Nachdem Guerrero erneut suspendiert wurde, kämpfen mit Son und Torun nur noch zwei Angreifer um den Platz neben Petric in Hoffenheim.

Hamburg. Zumindest der Wetterbericht lässt für den Hamburger Betriebsausflug nach Sinsheim kaum einen Wunsch offen. Einen herrlichen Frühlingstag, leicht bewölkt mit Temperaturen von 23 bis 26 Grad versprechen die Meteorologen für den heutigen Sonnabend. Der von HSV-Trainer Michael Oenning in aller Bescheidenheit als "Spitzenspiel des Spieltags" angekündigten Partie gegen 1899 Hoffenheim (Sa., 18.30 Uhr/live auf Sky und im Abendblatt-Ticker) dürfte also nichts mehr im Wege stehen. "Wir wollen in Hoffenheim anknüpfen, wo wir gegen Köln aufgehört haben", sagt Oenning, der nach dem reinigen Gewitter im Verein im Anschluss an die 0:6-Pleite gegen Bayern München vor drei Wochen auf die Fortsetzung der neuen Gute-Wetter-Stimmung in der Hansestadt hofft.

Kurioserweise droht nun ausgerechnet im eigenen Sturm ein echtes Unwetter aufzuziehen. Überraschend hat Trainer Oenning vor dem Abflug am Freitagnachmittag Paolo Guerrero aus "einer Summe von mehreren Gründen" aus dem Kader gestrichen. Einer dieser Gründe, aber nach Angaben des HSV nicht der Hauptgrund, dürfte dabei Guerreros Interview mit dem peruanischen Sender CPN Radio sein. Dort soll der Südamerikaner angekündigt haben, den HSV bereits in den kommenden Monaten trotz laufenden Vertrags verlassen zu wollen. "Das habe ich so nie gesagt. Ich fühle mich sehr wohl in Hamburg, habe ja auch noch Vertrag bis 2014. Ich habe lediglich gesagt, dass es momentan nicht die richtige Zeit ist, um über meine Zukunft nachzudenken", relativiert Guerrero gegenüber dem Abendblatt, gibt aber gleichzeitig zu, dass er sehr wohl davon gesprochen habe, dass jeder Spieler von einem großen Verein wie Real Madrid träume. Das - vorsichtig formuliert - ungeschickte Interview dürfte das Guerrero-Fass aber nur zum überlaufen gebracht haben, nachdem der Peruaner in den vergangenen Tagen wegen "Undiszipliniertheiten in den Abläufen" gleich mehrfach auffiel. Guerreros Suspendierung, das stellte Oenning vor der Reise nach Sinsheim am Freitag klar, gelte aber lediglich für dieses Wochenende.

Ob das Sorgenkind des HSV, das in den vergangenen Jahren wiederholt für negative Schlagzeilen und Unmut beim Publikum sorgte, in den Zukunftsplanungen des Vereins tatsächlich noch eine tragende Rolle spielt, gilt nicht erst nach den erneuten Vorfällen als fraglich. So hat die neue Vereinsspitze längst registriert, dass der launige Fußballer beinahe schon unverschämt viel verdient. Wie das Abendblatt erfuhr, belaufen sich Guerreros Gesamtbezüge in der laufenden Saison auf 4,6 Millionen Euro - eventuelle Prämien noch nicht eingerechnet. Hauptgrund für die in dieser Höhe bislang unbekannten Zahlungen ist Guerreros umstrittene Vertragsverlängerung im vergangenen Sommer, bei der sein Berater Rodger Linse neben einer Gehaltserhöhung auch ein Millionen-Handgeld ausgehandelt hatte, das verteilt auf die Vertragslaufzeit ausgeschüttet wird.

Da der HSV bei einem Verkauf Guerreros nur zwei Drittel einer eventuellen Transfersumme zustehen - ein Drittel würde Anstoß-Investor Klaus-Michael Kühne erhalten -, sind die möglichen Gehaltseinsparungen von 4,6 Millionen Euro Hauptargument für einen Verkauf des Stürmers, dessen Transferwert in den vergangenen Worten stark gesunken ist. Aus ähnlichen Gründen ist man auch nicht weiter traurig darüber, dass Ruud van Nistelrooy, der gegen Hoffenheim gelbgesperrt fehlt, nicht in Hamburg bleiben möchte. Der Niederländer verdient rund vier Millionen Euro, die der HSV ebenfalls gerne einsparen möchte.

Nutznießer der Überlegungen der Verantwortlichen könnten die Youngster Heung-Min Son, 18, und Tunay Torun, 20, sein. Während Erstgenannter bereits im Spiel gegen Hoffenheim von der Guerrero-Suspendierung profitieren und in der Startelf an der Seite des gesetzten Mladen Petric auflaufen dürfte, scheint Zweitgenannter zumindest langfristig aus der neuen Situation einen Nutzen zu ziehen. So konnte sich Torun, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, darüber freuen, nach Monaten des Wartens ein Vertragsangebot durch Noch-Sportchef Bastian Reinhardt vorgelegt bekommen zu haben.

"Als gebürtiger Hamburger würde es mir sehr schwer fallen, den HSV zu verlassen", sagt Torun, der aber vor einer eventuellen Verlängerung zunächst seine Entwicklungschancen unter Neu-Trainer Michael Oenning überprüfen will. "Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich mich als Stammspieler durchsetzen möchte", sagt Torun. Ohne die etablierten Guerrero und van Nistelrooy vor der Nase dürfte ein derartiges Vorhaben in Zukunft durchaus einfacher als in der Vergangenheit zu realisieren sein. Eine Prognose über die eigene Zukunft will Torun aber noch nicht abgeben. Für mehr oder weniger zuverlässige Vorhersagen ist schließlich der Wetterbericht zuständig.