HSV-Handballer wollen sich heute gegen Vizemeister Flensburg-Handewitt für den Titelkampf in Position werfen. Mit an Bord: Kapitän Hens.

Hamburg. Als die HSV-Handballer die SG Flensburg-Handewitt vor elf Monaten mit 27:19 aus der O 2 World warfen, wollte Mehrheitsgesellschafter Andreas Rudolph in das allgemeine Lob über die Leistung des deutschen Meisters nicht einstimmen. "Diesen Sieg haben wir allein Jogi Bitter zu verdanken, niemandem sonst", beharrte Rudolph auf seiner Meinung. Inzwischen hat er sie nicht mehr exklusiv. "Wenn der Bitter nicht so hervorragend gehalten hätte, wäre das Spiel anders ausgegangen", sagt im Rückblick jetzt auch der Flensburger Trainer Ljubomir Vranjes.

Die Nachbetrachtung ist wieder aktuell, weil die Hamburger heute Abend (20.15 Uhr, O 2 World, live beim Pay-TV-Sender Sport1+ und im Internet bei sport1.de) den deutschen Vizemeister und Europapokalsieger der Pokalsieger empfangen und der Garant des damaligen Erfolges, Torhüter Johannes Bitter, nach einem Kreuzbandriss weiter an seiner Genesung arbeiten muss. "Um die Flensburger zu schlagen, brauchen wir erneut eine exzellente Torhüterleistung", ahnt Matthias Rudolph. Beim Champions-League-Qualifikationsturnier am Wochenende in Saint-Raphaël, und das macht dem neuen Präsidenten der HSV-Handballer Mut, genossen die Hamburger den erhofften Rückhalt. Enid Tahirovic und Dan Beutler waren zwar nicht immer auf dem Posten, aber immer dann, wenn es darauf ankam. Über Bitter-Ersatz Tahirovic gerät Geschäftsführer Christoph Wendt gar ins Schwärmen: "Das ist für uns der richtige Mann am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt." Tahirovic gibt das Kompliment gern zurück: "Noch einmal in Hamburg anzuheuern war die richtige Entscheidung. Das ist ein toller Verein und eine großartige Mannschaft."

+++ Der HSV zittert sich in die Champions League +++

Um die Leistungsfähigkeit des HSV in dieser Saison einordnen zu können, sind die starken Flensburger der passende Gegner; zwar nicht zum richtigen Zeitpunkt, da die Hamburger strapaziöse Tage hinter sich haben, "aber ein Spitzenteam muss mit diesen Umständen zurechtkommen", fordert Trainer Martin Schwalb. Das Spitzenspiel, für das sich alle HSVer, auch Kapitän Pascal Hens, fit gemeldet haben, ist auch ein Duell der Kronprinzen, denn nur der Sieger darf sich vage Hoffnungen machen, neben den Rhein-Neckar Löwen und den Füchsen Berlin Rekordmeister THW Kiel in dieser Spielzeit herausfordern zu können. Wobei die HSV-Spieler - trotz der 26:33-Auftaktniederlage in Wetzlar - den Titelkampf mit Kiel als nicht aussichtslos einschätzen. "Der THW", sagt Torhüter Beutler, "wirkt auf mich nicht mehr ganz so souverän wie in der vergangenen Serie." In der gewannen die Kieler alle 34 Bundesligaspiele, den deutschen Pokal und zum dritten Mal die Champions League.

Die Veränderungen beim HSV sind dagegen positiv. Unter Meistertrainer Schwalb hat die Mannschaft wieder Tempo aufgenommen, ist in Angriff und Abwehr dynamischer geworden, und auch die Integration der neuen Spieler nimmt Konturen an. Sicher ist schon jetzt: Rechtsaußen Fredrik Petersen und Kreisläufer Andreas Nilsson sind wie Tahirovic Verstärkungen, Talent Stefan Terzic kann eine werden. Es muss nur noch weiter zusammenwachsen, was zusammengehört. Und selbst die im Raum stehenden 20-prozentigen Gehaltskürzungen haben bislang der Moral nicht geschadet.

Mit ähnlichen Einkommensschnitten haben die Flensburger bereits in der Vergangenheit Erfahrungen gesammelt, und auch in dieser Saison ist der 5,2-Millionen-Euro-Etat nicht gesichert. Die Mannschaft präsentiert sich dennoch von ihrer besten Seite, gewann die ersten beiden Heimspiele souverän. "Individuell sind wir stärker besetzt", sagt HSV-Co-Trainer Jens Häusler, "aber die Flensburger sind als Team hervorragend eingespielt. Das ist ihre ganz große Qualität." Und sie haben mit Mattias Andersson einen überragenden Torhüter. "Diesmal wird er das Spiel entscheiden", hofft Trainer Vranjes.