziner zu den Größen seines Fachs gehört. „Brinkmann ist nicht Irgendeiner“, sagte Birkenstock. Kachelmann wird vorgeworfen, seine langjährige Freundin mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben . Der 52-jährige Wetterexperte und Fernsehmoderator bestreitet das.

Am Montag befragte das Landgericht außerdem erneut unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Ex-Freundin des Angeklagten. Die 33 Jahre alte Projektleiterin aus Hamburg erschien in Begleitung ihres Anwalts vor Gericht. Die Kammer billigte den von Anwalt und Zeugin gestellten Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit mit dem Hinweis, dass auch Dinge aus dem Sexualleben der Zeugin und des Angeklagten zur Sprache kommen könnten. Der Schutz der Privatsphäre überwiege das öffentliche Interesse.