Die HSV-Handballer spielen um den Einzug in die Champions League - und wichtige Zusatzeinnahmen in Höhe von bis zu einer Million Euro.

Hamburg. Eines kann Marcin Lijewski über den morgigen Gegner des HSV Hamburg sagen: "Nichts." Jedenfalls nicht mehr, als ohnehin alle wissen, die sich ein bisschen im europäischen Handball auskennen: dass Wisla Plock aktuell polnischer Vizemeister ist und sich recht prominent verstärkt hat, "mit lauter guten Jungs". Aber ganz gleich ob nun seine Landsleute im Halbfinale des Champions-League-Qualifikationsturniers am Sonnabend (16.30 Uhr), Gastgeber Saint-Raphaël Var aus Frankreich oder RK Koper aus Slowenien, die möglichen Gegner im Finale am Sonntag (19 Uhr/jeweils Laola1.tv): "Die Aufgabe ist schwer, aber machbar."

Jeder Versuch, die Favoritenrolle abzulehnen, wäre ohnehin vergeblich für den letztjährigen deutschen Meister. Es ist gewissermaßen Teil des Selbstverständnisses des HSV, dass er auch im sechsten Jahr hintereinander der europäischen Eliteklasse angehört. Lijewski geht sogar noch weiter: "Es ist unsere Pflicht."

Der Satz mag veranschaulichen, was für die Hamburger an diesem Wochenende auf dem Spiel steht. Wobei schwer abzuschätzen ist, was schwerer wiegt: der ideelle oder der materielle Wert. Für Trainer Martin Schwalb ist das keine Frage: "Wir haben nur sportlichen Druck. Die Champions League ist ein hohes Gut. Aber sie würde uns finanziell nicht auf eine andere Ebene heben." Das sei ein entscheidender Unterschied zum Fußball.

Sicher ist, dass der HSV seine finanziellen Probleme nicht an diesem Wochenende lösen kann. Nur 40.000 Euro Prämie sind jedem der 24 Klubs garantiert, die vom 26. September an in der Gruppenphase mitspielen. Das dürfte gerade reichen, um die Unkosten zu decken. Doch mit jeder Runde wird die Champions League auch finanziell interessanter: Jeder der vier Gruppensieger erhält weitere 40.000 Euro. Die Achtelfinalteilnahme bringt weitere 25.000, das Viertelfinale erneut 40.000 Euro. Und der Sieger des Finalturniers in Köln schließlich streicht 350.000 Euro ein. Macht zusammen bis zu 495.000 Euro, die allein an Preisgeld zu verdienen sind. Beim Abstieg in den EHF-Pokal hingegen wären es genau: null.

Doch dabei bleibt es nicht. Für die bis zu sieben Heimspiele verbleiben die Zuschauereinnahmen beim Verein. Und die dürften deutlich höher in der Champions League ausfallen als im zweitklassigen EHF-Pokal. Hinzu kommen Bonuszahlungen von Sponsoren: Sie lassen sich die zusätzlichen garantierten Fernsehtermine bei Eurosport üblicherweise einiges kosten, im Erfolgsfall werden weitere Prämien fällig. Die Finalisten dürfen obendrein an der lukrativen Vereins-WM in Doha teilnehmen.

In der Summe kommt so leicht mehr als eine Million Euro zusammen. Keine geringe Summe, gemessen am Vereinsetat, den der HSV auf 8,1 Millionen Euro veranschlagt hat. In seinem Lizenzantrag bei der Bundesliga hat der Verein die Champions-League-Teilnahme bereits einkalkuliert. "Hanseatisch konservativ" zwar, wie Schwalb betont. Im Fall eines Scheiterns dürfte jedoch das Anliegen der Vereinsführung, die Spieler zu einem Gehaltsverzicht zu bewegen, noch ein bisschen dringender werden.

Das Thema würde aber in jedem Fall auf der Agenda bleiben. "Das ist eine Frage der langfristigen Planung und hängt nicht an einem Turnier", sagt Schwalb. Der Trainer ist bereits mit gutem Beispiel vorangegangen und hat auf einen Teil seines Einkommens verzichtet. Die Spieler bekämen immer noch alle ihr vertraglich festgeschriebenes Salär. Statt von einer angespannten spricht Schwalb lieber von einer "spannenden Situation", in der sich der Klub befinde: "Alle müssen zusammenhalten, daraus kann auch etwas Positives erwachsen."

Bis der HSV mit jedem Spieler eine Einigung getroffen hat, dürften noch einige Monate vergehen. Genug, um zu wissen, was von der Saison sportlich zu erwarten ist. In der Bundesliga hat der HSV seinen Fehlstart mit dem 29:28-Erfolg am Dienstag in Magdeburg wieder eingerenkt. Siegtorschütze Blazenko Lackovic traut der Mannschaft auch in der Champions League Großes zu: "Wir haben allemal die Qualität, es nach Köln zu schaffen."

Doch dafür muss man zunächst am Wochenende an der Côte d'Azur bestehen. Einem Scheitern könnte Schwalb nur eines abgewinnen: "Den EHF-Pokal kann man vielleicht sogar gewinnen."