Warum sich der HSV auch von einer erneuten Schlappe am Sonnabend gegen Rekordmeister Bayern München nicht entmutigen lassen sollte – die Hamburger sind auf dem richtigen Weg.

Es war einmal ein Fußball-Verein, der oft um die deutsche Meisterschaft kämpfte. Das war der Hamburger Sport-Verein. Dessen größter Konkurrent war in jenen Tagen, die nun schon mehr als drei Jahrzehnte zurückliegen, der FC Bayern München. Mal war der eine Club vorn, mal der andere.

Lange her, lange vergangen.

Heute trennen die Vereine Welten. Und wenn die Hamburger heutzutage in München gastieren, geht es eigentlich nur um eine Frage: „Wie hoch fällt die Niederlage diesmal aus?“ Hanseatische Optimisten sind in diesen Zeiten höchst selten. Die Realisten sehen hier nur einen schier übermächtigen Gegner. Mit Blick auf das 0:1 im Volkspark gegen Augsburg wäre ein Auswärtspunkt für den HSV an diesem Sonnabend schon wie ein Sieg. Aber wie soll das klappen?

Am 24. April 1982 gewann der HSV nicht nur mit 4:3 bei den Münchnern, sondern absolvierte sein vielleicht bestes Spiel in der Bundesliga. Als Felix Magath den Ball von links in den Bayern-Strafraum schlug, Horst Hrubesch in die Luft stieg und die Kugel per Kopf in den Münchner Kasten wuchtete, da war nicht nur ein großes Spiel gedreht und gewonnen worden, da stand auch der Titelgewinn für den HSV so gut wie fest. Bei den Bayern spielten immerhin Könner wie Augenthaler, Dremmler, Breitner, Dieter Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Beim HSV aber standen zu jener Zeit auch großartige Spieler auf dem Rasen: Uli Stein, Manfred Kaltz, Ditmar Jakobs, Holger Hieronymus, Bernd Wehmeyer, „Jimmy“ Hartwig, Jürgen Groh, Felix Magath, Thomas von Heesen, Horst Hrubesch und Lars Bastrup.

Und heute? Der HSV ist krasser Außenseiter gegen die Bayern, klangvolle Namen stehen kaum noch in seinen Reihen. Klar, die Mannschaft befindet sich mitten im Umbruch, Rückschläge sind an der Tagesordnung, Enttäuschungen sind zu keiner Phase der Saison ausgeschlossen. Wie gegen Augsburg. Aber hatte dieser HSV nicht zuvor gegen Hannover 96 gewonnen, in Wolfsburg fast einen Sieg geschafft und im Pokal mit einem 2:1 über Köln das Viertelfinale erreicht? Ist womöglich doch nicht alles so schlecht?

Der HSV setzt, durch finanzielle Nöte erzwungen, auf eine ganz junge und damit auch nicht sonderlich erfahrene Mannschaft. Es gibt in diesem Team aber schon wieder so viele Talente, wie sie der Club in dieser Fülle schon lange nicht mehr hatte. Als damals, in den 70er-Jahren, junge Namenlose wie Kaltz, Hidien, Memering, Kargus, Krobbach zum HSV kamen, waren die meisten auch nicht sofort Stammspieler. Aber nach ein paar Jahren prägten sie den Club und führten ihn an die Spitze der Liga. Heute hat der HSV Spieler wie Tah, Calhanoglu, Demirbay, Badelj, Arslan, Beister, Diekmeier, Sobiech, Lam und Zouah unter Vertrag. Um einige dieser Nachwuchskräfte bemühen sich schon die besten europäischen Vereine. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass sich der HSV auf einem vielversprechenden Weg befindet. Könnten die jungen Spieler beisammenbleiben, würden sie auch aus schlechten Spielen ihre Erfahrungen sammeln und schon bald gestandene Bundesligaprofis sein.

Selbst wenn es am Sonnabend in München erneut eine herbe Abfuhr geben sollte, sollten die HSV-Fans nicht verzagen. Der Verein hat inzwischen einen Trainer, der genau weiß, wohin der Ball zu rollen hat. Bert van Marwijk ist mit den Niederlanden Vizeweltmeister geworden und hat einen Erfahrungsschatz, von dem seine Spieler und der gesamte Club noch profitieren werden. Mit Oliver Kreuzer arbeitet ein Sportchef beim HSV, der sich von den schwierigen Hamburger Gegebenheiten nicht entmutigen lässt, sondern mutig dagegen angeht. Und sollte sich der Verein im Januar tatsächlich dazu durchringen, sich die dringend erforderlichen neuen und modernen Strukturen in die Satzung zu schreiben, dann wäre es nicht so schlecht um diesen HSV bestellt, wie es viele nach dem 0:1-Debakel gegen Augsburg wieder einmal prophezeit haben.

Selbst eine Klatsche in München würde daran nichts ändern, auch wenn sie für jeden Fan eine weitere äußerst schmerzliche Enttäuschung wäre. Aber: Rückschläge muss der HSV auf seinem Weg nun einmal in Kauf nehmen.