Schwarzafrikanerinnen werden mit magischen Ritualen zur Prostitution gezwungen. Ihr Schweigen erschwert Ermittlern die Arbeit.

Wiesbaden. Wenn Männer ins Bordell gehen, dann verfolgen sie für gewöhnlich ein bestimmtes Ziel: Sie wollen Sex gegen Bares. Etwa sechs Milliarden Euro werden jährlich in den deutschen Rotlichtmilieus mit käuflicher Liebe umgesetzt. In dieser Summe nicht mit eingerechnet sind jedoch die Umsätze, die mit der illegalen Prostitution in Privatwohnungen, illegalen Bordellen oder am Straßenrand erwirtschaftet werden.

Die genaue Zahl der Prostituierten, die in Deutschland dem ältesten Gewerbe der Welt nachgehen, ist ebenfalls nicht bekannt. Die Experten des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden vermuten jedoch, dass der Anteil von Frauen mit Migrationshintergrund inzwischen bei über 50 Prozent liegen dürfte. Dafür sprechen auch die aktuellen Ermittlungsergebnisse, die das BKA in seinem jüngsten "Bundeslagebild Menschenhandel" veröffentlicht hat: Danach wurden im Jahre 2009 im Vergleich zum Vorjahr 534 Ermittlungsverfahren im Bereich des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung abgeschlossen, rund elf Prozent mehr als noch im Vorjahr. Etwa ein Drittel der insgesamt 777 registrierten Tatverdächtigen, die zumeist straff organisierten Schleuserbanden angehören, stammt aus Deutschland, ein Sechstel von ihnen besitzt eine abweichende Geburtsstaatsangehörigkeit. Wie im Vorjahr wird die Szene weiterhin von Bulgaren, Rumänen, Türken sowie einer zunehmenden Zahl von nigerianischen Banden dominiert . Aus diesen Ländern stammen auch die meisten Opfer, viele von ihnen sind unter 18.

Die Ermittlungen gestalten sich häufig als schwierig. Zwar gab fast die Hälfte der ermittelten Opfer an, mit der Ausübung der Prostitution einverstanden gewesen zu sein. Doch die Ermittler gehen davon aus, dass es sich bei den meisten solcher Aussagen um Schutzbehauptungen handelt, aus Angst vor Misshandlungen oder Repressalien von Familienangehörigen in der Heimat.

"Die Aussagen der Opfer sind von zentraler Bedeutung, um gegen die Täter ermitteln zu können", fasst BKA-Präsident Jürgen Ziercke die Bemühungen der Ermittler zusammen, beweiskräftige Indizien und Aussagen gegen die skrupellosen Menschenhändler zu sammeln. Denn vielfach befinden sich die Frauen in perfiden finanziellen Abhängigkeitsverhältnissen, besitzen weder ihren Pass noch internationale Sprachkenntnisse und werden darüber hinaus massiv eingeschüchtert und wie Sklavinnen gehalten.

Mit Erstaunen stellten die Ermittler außerdem fest, dass Frauen aus Schwarzafrika von ihren Peinigern inzwischen häufig mit Voodoo-Ritualen in eine psychische Zwangslage gebracht werden. Diese Frauen haben zumeist ein Schweigegelübde abgelegt und sind daher so verängstigt, dass es für die Ermittler geradezu unmöglich ist, sie zu einer Aussage zu bewegen. "Doch gerade den Opfern, die sich aus eigenem Antrieb heraus an die Polizei wenden wollen, müssen durch verstärkte Präsenz im Milieu, mehrsprachige Informationsbroschüren und gezielte Ansprache umfassende Möglichkeiten zur Anzeigenerstattung geschaffen werden", sagt Jürgen Ziercke. Die Ermittler benötigten darüber hinaus ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und interkultureller Kompetenz, denn: "Nur mit umfassender Beratung können die Opfer die Polizei als Helfer wahrnehmen."

Nach Ansicht der renommierten internationalen Frauenrechteorganisation "Terres des Femmes" sind es letztendlich die Männer, die dazu beitragen, dass die Gewinne der Schlepperbanden und Zuhälter dramatisch angestiegen sind. Die gestiegene Nachfrage der Freier nach "immer neuen Frauen, möglichst jung und nicht so teuer" biete erst die Voraussetzung dafür, dass Frauen wie Vieh gehandelt werden. Tatsächlich haben Kunden die Wahl, auch im Bordell. "Terres des Femmes" klagt die Puffgänger jedoch nicht an, sondern appelliert an deren Vernunft: "Männer setzen Zeichen" heißt der Titel einer Aufklärungsbroschüre. Freier sollen danach Verantwortung übernehmen, die Augen offen halten und verdächtige Missstände melden, die sich schon an den Dumpingpreisen für Liebesdienste erkennen ließen. Dies gelte auch für den grauen Heiratsmarkt. Menschenhandel sei ein Offizialdelikt, dem eine Staatsanwaltschaft nachgehen muss.