Ein Schüler verletzt neun Menschen bei einem Anschlag auf seine Schule mit Molotowcocktails. Georg R. hatte eine “Apokalypse“ angekündigt.

Ansbach/Hamburg. Rauchschwaden ziehen durch den Raum, Panik und Geschrei breiten sich aus. Ein Mädchen wird von einem Molotowcocktail getroffen, eine weitere Schülerin mit einer Axt am Kopf verletzt. Brände flackern auf. Amoklauf am bayerischen Carolinum-Gymnasium in Ansbach.

Gestern Morgen, 8.30 Uhr: Es ist der dritte Schultag nach den Sommerferien, als der 18 Jahre alte Georg R., Schüler der 13. Klasse, mit drei Molotowcocktails, einer Axt und zwei Messern bewaffnet in das Schulgebäude stürmt.

Um 8.35 geht bei der Polizei der erste Notruf ein. Da hat der Amokläufer, der einen schwarzen Mantel und eine Schutzbrille trägt, bereits zwei Brandsätze in voll besetzte Räume einer achten und elften Klasse im dritten Stock geworfen. Einer der Molotowcocktails trifft eine Schülerin der elften Jahrgangsstufe und verletzt sie schwer. Dann wartet der Täter mit der Axt in der Hand an der Klassentür und schlägt auf die flüchtenden Jugendlichen ein. Eine Schülerin verletzt er dabei so schwer schwer am Kopf, dass sie gestern am späten Abend noch in Lebensgefahr schwebt. Sechs weitere Jugendliche und ein Lehrer werden ebenfalls verletzt. Kurze Zeit später trifft ein Großaufgebot von Einsatzkräften ein. Das Gebäude mit knapp 700 Schülern wird sofort evakuiert.

Dann fallen Schüsse.

Es ist 8.46 Uhr: Der Albtraum ist vorbei. Die Polizei stoppt den Amokläufer mit fünf Schüssen in den Körper. Schwer verletzt schleppt sich Georg R. auf eine Schultoilette, wird dort festgenommen und mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen, wo er sofort operiert wird.

Es war der dritte Amoklauf an einer deutschen Schule in diesem Jahr. "Mit dem schnellen Einsatz der Polizei gelang es, eine schlimmere Eskalation zu verhindern", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Das ist auch ein Verdienst eines Schülers der 13. Klasse. Er informierte geistesgegenwärtig die Polizei, nachdem er eine Explosion gehört hatte. Deshalb konnte Georg R. nur elf Minuten nach dem Notruf schon überwältigt werden. Außerdem löschte der Abiturient, der Mitglied der freiwilligen Feuerwehr ist, noch einen Kleinbrand. Ein Schüler, der den Amoklauf miterlebte, berichtete geschockt: "Wir haben zuerst gedacht, das ist eine Übung, aber dann hat alles gebrannt." Er selbst habe sich noch in letzter Sekunde sein brennendes T-Shirt ausziehen können. Während der Paniksituation haben die Lehrer vorbildlich die Verletzten aus der Schule getragen und überprüft, ob alle Klassenzimmer verlassen worden sind, berichtete Schulleiter Franz Stark. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) zeigte sich am Tatort bestürzt: "Ein schreckliches Ereignis. Aber so etwas lässt sich nicht vermeiden. Eine Schule ist kein Hochsicherheitstrakt." Die große Frage nach dem "Warum" beschäftigt nun Eltern, Polizei und Schüler. Doch bislang ist das Motiv von Georg R., der von seinen Mitschülern als Einzelgänger bezeichnet wird, unklar. Kriminologe Arthur Kreuzer von der Uni Gießen: "Die Tat ist ein Akt der scheinbaren Befreiung. Einmal bin ich der Mächtige und nehme die Waffe. Danach ist alles zu Ende."

Georg R., der zuvor nie strafrechtlich aufgefallen war, hatte die Tat offenbar lange geplant. Polizeisprecherin Elke Schönwald: "Bei der Durchsuchung seines Zimmers haben wir Schriftstücke gefunden, die darauf schließen lassen." Der Bayerische Rundfunk berichtet, dass der Amokläufer seit Längerem in psychologischer Behandlung war. In seinen Schreiben kündigte er die "Apokalypse" an.