An diesem Sonnabend trifft der zuletzt stark in seiner Form schwankende HSV auf den besten FC Bayern München aller Zeiten. Fast alles spricht für einen erneuten Kantersieg. Fast alles...

Hamburg. Triple-Sieger, Rekordmeister, kurzum: die besten Bayern aller Zeiten. Seit 40 Spielen in der Bundesliga ungeschlagen. Und ausgerechnet der HSV will dies nun ändern. Ob das gelingt? Das Abendblatt nennt Gründe, warum es heute in München eine erneute Klatsche gibt, aber auch, an welchen Strohhalm sich die Rothosen klammern können. Verfolgen Sie das Spiel im Liveticker ab 15 Uhr auf abendblatt.de.

1. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit. Es ist nicht bekannt, ob Tolgay Arslan ein guter oder ein schlechter Schüler war. Wahrscheinlichkeitsrechnung scheint er aber bestens zu beherrschen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bayern zwei Spiele in Folge verlieren, ist natürlich geringer, als dass sie nur ein Spiel verlieren“, antworte Arslan auf die Frage, ob Münchens Niederlage gegen Manchester City die Aufgabe des HSV nun zusätzlich erschweren würde. „Vor dem Spiel gegen Manchester dachte man, dass die Bayern unverwundbar sind. Das sind sie offenbar nicht, aber wirklich helfen wird uns diese Erkenntnis wohl auch nicht“, sagte Arslan.

2. Die besten Bayern aller Zeiten. Langsam wird es langweilig. Seit 40 Spielen sind die Münchner in der Bundesliga ungeschlagen, womit der Uralt-Rekord des HSV von 36 Spielen aus den Jahren 1982 bis 83 längst geknackt ist. Auch 26 Auswärtsspiele in Folge ohne Niederlage ist ein Rekord, genauso wie 52 Spiele in Folge, in denen die Bayern immer mindestens ein Tor erzielten.

3. Der Schiedsrichter. Die Unparteiischen sind ja nach allgemeingültiger Auffassung immer die Schuldigen, was natürlich – meistens – nur bedingt der Wahrheit entspricht. In diesem speziellen Fall ist es aber richtig. Zehnmal hat Schiedsrichter Tobias Welz eine Partie des HSV geleitet, und noch nie konnten die Hamburger gewinnen.

4. Vorweggenommene Wutrede. Es ist allgemein üblich, dass HSV-Trainer nach einer Pleite bei den Bayern ihr Haupt in Asche legen. „Die Bayern haben uns nach allen Regeln der Kunst vorgeführt“, sagte Thorsten Fink nach der 2:9-Pleite im März. Ein Jahr zuvor verlor der HSV 0:5, was Fink-Vorgänger Michael Oenning aus der Fassung brachte: „Das war eine derbe Niederlage, die richtig weh tut“, sagte Oenning, dessen Vorgänger Armin Veh es beim 0:6 in der Saison zuvor auch nicht besser erging. „Hinschmeißen werde ich sicher nicht“, sagte Veh, der einen Tag später entlassen wurde. Bert van Marwijk hat in dieser Woche einen anderen Weg ausprobiert und die übliche Schimpf- und Schandrede einfach mal vorgezogen (siehe unten). Helfen wird ihm das wohl nicht, wobei man gespannt darauf sein darf, was der Niederländer nach dem Spiel zu sagen hat.

5. Seriensieger Ribéry. Wer immer noch Zweifel daran hat, ob Cristiano Ronaldo oder Franck Ribéry Weltfußballer des Jahres werden sollte, dem sei folgende Statistik empfohlen: Man glaubt es kaum, aber der Franzose hat im Kalenderjahr 2013 tatsächlich kein einziges Bundesligaspiel verloren, ist seit 42 (!) Spielen ohne Niederlage. Zum Vergleich: Ronaldo ging in der spanischen Primera División im Jahr 2013 gleich dreimal als Verlierer vom Platz.

