Wiedersehen macht Freude? Joachim Löw trifft im Viertelfinale gegen Griechenland in Danzig den Schiedsrichter wieder, der bei der EM 2008 für seinen Platzverweis gegen Österreich verantwortlich war.

Danzig/Berlin. Die Bilder gingen um die Welt: Bundestrainer Joachim Löw stapfte während des EM-Gruppenspiels gegen Gastgeber Österreich am 16. Juni 2008 immer wieder auf den Vierten Offiziellen Damir Skomina zu und geigte dem Slowenen wutentbrannt die Meinung - bis Schiedsrichter Manuel Mejuto Gonzalez aus Spanien in der 41. Minute genug hatte und Löw zusammen mit dessen österreichischem Kollegen Josef Hickersberger auf die Tribüne verbannte. Fast genau vier Jahre später gibt es ein pikantes Wiedersehen: Skomina wird am Freitag Schiedsrichter des EM-Viertelfinals der DFB-Elf gegen Griechenland sein.

„Ich gehe davon aus, dass es möglicherweise einen Freispruch geben kann. Ich habe niemanden beleidigt“, sagte Löw damals - er hoffte vergebens. Das EM-Viertelfinale gegen Portugal in Basel musste er aus einer VIP-Loge heraus verfolgen. Auch die Bilder des rauchenden und herumtigernden Löw schrieben ein kleines Stück Fußball-Geschichte.

Dass Löw und Skomina in diesem Leben wohl nie mehr beste Freunde werden würden, war seit jenem 16. Juni 2008 für jedermann offensichtlich. Skomina hatte beide Trainer in deren Coachingzone ständig zurechtgewiesen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich und mein Kollege in der Coaching-Zone in Ruhe unseren Job machen wollen. Schon zu Beginn ist er in Minutentakt zu mir gekommen und hat mich aufgefordert, zurück auf die Bank zu gehen. Das hat mich abgelenkt“, sagte Löw damals: „Ich habe zunehmend ein Problem mit dem vierten Mann. Da wird jede Aktion beobachtet. Ich fühle mich eingeschränkt.“

Am kommenden Freitag in Danzig werden Skomina sogar fünf Kollegen zur Seite stehen, zwei an den Seitenlinien, zwei an den Torauslinien und der ominöse Vierte Offizielle - in diesem Fall der Franzose Stephane Lannoy.

Die Auseinandersetzung mit Löw und Hickersberger hatte für Skomina keine negativen Konsequenzen. Der 35-Jährige, der im ehemals jugoslawischen Koper geboren wurde, kletterte die Karriereleiter langsam, aber stetig hinauf. Sein internationales Debüt hatte er bei der U17-EM 2003 in Portugal gegeben, sein Durchbruch kam zu Beginn der Spielzeit 2009/10, als er von der UEFA in die Elitekategorie der Schiedsrichter befördert wurde. Im vergangenen Jahr war er in der Champions League unter anderem im Viertelfinal-Rückspiel zwischen Schalke 04 und Inter Mailand (2:1) im Einsatz.

Die EM in Polen und der Ukraine ist Skominas erstes großes Turnier, nachdem er für die WM 2010 in Südafrika zwar in der Vorauswahl war, aber nicht berücksichtig wurde. Er leitete bislang zwei Spiele souverän: Niederlande gegen Dänemark (0:1) und Schweden gegen England (2:3). Er kam auch ohne Platzverweis aus, obwohl ihm in seiner Heimat Slowenien nachgesagt wird, dass die Rote Karte bei ihm ziemlich locker sitzt.

Bei einem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft war er bislang noch nie im Einsatz - zumindest als Schiedsrichter. Ob das an dem Zwischenfall mit Joachim Löw lag, ist unklar.

BILANZ I: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bestreitet im EM-Viertelfinale gegen Griechenland am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) in Danzig das 862. Länderspiel ihrer Geschichte. Seit 1908 gab es 498 Siege, 174 Unentschieden und 189 Niederlagen. Das Torverhältnis lautet 1924:1024. BILANZ II: Joachim Löw betreut das deutsche Team zum 82. Mal als Bundestrainer. 56 Siege stehen für den 52-Jährigen zu Buche, dazu 13 Unentschieden und zwölf Niederlagen. Von seinen 16 Turnierspielen als Chefcoach konnte Löw zwölf gewinnen, vier endeten mit Niederlagen.

