Nach einer 20-Stunden-Reise wurde der HSV in Indonesien von Fans und Medien umlagert. Das heutige Freundschaftsspiel ist ausverkauft.

Jakarta. Das Begrüßungskomitee musste ein wenig warten. Mit mehr als anderthalb Stunden Verspätung landete der HSV-Tross am Sonntagnachmittag mit einer Chartermaschine aus Dubai in Jakarta und wurde am Halim Perdanakusuma Airport von 28 Grad, 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und knapp 100 schreienden und tanzenden Teenagern mit HSV-Fahnen begrüßt. Textsicher und auf deutsch („Super HSV“, „Von der Elbe bis zur Isar, immer wieder HSV“) feierten die geduldigen Indonesier ihre Stars, die sie ja sonst nur aus dem Fernsehen kannten. Doch viel Zeit zur erhofften Kontaktaufnahme und für persönliche Gespräche blieb nicht. Nur wenige Minuten nach der Landung ging es für Hamburgs Handlungsreisende in Sachen Fußball von einer Polizeieskorte begleitet durch Jakartas aberwitzigen Verkehr an mehreren Tausend Mopeds vorbei ins luxuriöse Shangri-La, wo natürlich auch das mediale Begrüßungskomitee schon wartete.

„Ich könnte mich über die Strapazen beschweren, aber das tue ich nicht“, sagte Trainer Bert van Marwijk, der umgehend nach der Ankunft im Hotel zum Interviewmarathon mit den lokalen Medien im Saal Sumatra gebeten wurde. „Natürlich ist es eine toughe (harte, schwierige, d. Red.) Reise, aber die Spieler werden aus diesem Trip auch etwas lernen“, sagte der gefragte Niederländer, der bereits vor der Abreise jede einzelne Minute des Dreitagetrips mit Mannschaftsarzt Philip Catala-Lehnen durchgeplant hatte.

„Die Reise ist anstrengend, aber zu diesem Zeitpunkt der Vorbereitung ist es ist auch keine übermäßige Beanspruchung“, sagte Catala-Lehnen, der alle Profis zum Tragen von Kompressionsstrümpfen während des Flugs verpflichtet hatte. Etwas mehr als die „normalen“ Anstrengungen der 20-Stunden-Reise machte dem Mediziner nur der Kampf gegen den Jetlag Sorgen, schließlich beträgt die Zeitverschiebung sechs Stunden.

Während des Flugs verzichteten die HSV-Spieler auf harte Schlafmittel

„Der Körper kann sich nur schwierig so schnell auf eine neue Zeitzone einstellen, besonders von West nach Ost ist es nicht einfach“, sagt Catala-Lehnen, der den Spielern empfohlen hatte, im Charterflieger von Dubai nach Jakarta zu schlafen, sich aber nicht unbedingt nach der Landung in Indonesien nachmittags im Hotel hinzulegen. Freiwillig konnten die Profis Baldrian oder Beruhigungsmittel auf pflanzlicher Basis einnehmen, auf härtere Mittel wie Melatonin wurde in Absprache mit dem Trainerteam verzichtet.

Und während van Marwijk, Rafael van der Vaart, René Adler und Marcell Jansen den Nachmittag über von TV-Termin zu TV-Termin tingeln mussten, kümmerten sich Hamburgs mitgereiste Physiotherapeuten präventiv um die wertvollen Beine der anderen HSV-Profis. „Wir wissen ja genau, welche Spieler möglicherweise ein bisschen anfälliger sind und welche nicht. Dementsprechend haben wir uns auch einen genauen Pflegeplan überlegt“, erklärt Catala-Lehnen, der ausdrücklich van Marwijks Entscheidung, aus dem abendlichen Training im Nationalstadion von Jakarta eine kurze Regenerationseinheit zu machen, begrüßte. Trainer und Mannschaftsarzt hätten auch abgesprochen, dass nach der Rückkehr nach Abu Dhabi in den ersten Einheiten die Intensität nicht zu hoch sein sollte, um keine Muskelverletzungen unnötig zu riskieren.

Bevor es aber am Dienstag zurück in die Emirate geht, wo die angeschlagenen Profis Heiko Westermann, Kerem Demirbay und Slobodan Rajkovic bereits seit Sonntag mit Rehatrainer Markus Günther schuften, steht an diesem Montag noch der eigentliche Grund der Reise nach Südostasien auf dem Programm. Vormittags fliegen die Hamburger aus Jakarta ins 900 Kilometer entfernte Malang, wo sie am Abend um 20 Uhr Ortszeit (14 Uhr MEZ) im Stadion Kanjuruhan als erste deutsche Mannschaft überhaupt auf das indonesische Team Arema Cronus treffen. Fast alle der 30.000 Tickets seien bereits vergriffen – und das, obwohl man in Indonesien doch eigentlich Dinge eher auf den letzten Drücker erledigen würde, erzählte Gastgeber Tantan Sumartana, der Direktor vom MNC-TV-Kanal, belustigt. „Ich habe gehört, dass Arema Coruns eine sehr gute Mannschaft ist“, lobte dann auch van Marwijk betont höflich, musste aber zugeben, dass er einzelne Spieler des Teams gar nicht kennt. Sicher sei er sich aber, dass aus seiner Mannschaft jeder der 22 mitgereisten Profis für jeweils 45 Minuten zum Einsatz kommen wird. Lediglich Torwart René Adler, der noch immer Probleme mit seinem Knöchel hat und nur aus repräsentativen Gründen den Trip nach Jakarta mitmachen musste, wird geschont.

Mit seinem Trip nach Fernost verdient der HSV 500.000 Dollar

Mehr als geschont wurde in Indonesiens 28-Millionen-Einwohner-Metropole auch das zuletzt stark angekratzte Selbstbewusstsein der HSV-Profis, die weit entfernt von der Heimat fast ausschließlich auf Champions-League-Niveau gefeiert wurden. So musste auf der Begrüßungspressekonferenz van der Vaart beispielsweise erklären, warum er mit seinen 30 Jahren noch immer fitter als die meisten seiner Mitspieler und was das Geheimnis seiner Jugend sei. „Im Kopf bin ich immer noch ein 18-Jähriger“, antwortete der Niederländer – und hatte damit die Lacher auf seiner Seite.

Da wollte dann auch van der Vaarts sonst meist ernster Landsmann van Marwijk kein Spaßverderber sein. Ob der HSV die in Fernost verdienten 500.000 Dollar wieder in die Mannschaft investieren werde, fragte eine etwas aufgeregte indonesische TV-Journalistin, die erklärte, gerade live auf Sendung zu sein. „Das hoffe ich“, antwortete van Marwijk mit fester Stimme, ergänzte dann aber mit einem Lächeln: „Ich glaube allerdings kaum, dass das für uns reichen wird.“