Die Ermordung der entführten Bankiersfrau Maria Bögerl wirft Fragen auf. Doch von “Fehlern“ will die Polizei nicht sprechen - bislang jedenfalls.

Heidenheim. Die Entführung und Ermordung der Bankiersfrau Maria Bögerl setzt die Polizei mächtig unter Druck. Nach wie vor sind Fragen offen: Wer ist der Entführer? Und ist er auch der Mörder? Warum wurden nicht überall Spürhunde bei der Suche nach der 54-Jährigen eingesetzt und wieso platzte die Geldübergabe? Intern laufen die ersten Analysen, zu welchem Zeitpunkt welche taktische Entscheidungen getroffen wurden und ob diese richtig waren. Die Wörter „Fehler“ oder „Panne“ nimmt die Polizei nicht in den Mund.

Manche fühlen sich an die blamable Suche nach dem Phantom von Heilbronn erinnert: Fast zwei Jahre nach dem Mord an einer 22 Jahre alten Polizistin in Heilbronn mussten Ermittler am 27. März 2009 einräumen, dass die Polizei in diesem Mordfall monatelang ein Phantom jagte. Die an mehreren Tatorten gefundene Genspur stammte von einer Arbeiterin, die bloß die Wattestäbchen für die Spurensuche beim Verpacken berührt hatte. Diese Bluttat ist noch ungelöst, und auch im Mordfall Bögerl stochert die Polizei im Nebel.

SUCHHUNDE: Klären muss die Polizei, warum ausgerechnet in dem Waldgebiet, wo die Leiche am Donnerstagabend entdeckt wurde, keine Spürhunde eingesetzt wurden – obwohl nur Tage nach der Entführung und unweit des Leichenfundortes bereits das Handy des Opfers gefunden worden war. Zufällig witterte dann der Hund eines Spaziergängers die stark verwesten Überreste der Bankiersfrau. Sie muss dort länger gelegen haben. Wie konnten die Suchmannschaften die Leiche übersehen?

Im Fall Bögerl hatte die Polizei ein recht großes Gebiet zu durchsuchen. Deswegen konnten – möglicherweise aus Kapazitätsgründen - nicht überall Hunde suchen: Angesetzt waren Rettungshunde, Leichenspürhunde und Man-Trailer-Hunde, die sonst lebende Menschen aufspüren sollen. Zurzeit laufen Befragungen der damals an der Suche beteiligten Polizisten: „Man muss nachschauen, warum welche Entscheidungen getroffen wurden“, heißt es bei der Polizei.

LÖSEGELD: Ebenfalls nahe am Fundort der Leiche war am Tag der Entführung vom 12. Mai die Übergabe der 300.000 Euro Lösegeld gescheitert . Das Geld kam zu spät zum vereinbarten Ort. „Die enge zeitliche Vorgabe und sehr detaillierte Vorgaben des Täters haben verhindert, dass das Lösegeld rechtzeitig an der vorgesehenen Abladestelle niedergelegt werden konnte. Es wurde 15.27 Uhr verspätet dort abgelegt. Bis zum nächsten Morgen um 7.00 Uhr wurde das Lösegeld nicht abgeholt“, lautete die Erklärung am Freitag.

Die Polizei wurde indes unmittelbar nach dem ersten Anruf des Täters informiert. „Die Geldübergabe ist nicht optimal verlaufen“, heißt es in Polizeikreisen inzwischen. Ansonsten könne man nicht sehen, dass „zum derzeitigen Zeitpunkt Fehler gemacht worden sind“.

TÄTER: Nach Darstellung der Polizei gibt es keine heiße Spur. Der Mann , der telefonisch das Lösegeld verlangte, soll „mittleren Alters sein und soll ortsüblichen schwäbischen Dialekt gesprochen haben“. Er meldete sich danach nicht mehr wieder. Doch ist er auch der Mörder? Ein Heidenheimer Polizeisprecher sagt: „Wir haben keine Hinweise, ob es ein Einzeltäter war oder mehrere Täter waren.“ Zum Phantombild eines Mannes mit Pferdeschwanz, der seit Tagen als Zeuge gesucht wird, gibt es mehr als 500 Hinweise. Einige Männer, die dem Mann ähnlich sehen, wurden bereits vernommen. „Wir kennen die Identität des Zeugen immer noch nicht“, sagt die Polizei.

Externe Kidnapping-Experten gehen von einem unprofessionellen Einzeltäter aus: „Wirkliche Profis gehen anders vor, sie melden sich lange nicht und fordern viel Geld“, erklärte der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb. 80 Prozent aller Entführungen deutschlandweit seien bis ins Detail geplant gewesen - die Heidenheimer gehöre nicht dazu. Roseliebs Ansicht nach kommt der Entführer mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Umgebung. Sowohl der schwäbische Akzent des Täters als auch die geringen Entfernungen zwischen dem Wohnort der Entführten, dem Fundort der Leiche und der Übergabestelle des Lösegelds sprächen dafür.