Zum Schutz des 19-jährigen Angeklagten vor öffentlicher Bloßstellung schließt das Gericht in Ansbach Zuschauer bis zum Urteil aus.

Ansbach. Der Prozess gegen den Amokläufer vom Ansbacher Carolinum-Gymnasium hat am Donnerstag unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Dadurch will das Landgericht Ansbach dem 19-jährigen Angeklagten eine Bloßstellung ersparen. Obwohl der Medien- und Zuschauerandrang enorm war, ließ die Große Jugendkammer die Öffentlichkeit nur während der Verlesung der Anklageschrift zu. Für den restlichen Prozess bis zur Verkündung des Urteils, das am 29. April gesprochen werden soll, bleiben die Türen verschlossen.

Die Anklage wirft dem ehemaligen Schüler Georg R. versuchten Mord an 47 Menschen, gefährliche Körperverletzung, versuchte besonders schwere Brandstiftung und versuchten Totschlag an zwei Polizisten vor. vor. Er hatte am Morgen des 17. im September 2009 „aus Hass auf die Menschheit und die Schule“ sein Gymnasium mit einem Beil, einem Hammer, vier Messern und fünf Brandsätzen überfallen. Dabei verletzte er acht Schüler und einen Lehrer. Einem Mädchen fügte er lebensgefährliche Kopfverletzungen zu. Bevor er durch die Schüsse eines Polizeibeamten außer Gefecht gesetzt wurde, hatte Georg R. noch versucht, sich selbst durch Schnitte in den Unterarm und das Essen einer größeren Menge Tabak zu töten. Zum Prozessauftakt erschien der 19-Jährige vermummt in einem Kapuzenpulli mit Schal, den er weit in sein Gesicht gezogen hatte. Gegen die Blicke aus dem Zuschauerraum schützte er sich mit einem vorgehaltenen Blatt Papier, senkte den Kopf immer wieder nach unten.

Staatsanwaltschaft erwartet weitere Straftaten

R. habe heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln dazu angesetzt, Menschen zu töten, las Staatsanwalt Jürgen Krach aus der Anklageschrift vor. Es sei davon auszugehen, dass der 19-Jährige weitere „erhebliche rechtswidrige Taten“ begehen werde. Deshalb sei Georg R. für die Allgemeinheit gefährlich. Ein Gutachter hatte dem ehemaligen Schüler des musisch-humanistischen Gymnasiums vor dem Prozess verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer gravierenden Persönlichkeitsstörung bescheinigt. Außerdem habe er Reiferückstände. Seit Januar ist Georg R. in einer psychiatrischen Klinik in Ansbach untergebracht. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft und darüber hinaus die Unterbringung in der Psychiatrie. „Bei einer Verhandlung gegen einen Heranwachsenden ist das öffentliche Interesse von nachrangiger Bedeutung“, erklärte der Vorsitzende Richter Bernd Rösch.

Wichtig sei aber der Schutz des Angeklagten vor „persönlichen, sozialen und beruflichen Nachteilen“ durch die öffentliche Bloßstellung. Um dennoch eine Berichterstattung zu ermöglichen, dürfen zwei Sprecher der Nürnberger Justiz als Prozessbeobachter teilnehmen. Den Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit hatte die Verteidigung gestellt. Die Anklagevertretung wollte den Prozess weitgehend öffentlich verhandeln. Sie hielt einen Ausschluss lediglich bei der Vernehmung der jugendlichen Zeugen, der Eltern des Angeklagten und des psychiatrischen Gutachters für gerechtfertigt.