Die Täterin wurde von der Polizei bei einem Schusswechsel getötet. Zuvor soll sie Mann und Sohn ermordet haben und einen Pfleger.

Lörrach. Es ist kurz vor 18 Uhr, als an der Markus-Pflüger-Straße im beschaulichen Lörrach (Baden-Württemberg) eine Detonation die Sonntagabend-Ruhe zerreißt. "Wir haben mit den Kindern im Garten gespielt, plötzlich war da eine Explosion und ein Riesenloch in der Wand", schildert später Anwohner Aydin Cetiner der "Badischen Zeitung". Er wohnt an der Markus-Pflüger-Straße 24, genau neben dem Haus, in dem die Detonation stattfand. "Unser Haus hat gewackelt", sagt er sichtlich geschockt.

Als kurz nach der Explosion die Feuerwehr eintrifft, stürmt eine Frau mit Maschinenpistole aus dem Haus, rennt in das benachbarte St.-Elisabethen-Krankenhaus und schießt sofort um sich. Die Kugeln töten einen Krankenpfleger, verletzen drei Patienten und einen Polizisten, der sich privat in der Klinik aufhält. Minuten später ist das erste Einsatzkommando der Polizei vor Ort. Die Frau nimmt die Beamten umgehend unter Feuer, bis sie selbst von einer Polizeikugel tödlich getroffen wird. Die Polizei spricht von einer "Amok-Lage".

Als die Feuerwehr endlich in das Haus der Detonation vordringen kann, findet sie dort die Leichen eines Mannes und eines Jungen. Das Kind soll drei oder vier Jahre alt gewesen sein, der Mann war "mittleren Alters", sagt später ein Polizeisprecher. Beide sollen durch Schüsse getötet worden sein. Ob es sich bei den Toten um den Ehemann und den Sohn der Amokläuferin handelt, bleibt einstweilen unklar. Die Ermittler gehen aber von einer Beziehungstat aus. Die genauen Hintergründe müssten aber noch geklärt werden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer. Der Bereich um das Krankenhaus im Zentrum der Stadt wird komplett abgeriegelt. Versorgungszelte werden aufgebaut, die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Klinikpersonal irrt durch die Straße, auf dem Gehweg werden Verletzte versorgt. Eine schwangere Frau wird in einen Notarztwagen gehievt und eilends fortgebracht. "Alle Notärzte in der Region sind alarmiert", ruft der Einsatzleiter des DRK einem Kollegen zu. Neugierige sammeln sich an der Feuerwehrabsperrung, ein paar gehen drum herum, werden von einem Sanitäter aber wieder zurückgeschickt. An einer Ecke zum Seiteneingang des St.-Elisabethen-Krankenhauses kauert ein Polizist, in der einen Hand seine gezückte Dienstwaffe, in der anderen die Leine seines Schäferhundes. "Los, weg hier, schnell. Schusswaffengebrauch!", herrscht er neugierige Passanten an, die um die Absperrung herum bis zum Krankenhaus vorgedrungen sind.

Am späten Abend steht die Polizei immer noch vor einer ganzen Reihe von Rätseln. Dazu gehören die Identität und die Motive der Täterin. Keine genauen Angaben können die Ermittler zunächst auch über das zweite Todesopfer in der Klinik machen. "Wir wissen nicht, ob es irgendeine Beziehung zwischen dieser Person und der Täterin gibt", sagt ein Sprecher. Der verletzte Polizist habe einen Kniedurchschuss erlitten.

Das katholische Krankenhaus in Lörrach verfügt unter anderem über ein Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, ein Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie ein Säuglingszentrum mit Kinder-Intensivstation. Außerdem gibt es dort ein Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch zeigte sich tief erschüttert über den Amoklauf. Seine Anteilnahme und sein Mitgefühl gelte den Opfern und deren Angehörigen, erklärte Zollitsch. Seelsorger vor Ort boten Betroffenen ihren Beistand an.

Lörrach liegt weniger als fünf Kilometer vom Dreiländereck Deutschland - Frankreich - Schweiz entfernt. Das Stadtgebiet grenzt an die Schweiz.