Die PISA-E-Studie und die Shell-Jugendstudie sind sich einig: Die Jungen können in der Schule nicht mehr mit den Mädchen Schritt halten. Obwohl es bei der Gesamtzahl aller deutschen Schüler von fast elf Millionen etwas weniger Mädchen als Jungen gibt, sind 54 Prozent der Abiturienten weiblich. Die Mädchen machen einen um fast eine ganze Note besseren Abiturdurchschnitt. Jungen bleiben doppelt so oft sitzen wie Mädchen. Die britische Behörde für Bildungsstandards behauptet, dass Jungen den Lehrererwartungen öfter durch Aggressionen und Verweigerungen ausweichen als Mädchen, dass sie Lernerfolge bewusst minimalisieren, um nicht als Streber zu gelten, und dass sie viermal häufiger als verhaltensschwierig auffallen als Mädchen, die gewissenhafter seien. Die Koedukation hat eher zu einer Verstärkung des unterschiedlichen Rollenverhaltens beigetragen. Jungen werden im Unterricht doppelt so häufig angesprochen wie Mädchen, sie werden öfter gelobt und getadelt, erfahren also mehr Beachtung. Mädchen werden häufiger unterbrochen. Lehrer halten Jungen mit guten Leistungen für intelligent und aufgeweckt, während sie Mädchen mit guten Leistungen eher als ordentlich und fleißig schätzen. Solange die Schule das Kind beim Lernen vor allem auf die linke Hirnhälfte reduziert, in der das Rationale und Logische sitzt, werden bei den Mädchen über ihre breitere Brücke zur rechten Hirnhälfte das Emotionale, Kreative und Kommunikative mitentwickelt. Erst wenn Jungen in ihrer rechten Hirnhälfte von außen mit mehr Emotionalität und sozialen Herausforderungen gefordert werden, werden die Jungen wieder mit den Mädchen Schritt halten können. Prof. Dr. Peter Struck ist Erziehungswissenschaftler an der Universität Hamburg. Im Südwest Verlag ist sein Buch "Gebrauchsanweisung für die Schule" erschienen.