BILANZ III: Die deutsche Mannschaft hat ihre letzten 14 Pflichtspiele alle gewonnen. Das ist Rekord in der Geschichte der DFB-Auswahl. Die letzte Niederlage in einem Wettbewerbsspiel war das 0:1 gegen Spanien im WM-Halbfinale 2010 in Südafrika.

EM-BILANZ: Für Deutschland ist das Turnier in Polen und der Ukraine die elfte Teilnahme an einer EM-Endrunde. Das ist der Bestwert aller Nationen in Europa. Von den bislang 41 Spielen konnten 22 gewonnen werden. Zehn Partien endeten unentschieden, neun gingen verloren.

GRIECHENLAND: Gegen Griechenland hat Deutschland noch nie verloren. In den bislang acht Partien gab es fünf Siege und drei Unentschieden, eines davon war das 0:0 in der Vorrunde der EM 1980 in Italien. Die deutsche Mannschaft wurde anschließend Europameister.

EM-EINSÄTZE: Kapitän Philipp Lahm kann mit einem Einsatz gegen Griechenland zu Thomas Häßler und Jürgen Klinsmann aufschließen, die aktuell mit jeweils 13 Einsätzen die deutschen Rekordspieler bei Europameisterschaften sind. Dahinter folgt mit zwölf Partien in Andreas Brehme ein weiterer Weltmeister von 1990. Miroslav Klose und Bastian Schweinsteiger folgen mit jeweils elf EM-Spielen.

EM-TORSCHÜTZEN: Lukas Podolski und Mario Gomez jagen Jürgen Klinsmann. Der ehemalige Bundestrainer ist mit fünf Treffern Deutschlands erfolgreichster EM-Torschütze. Dahinter folgen Gerd Müller, Dieter Müller, Rudi Völler und Podolski, der beim 2:1 gegen Dänemark seinen insgesamt vierten EM-Treffer erzielte. Gomez hat nach seinen Toren gegen Portugal (1) und die Niederlande (2) ebenso drei Treffer auf dem Konto wie Klaus Allofs, Karl-Heinz Riedle und Michael Ballack.

HUNDERTER-MARKE: Lukas Podolski hat mit seinem Einsatz gegen Dänemark als zehnter Nationalspieler die magische Marke von 100 Länderspielen erreicht. Rekordnationalspieler ist Lothar Matthäus mit 150 Einsätzen. Auf Platz zwei folgt Miroslav Klose mit 119 Partien. Kapitän Philipp Lahm steht gegen Griechenland vor seinem 90. Einsatz im Nationaltrikot.

TORSCHÜTZEN: Der 34 Jahre alte Klose hat im deutschen EM-Kader die meisten Tore für Deutschland erzielt. Mit 63 Treffern macht der Angreifer weiter Jagd auf Rekordtorschütze Gerd Müller (68 Treffer). Lukas Podolski liegt mit 44 Toren auf Platz sieben der Rangliste der erfolgreichsten deutschen Länderspiel-Torschützen. Mit einem Treffer gegen Griechenland würde er mit dem heutigen Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge (45) gleichziehen. Mario Gomez hat nach seinen drei EM-Turniertoren 25 Treffer auf dem Konto.

SPERRE: Von einer Gelb-Sperre bedroht ist im deutschen Kader nur Abwehrspieler Holger Badstuber. Bei einer weiteren Verwarnung im Viertelfinale gegen Griechenland wäre der Münchner bei einem Erfolg des DFB-Teams im Halbfinale gegen Italien oder England gesperrt.

SCHIEDSRICHTER: Der Slowene Damir Skomina pfeift das Spiel. Der 35-Jährige kommt zu seinem dritten Einsatz bei der EM. Zuvor hatte er die Vorrundenspiele Niederlande gegen Dänemark (0:1) und Schweden gegen England (2:3) geleitet. Beide Begegnungen hatte der Slowene sicher im Griff. Skomina steht seit 2003 auf der Liste der Europäischen Fußball-Union (UEFA) und des Weltverbandes (FIFA).