6. HSV-Schreck Pizarro. Noch ist keinesfalls klar, ob Claudio Pizarro an diesem Sonnabend von Anfang an randarf. Aber wahrscheinlich würden dem früheren Bremer auch 20 Minuten als Einwechselspieler reichen, um mindestens zwei Tore gegen sein Lieblingsopfer zu erzielen. Beim 9:2 im März traf Pizarro gleich viermal, insgesamt erzielte der Peruaner 18 (!) Treffer gegen den HSV. Ex-Trainer Thorsten Fink war der einzige, der wusste, wie man den HSV-Schreck in Griff bekommen könnte: Der Coach wollte Pizarro im Sommer ablösefrei verpflichten, doch der Wahl-Münchner lehnte bereits zum zweiten Mal ein HSV-Angebot dankend ab und verlängerte bei den Bayern. Das Gerücht, der HSV wolle aus Wettbewerbsgründen einen Antrag stellen, nachdem sich die Bayern verpflichten, auf einen Einsatz Pizarros zu verzichten, ließ sich aber nicht bestätigen.

7. Das ewige Opfer. Der HSV ist allgemein ein gern gesehener Gast in der Bundesliga. Aber nirgendwo verliert der HSV so oft wie bei den Bayern. Insgesamt 56 Spiele haben die Hamburger bereits gegen die Münchner verloren, was einem Bundesligarekord entspricht. Kein Wunder, dass der HSV mit 132 Gegentoren nirgendwo sonst so viele Treffer kassierte wie bei den Bayern – insgesamt trafen die Münchner sogar 209-mal gegen den HSV.

8. Der Adler-Fluch. In elf Spielen in der Bundesliga gegen die Bayern konnte Torhüter René Adler noch nie gegen Bayern München gewinnen. Kein Problem, könnte man meinen, der Keeper fehlt ja schließlich wegen einer schmerzenden Kapsel im linken Sprunggelenk. Was der HSV nicht bedachte: Der Adler-Fluch ist offenbar ansteckend. Auch Ersatzmann Jaroslav Drobny konnte noch nie in München gewinnen, hat in fünf Spiele 18 Gegentore kassiert. Da wäre Sven Neuhaus eine bessere Wahl gewesen, der hat noch nie in München verloren. Kleiner Schönheitsfehler: Der dritte Torhüter hat auch noch nie gegen die Bayern gespielt.

9. Doll-Weisheit. „Was ist, ist“, sagte mal Ex-Trainer Thomas Doll. Recht hat er.

Es gibt aber auch Gründe, warum der HSV in München heute gewinnen könnte. Also zwei. Zwei kleine Gründe, an denen sich die Hamburger heute klammern können.

1. Das Gesetz der Serie. Steaua Bukarest hat mal 106 Spiele in Folge nicht verloren, der moldawische Club FC Sheriff schaffte 63 Partien ohne Pleite, 62 waren es bei Celtic Glasgow, 58-mal blieb der AC Mailand ungeschlagen. Sie alle haben aber eines gemeinsam: Jede noch so lange Serie wurde irgendwann beendet. Das gilt natürlich auch für die aktuelle Siegesserie der Bayern, die 40 Spiele in der Bundesliga nicht mehr als Verlierer vom Platz gingen. Für den mutmaßlich chancenlosen HSV sollte das nur ein zusätzlicher Anreiz sein. Denn: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.

2. Ein Wunder. Rational, das muss jeder HSV-Fan zugeben, spricht wenig bis gar nichts für eine Hamburger Sensation in München. Aber das Schöne am Fußball ist ja, dass er bisweilen zu so ganz und gar nicht rationalen Ereignissen führt. Was der HSV in München braucht, ist ganz einfach ein Wunder. Gibt’s nicht? Gibt’s doch! Sogar Amateurvereine wie Weinheim, Vestenbergsgreuth oder Magdeburg konnten die Bayern schon mal bezwingen. Und an diesem Sonnabend schafft das der HSV. Warum? Warum nicht? Und kommen Sie nun bloß nicht mit neun noch so gut recherchierten Gründen, warum das unmöglich ist.