Maike Kraft überlebte das Erdbeben. Gestern Abend sprach sie im Fernsehen über die schweren Tage, ihre Angst, die dramatische Heimkehr. Und eine Hamburger Schule gewinnt Thomas Gottschalk für eine Sonderspendenaktion.

Hamburg/Berlin. Die Anteilnahme ist überwältigend. Als gestern die von "Bild" und ZDF initiierte Spendengala "Wir wollen helfen! Ein Herz für Kinder" in Berlin zu Ende ging, stand ein sensationelles Ergebnis fest: Die Bundesbürger hatten bis dahin 17 859 462 Euro für die Erdbebenopfer in Haiti gespendet. Die Moderatoren Thomas Gottschalk (59) und Steffen Seibert (49) sagten tief bewegt: Danke, Deutschland!

Andere Spendenaktionen hatten zuvor schon mehr als 10 Millionen Euro für Haiti erbracht.

Es war eine Sendung der großen Gefühle. Bundeskanzlerin Angela Merkel (55), live zugeschaltet, stockte die Berliner Hilfe von bisher 7,5 Millionen Euro spontan um weitere 2,5 Millionen auf und versprach unbürokratische Abrechnung mit dem Finanzamt: "Wer für Haiti spendet, braucht nur Einzahlungsbeleg oder Kontoauszug vorzulegen." Popsängerin Sarah Connor (29) überreichte einen Scheck über 139 000 Euro. Die Summe stockte Gottschalk mal eben auf 200 000 Euro auf. Das Geld muss er aber erst noch verdienen. "Mein Honorar kann ich nicht spenden", sagte er. "Für diese Sendung treten alle ohne Gage auf." Zu Hilfe kommt ihm das Gymnasium Eppendorf. Die Schule in der Hegestraße hatte Bilder und Plakate gemalt und für Haiti versteigert. 5000 Euro kamen so zusammen. Jetzt will der Moderator am Montag nach Hamburg kommen, um "mindestens 50 000 Euro mit den Schülern für Haiti zusammenzubekommen. "Denkt euch was aus, wir schaffen das schon."

Besonders bewegend war der Auftritt der Flensburgerin Maike Kraft (27). Die junge Frau hatte fünf Tage das Grauen auf Haiti erlebt, bevor sie in die USA ausgeflogen wurde. Gleich nach ihrer Ankunft in Florida war sie weiter nach Deutschland gereist, um bei der TV-Gala von ihren Erlebnissen zu berichten. Kurz vor Sendebeginn sah sie zum ersten Mal ihre Mutter Sigrun wieder. Die beiden fielen sich in die Arme und weinten still.

Maike und ihr Bruder Timo (22) waren mit einem dritten Flensburger, Christopher W. (16), in Grande-Goave, um ein Waisenhaus der amerikanischen "Mission of Hope" aufzubauen, als das Beben Haiti erschütterte (wir berichteten). "Nach einem Tag in den Bergen kamen wir gerade wieder im Hauptquartier der Missionsbasis an, als die Erde unter unseren Füßen anfing zu schütteln", berichtet Maike Kraft. "Als die Gegenstände aus allen Regalen flogen, habe ich meine Kamera genommen und gedacht: Das musst du einfach festhalten. Als die Erschütterungen aufhörten, haben wir erst gar nicht an die Ausmaße des Bebens gedacht. Plötzlich hörten wir von überall her die Schreie der Menschen und sahen eingestürzte Gebäude. Verwundete liefen an uns vorbei. Eine Frau mit einem Baby im Arm lief mir entgegen. Ich wollte helfen. Doch das Kind starb in meinen Armen." Maike und Timo Kraft überlebten im Schutz eines Türrahmens, Christopher W. unter einem Bürotisch.

Ihre Situation wurde jedoch mit jedem Tag bedrohlicher. Sie hatten kaum zu essen und zu trinken. Medikamente fehlten. Maike Kraft, die schon zum dritten Mal auf Haiti half, berichtete von Nachbeben: "Mehr als 70-mal bebte die Erde, Totengestank wehte durch die Straßen. Ich habe 63 Stunden lang nicht geschlafen. Sowie ich versuchte, die Augen zuzumachen, kamen die schrecklichen Bilder hoch."

Nachdem sie es schließlich geschafft hatten, sich zum Flughafen ins 50 Kilometer entfernte Port-au-Prince durchzuschlagen, wurden sie nach Florida und von dort nach Sturbrigde/Boston ausgeflogen. Nach fünf Tagen war für sie der Albtraum vorbei.

Nun kommt es darauf an, das Waisenhaus in Haiti, in dem 32 Kinder leben, wieder aufzubauen. "Dieses Waisenhaus wird dringend benötigt", sagte Maike Kraft eindringlich. "Ich will so schnell wie möglich dorthin zurückkehren und helfen."

Bei der TV-Gala standen die Band Silbermond, Peter Maffay (60), Marius Müller-Westernhagen (61) und Chris de Burgh (61) mit ihren Namen für die Soforthilfe. Spendenanrufe wurden von einer großen Prominentenriege entgegengenommen, unter ihnen die Boxer Arthur Abraham (29) und Vitali Klitschko (38), Fußballtrainer Felix Magath (56), die Sängerinnen Andrea Berg (43) und Vicky Leandros (57), die Schauspielerinnen Gaby Dohm (66) und Andrea Sawatzki (46), Designer Wolfgang Joop (65) sowie die Ehefrau des Verteidigungsministers, Stephanie zu Guttenberg (33). Michael Ballack (34), Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, wurde per Video zugeschaltet. "Ich habe sofort nach der Katastrophe mit Mannschaftskameraden und Bundestrainer Joachim Löw gesprochen", sagte er. "Wir haben 150 000 Euro gesammelt."