Die Ölpest klebt am Präsidenten, Obamas Image ist befleckt. Er vergleicht die Folgen der Umweltkatastrophe mit den Terroranschlägen.

Washington/London. US-Präsident Barack Obama versucht, verspieltes Vertrauen im Kampf gegen die Ölpest zurückzuerobern. Dazu ist Obama erneut in die Krisenregion am Golf von Mexiko gereist. Er plant symbolträchtige Auftritte und präsentiert neue Ideen, um den Ölkonzern BP als Verursacher des Desasters zur Kasse zu bitten.

Erstmals in seiner Amtszeit wird der Präsident eine Rede an die Nation aus dem Oval Office im Weißen Haus halten. Schon vorher verglich er die politische Tragweite der schlimmsten Öl-Katastrophe der US-Geschichte mit den Anschlägen vom 11. September 2001.

BP versprach der US-Regierung unterdessen, bis Ende dieser Woche fast doppelt so viel Öl wie bisher direkt aus der weiter sprudelnden Quelle im Golf von Mexiko abzufangen. Wie ein Sprecher Obamas bestätigte, will der britische Konzern die aufgefangene Menge auf 3800 Tonnen Öl pro Tag steigern.

Bisher leitet BP rund 2100 Tonnen pro Tag über einen Auffangtrichter auf ein Schiff. Ende Juni sollen es täglich sogar 6800 Tonnen sein. Allerdings lasse sich nicht sagen, wie viel Öl derzeit tatsächlich ausströme, sagte der Sprecher. Mit dem Plan wolle BP der Aufforderung nachkommen, massiver gegen die Ölpest vorzugehen. Obama besichtigte am Montag bei seiner mittlerweile vierten Reise an die US-Golfküste zunächst die betroffenen Regionen im Staat Mississippi und sprach mit Offiziellen. Bei einer Pressekonferenz in der Stadt Gulfport unterstrich er, dass noch mehr getan werden müsse, das Öl zu stoppen, bevor es die Küsten erreicht.

Der Besuch in der Krisenregion dauert zwei Tage und führt Obama in drei Staaten. Bisher blieb er immer nur wenige Stunden in der Region. Der Präsident ist heftiger Kritik ausgesetzt, nicht entschlossen und schnell genug auf die Krise reagiert zu haben. Auch habe er in Auftritten zu kühl auf die Nöte der Menschen reagiert, hieß es.

In einem Interview mit der Online-Zeitung „Politico.com“ zog Obama vor seiner Abreise Parallelen zwischen den verheerenden Terroranschlägen vom 11. September 2001 und der Öl-Katastrophe. „Auf dieselbe Weise, wie unsere Sicht auf unsere Verwundbarkeiten und unsere Außenpolitik durch 9/11 grundlegend geformt wurde, wird aus meiner Sicht diese Katastrophe unsere Denkweise über Umwelt und Energie auf Jahre formen.“ Der Präsident kündigte einen „kühnen“ Vorstoß in Richtung eines neuen Energie-Gesetzes an.

BP-AKTIEN AUF TALFAHRT

Zurück in Washington wird sich der Präsident am Dienstag zur besten Sendezeit (20.00 Uhr Ortszeit, Mittwoch 02.00 Uhr MESZ) an die Nation wenden. US-Medien zufolge wird er den Plan vorstellen, den britischen Energieriesen zur Einrichtung eines unabhängig verwalteten Treuhandfonds zu zwingen. Aus diesem sollen dann Schadenersatzforderungen beglichen werden.

Wird der von Obama geplante, unabhängige Schadenersatz-Fonds Wirklichkeit, würde damit de facto die Kontrolle des Konzerns über Zahlungen beschnitten, schrieb das „Wall Street Journal“. Am Montag wollte der BP-Vorstand nach dem massiven politischen Druck über eine Aussetzung der Dividende beraten.

Es ist wahrscheinlich, dass der Konzern die vierteljährliche Zahlung für die Aktionäre verschiebt. Diese würde für das zweite Quartal rund 1,7 Milliarden Pfund (2 Milliarden Euro) betragen. Eine Option ist, dass das Geld in den Treuhandfonds einfließt.

Ein BP-Sprecher betonte, dass am Montag vermutlich noch keine Entscheidung zur Dividende verkündet wird. Zahlreiche Pensionsfonds haben in Aktien des Ölmultis investiert. Für BP wird die Katastrophe immer teurer: Bislang kostete das Öl-Drama den Konzern 1,6 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro).

Obama zitierte wegen der Unzufriedenheit mit BP führende Vertreter des Konzerns ins Weiße Haus. Zu dem für Mittwoch anberaumten Treffen kommt auch der BP-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Henric Svanberg, der im Zuge der Ölpest öffentlich bisher kaum in Erscheinung trat. Ob auch BP-Chef Tony Hayward teilnehmen wird, blieb zunächst offen. Er wird Donnerstag vor einem Kongress-Ausschuss zur Katastrophe befragt.