Am Freitag begann der HSV die Rückrundenvorbereitung, an diesem Sonnabend geht es nach Indonesien. „Nicht ideal“, findet Trainer van Marwijk, der sich auf das Sportliche konzentrieren will.

Hamburg. Eigentlich fehlten beim Jahresauftakt des HSV am Freitag nur der sonst fast immer anwesende Eiswagen, ein wenig Sonnenschein und ein einstelliger Tabellenplatz, um die mehr als 300 Anhänger so richtig glücklich zu machen. Doch trotz Nieselregens und Frösteltemperaturen um sechs Grad ließen es sich die zahlreichen Fans nicht nehmen, das erste Training des HSV im Jahr 2014 mit Kind und Kegel zu besuchen. Ein paar Autogramme hier, ein paar Handyfotos dort, nach gut anderthalb Stunden waren die meisten Zuschauer bestens gelaunt und rundum zufrieden. „Das wird schon“, rief einer den auslaufenden Fußballprofis aufmunternd hinterher – und erntete anerkennendes Kopfnicken.

Nur ein aufmerksamer Trainingsbeobachter wollte sich von der guten Neujahrstimmung nicht anstecken lassen. „16 Punkte sind einfach zu wenig“, sagte Trainer Bert van Marwijk, und machte ein ernstes Gesicht. „In den letzten Spielen hat ein gewisser Charakter in der Mannschaft gefehlt.“ Dies solle und müsse in der Rückrunde unbedingt besser werden, dafür werde er schon sorgen. Er sei durchaus ein „streitbarer Typ“, sagte er in seinem deutsch-holländischen Wortmix, und erklärte: „Durch Ärger bekomme ich noch mehr Energie.“ Und Ärger gebe es ja rund um den HSV ohnehin im Überfluss. „Ein paar Sachen werde ich ändern“, kündigte van Marwijk an, ohne dabei aber verraten zu wollen, was genau er gedenke zu modifizieren.

An den strapaziösen Reiseplanungen für das an diesem Sonnabend beginnende Trainingslager kann der Cheftrainer des HSV zu seinem Unbehagen allerdings nichts ändern. „Der Verein muss Geld verdienen, das gehört nun mal dazu. Aber ideal ist das alles nicht“, grummelte van Marwijk, der mit „das alles“ vor allem die Tour ans Ende des Globus gemeint haben dürfte. In 80 Tagen um die Welt? Das war gestern. Der HSV braucht gerade mal drei Tage für seine Reise zum Inselstaat Indonesien.

Mehr als 21.000 Kilometer durch sechs Zeitzonen ist der HSV-Tross zwischen Sonnabend und Dienstag unterwegs, reist von Fuhlsbüttel aus über Dubai in Indonesiens Hauptstadt Jakarta. Dort steht direkt nach der Ankunft ein Interviewmarathon mit lokalen Medien auf dem Programm, ehe es am nächsten Morgen weiter mit dem Flieger ins 900 Kilometer entfernte Malang geht, wo am Abend ein Testspiel gegen das indonesische Team Arema Cronus ansteht. Einmal übernachten, dann geht es zurück im Flieger nach Jakarta und von dort aus mit einer Chartermaschine ins eigentliche Trainingslager nach Abu Dhabi in die Emirate.

Insgesamt 450.000 Euro erhält der HSV für den Kurzzeitabstecher nach Fernost, der sportlich fragwürdig erscheinen mag, aus wirtschaftlicher Sicht aber alternativlos ist. Van Marwijk weiß das, will sich aber trotzdem zumindest ein bisschen öffentlich beklagen. Wirklich viele Trainingseinheiten blieben ihm nach der Ankunft in Abu Dhabi nicht, behauptete der 61 Jahre alte Fußballlehrer und erinnerte daran, dass auch die klimatischen Bedingungen der Expressweltreise extrem seien. Mit Mannschaftsarzt Philip Catala-Lehnen wolle er vor dem Abflug an diesem Sonnabend um 14.35 Uhr mit dem Emirates-Flug EK60 noch mal sprechen, um gemeinsam zu überlegen, wie man den kräftezehrenden Trip für die 26 mitreisenden Profis am verträglichsten gestalten könne.

Über die Bedingungen vor Ort dürfte sich allerdings niemand ernsthaft beschweren. In Indonesien residiert der HSV in den Fünf-Sterne-Palästen Shangri-La und Santika Premier, am persischen Golf von Abu Dhabi ist wie schon im vergangenen Jahr das luxuriöse Fairmont Bab Al Bahr gebucht. „Wir reisen in ein schönes Land und haben gutes Wetter“, sagte Rafael van der Vaart, der ähnlich anstrengende Trips in der jüngeren Vergangenheit wie nach Brasilien oder Südkorea bislang vermeiden konnte. „Durch so eine Vorbereitung muss man sich eben durchfighten“, sagte der Niederländer betont positiv.

Ohnehin keine großen Gedanken über etwaige Strapazen müssen sich Gojko Kacar, Valmir Nafiu und auch Robert Tesche machen. Das Trio soll in Hamburg bleiben, sich bei der U23 fit halten und sich nach bestem Gewissen um einen neuen Arbeitgeber bemühen. Ähnliches gilt auch für die mitreisenden Slobodan Rajkovic, Artjoms Rudnevs und Michael Mancienne. Große Hoffnungen auf einen solventen Abnehmer für die Streichkandidaten dürfte allerdings kaum einer beim HSV haben, da die Ausgangslage bei der Saisonvorbereitung im Sommer, als Tesche, Kacar, Rajkovic und Mancienne auch schon zu den Aussortieren gehörten, nahezu identisch war.

Beim neu ausgerufenen Kampf um die Stammplätze im Hinblick auf den Rückrundenstart gegen Schalke 04 hätte keiner der drei mitgemischt. Große Veränderungen dürfte es aber auch nicht geben: Der lange verletzte Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier (van Marwijk: „Er macht einen sehr viel fitteren Eindruck als zuletzt“) darf wieder im Mannschaftstraining mitmischen, sollte seinen Stammplatz in der Viererkette zurückerobern. Zudem ist der Platz an der Seite neben Innenverteidiger Jonathan Tah offen. Der zuletzt schwächelnde Johan Djourou muss sich neu beweisen, die Herausforderer Lasse Sobiech und der noch nicht vollständig genesene Heiko Westermann (Kniereizung) hoffen auf ihre Chance. In Tor, Mittelfeld und Angriff dürfte alles beim Alten bleiben.

„Wir fahren nicht nach Abu Dhabi, um an den Strand zu gehen“, bekräftigt van der Vaart, der im Gegensatz zum Sommer ohne Übergewicht aus dem Urlaub kam und für den nur noch ein Ziel in der Rückrunde zählt: „Im Moment geht es nur noch für uns darum, den Abstieg zu verhindern.“ Über die Frage eines Medienvertreters, ob denn bei all der Arbeit zumindest ein bisschen Zeit für ein wenig Sightseeing bliebe, konnte der Niederländer nur schmunzeln. „Viel von Land und Leuten werden wir wohl nicht sehen“, antwortete van der Vaart, „aber vielleicht sind ja zumindest die Stadien ganz hübsch.“