Die 16. Shell-Jugendstudie attestiert den 12- bis 25-Jährigen eine optimistische Grundhaltung. 2006 war das Ergebnis noch negativer ausgefallen.

Berlin. Deutschlands Jugendliche könnten den Erwachsenen Nachhilfe in Sachen Optimismus geben. Diesen Eindruck vermitteln die wenige Tage nacheinander veröffentlichten Studien zur Befindlichkeit der Bundesbürger. In der vergangenen Woche hatte die Untersuchung "Die Ängste der Deutschen 2010" der Bevölkerung ab 14 Jahren noch eine gestiegene Furchtsamkeit attestiert. Ganz anders scheint es um die emotionale Beschaffenheit der Jugend bestellt zu sein. Deren Stimmung hat sich laut der 16. Shell-Jugendstudie trotz der Wirtschaftskrise verbessert. Die 12- bis 25-Jährigen seien eine pragmatische und selbstbewusste Generation, die ihr Schicksal mit Fleiß und Ehrgeiz selbst in die Hand nehme, sagte Studienkoordinator Mathias Albert am Dienstag in Berlin.

Die TNS Infratest Sozialforschung hatte Anfang des Jahres 2.604 repräsentativ ausgewählte Jugendliche deutscher und ausländischer Nationalität befragt. 59 Prozent von ihnen gaben zu Protokoll, zuversichtlich in ihre persönliche Zukunft zu blicken. Bei der vorherigen Studie 2006 hatte nur jeder Zweite diesen Optimismus an den Tag gelegt. Der Anteil der Befragten mit düsteren Zukunftsaussichten sank von acht auf sechs Prozent.

Dieses positive Bild trübt sich jedoch bei genauerem Blick auf die Herkunft der Jugendlichen. In der Oberschicht zeigten sich zwei von drei Befragten zuversichtlich, in sozial benachteiligten Familien war es nur jeder dritte. 71 Prozent aller Jugendlichen waren überzeugt, sich ihre beruflichen Wünsche erfüllen zu können und 40 Prozent zeigten politisches Interesse. In der Unterschicht waren es nur 41 Prozent beziehungsweise 16 Prozent. Der Bielefelder Soziologe Albert sprach von einer wachsenden gesellschaftlichen Kluft: Die 10 bis 15 Prozent junger Menschen aus sozial benachteiligten Familien würden zunehmend abgehängt.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung frühkindlicher Bildung, um sozialen Nachteile rechtzeitig entgegenzuwirken. Die übernächste Shell-Jugendstudie werde zeigen, ob sich die geplanten Investitionen für Sprach- und Integrationsförderung auszahlen werden. Hierfür stünden von 2011 bis 2014 zusätzlich rund 400 Millionen Euro in sogenannten Brennpunkt-Kitas bereit. Grünen-Chef Cem Özdemir wertete die Untersuchungsergebnisse hingegen als "Hilfeschrei" nach Chancengerechtigkeit. "Die Gesellschaft schadet sich selbst massiv, wenn die Zukunftschancen der Kinder bereits im Kreißsaal ausgemacht sind", sagte er.

Einen wesentlichen Grund für den gestiegenen Optimismus der Jugend sah Albert in deren Wertesystem und hier vor allem in der Leistungsbereitschaft der jungen Generation. Fleißig und ehrgeizig zu sein war für 83 Prozent wichtig, sieben Prozentpunkte mehr als noch 2002. In fast allen der wichtigsten abgefragten Wertekategorien verzeichnete die Studie steigende Zustimmung, Spitzenreiter waren gute Freunde (97 Prozent), ein gutes Familienleben (92 Prozent) und eigenverantwortlich zu leben (90 Prozent). Unter den häufigsten Ängsten gab es nur beim Punkt "Bedrohung/Gewalt" einen Zuwachs im Vergleich zu 2006. Der grundsätzliche Optimismus der Jugend erstreckt sich auch auf die Familienplanung: 69 Prozent wünschten sich Kinder, 2006 waren es noch 62 Prozent.