BP-Chef Tony Hayward und US-Präsident Barack Obama galten beide als Hoffnungsträger. Die Ölpest im Golf von Mexiko lässt davon nicht viel übrig

Der Mann hat jetzt wirklich genug: "Stopft dieses verdammte Loch", fluchte Barack Obama unlängst in einer Besprechung. "Kriegt das endlich hin."

Bislang bestach der US-Präsident durch sein besonnenes, ruhiges Auftreten. Obwohl erst seit Januar 2009 im Amt und überhaupt erst seit sechs Jahren in der amerikanischen Bundespolitik, war es auf Gipfelkonferenzen meist Obama, der die größte Souveränität ausstrahlte. Und als der 48-Jährige einmal in einer Talkshow zu einem Tanz aufgefordert wurde, scheute er sich nicht, lässig die Hüften zu schwingen.

Doch diese Lässigkeit droht Obama inzwischen zu entgleiten. Schuld daran ist die giftige, schwarze Ölpampe, die seit Wochen an die Küsten des Golfs von Mexiko schwappt. Weder mit seinem Charme noch mit Sanktionsdrohungen oder Militärinterventionen bekommt Obama diese Krise in den Griff. "Niemand ist verärgerter als ich", sagte er an die Amerikaner gewandt, "denn als Präsident ist es meine Aufgabe, euch zu beschützen." Ein hilfloser Präsident - das ist das schlimmste Image, das dem Staatschef der Vereinigten Staaten anheften kann. Inzwischen sind laut einer Umfrage 69 Prozent mit seinem Krisenmanagement unzufrieden. Das ist ein noch schlechterer Wert als der, den George W. Bush nach dem Hurrikan "Katrina" bekam. Zu allem Überfluss ist Obama ausgerechnet auf das technische Know-how desjenigen angewiesen, der die Verantwortung für das Debakel trägt.

Dieser Verantwortliche heißt Tony Hayward (Foto links) und ist der Chef des Ölmultis BP. Er galt ähnlich wie Obama vor seinem Amtsantritt als Hoffnungsträger: Der heute 53 Jahre alte Brite, der mit seinem Lockenschopf immer ein bisschen wie ein Jugendlicher wirkt, löste 2007 den BP-Chef John Browne ab, der zuletzt vor allem an der Sicherheit gespart hatte: Aus verrosteten Pipelines in Alaska waren Hunderttausende Liter Öl ausgelaufen, 2005 war eine veraltete Raffinerie in Texas explodiert.

Obwohl Hayward selbst lange in der Führungsetage von BP gearbeitet hatte, sollte der promovierte Geologe mit den verkrusteten Firmenstrukturen aufräumen. Jetzt lässt die Ölpest auch ihn reichlich hilflos aussehen. Ganz offensichtlich hat Hayward es nicht geschafft, eine andere Sicherheitskultur zu etablieren. Zu allem Überfluss zeichnet sich Hayward bislang vor allem durch sein unprofessionelles Auftreten aus. So hatte er sich bereits im Mai über den Zeitaufwand für das Krisenmanagement beschwert und gejammert, er wolle "sein Leben wiederhaben". Auch behauptete der Konzernchef zunächst, die Auswirkungen der Ölpest auf die Umwelt seien "wahrscheinlich sehr, sehr mäßig". Inzwischen gehen Experten davon aus, dass sogar die amerikanische Ostküste verschmutzt wird. Und BP ist nicht imstande, das Bohrloch in den nächsten Wochen zu schließen.

Dass Hayward ihm nicht hilft, in der Krise besser auszusehen, hat Obama sehr genau registriert. Über den britischen Manager lästerte er: "Er würde nach jeder dieser Bemerkungen nicht mehr für mich arbeiten." Obama gibt den Druck, dem er ausgesetzt ist, nun eins zu eins an die BP-Führung weiter - so deutlich, dass sich auch britische Politiker erschrecken. So sagte der Londoner Bürgermeister Boris Johnson der BBC, er sei besorgt über die "anti-britische Rhetorik". Der frühere Arbeitsminister Norman Tebbit nannte Obamas Kritik an BP "fremdenfeindlich".

Hayward hat begriffen, dass sein ganzer Konzern auf dem Ölfilm im Golf ins Schlittern gerät. In nur sieben Wochen ist der Börsenwert um über 82 Milliarden Dollar abgestürzt. Inzwischen wird sogar über einen Verkauf des Riesenunternehmens spekuliert.

Einen Streit mit der US-Regierung kann sich Hayward daher auf keinen Fall leisten. In einem Video entschuldigte sich der Manager mittlerweile für das Umweltdesaster. Angesichts der aufgebrachten amerikanischen Öffentlichkeit bleibt Hayward jedoch nun fürs Erste in Deckung. So wird in der kommenden Woche nicht er, sondern sein Aufsichtsratschef, der Schwede Carl-Henric Svanberg, zu einem Bußgang ins Weiße Haus antreten. Es wird keine erfreuliche Mission: In einem Interview kündigte Obama an, er wolle herausfinden, "wem wir in den Hintern treten müssen". Es gibt wenig Zweifel, wessen Allerwertesten er damit meint.